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Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)

Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)

Titel: Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Huelsmann
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und die offenen, wachen Augen zogen ihn in einen magischen Bann, der beinahe über die gottgerechte Verzückung eines guten Christen hinausging. Doch die Jungfrau erwiderte sein Lächeln. Alles war gut! Sanft glitten ihre Finger über Johanns Wange, die Lippen der Erscheinung formten eine Spitze. Wollten sie zu Johann sprechen. Oder mehr? Johann kam ihr leicht entgegen. Er schloss die Augen voller Erwartung. Dann bliesen die Lippen einen kurzen Hauch in Johanns Gesicht.
    Johann schlug die Augen auf, unfähig sich zu bewegen. Er lag in Schweiß gebadet auf seinem Nachtlager im Kloster. Heftig ging sein Atem. Er hatte wieder geträumt. Immer wieder hatte er diesen Traum. Es war die Vision, die er hatte, als ihn das Schwert seines Gegners auf die Erde der Fühlinger Heide gezwungen hatte. Aus diesem seltsamen Zustand zwischen Leben und Tod hatte er nur diesen Traum mit in die Wirklichkeit zurückgebracht. Johann tastete unsicher an sich hinab. Er strich über die feuchte Haut seines Oberkörpers und fühlte die dicke Narbe, direkt unterhalb seiner kleinsten Rippe. Der Herr oder sein Schicksal hatte ihm an jenem Tag noch eine Chance gegeben. Johann seufzte, auf der einen Seite erleichtert, dass der Traum vorbei war, auf der anderen Seite mit der ganzen Last seiner Sünden beschwerten Seele. Was hatte er aus dieser Chance gemacht? Je klarer seine Gedanken wurden, desto mehr kehrten auch die unbequemen Erinnerungen an den Tag und an den Abend zurück.
     
    „ Ich kann auch im Dunkeln sehen.“, murmelte Heinrich vor sich hin und huschte zwischen den Häusern des Dorfes Werden durch die nächtlich leeren Gassen. Er musste unweigerlich lächeln. Im Dunkeln sehen! Es war ein guter Tag und er hatte ihn sich selbst noch besser gemacht.
    Heinrich umrundete eine Häuserecke, lugte kurz in die Gasse zur linken, machte drei Schritte und schwang gekonnt über einen hüfthohen Zaun. Das Schwein, das er dabei aus dem Schlaf riss, schreckte grunzend zur Seite. Heinrich hielt inne. Es galt, auf seinem Schleichweg aus dem Dorf herauszufinden, ohne dass die Nachtwächter ihn bemerkten. Alles blieb ruhig. Wieder ging er ein paar Schritte. Bald würde er den Rand des Dorfes erreicht haben. An dieser Stelle waren es nur wenige Schritte bis zum Waldrand. Das Dunkel der Bäume würde seine Gestalt gänzlich verschlucken. Dies war nicht der direkte Weg zum Schwarzen, aber der sicherere. Heinrich wusste nicht genau, wo genau er den Schwarzen und seine Schergen finden würde, aber er kannte ihre Lagerplätze. Alles was er tun musste, war ihnen nah genug zu kommen. Dann würden sie ihn finden.
    Die Wolken verzogen sich ein wenig und der fahle Mond sandte seine Strahlen durch die Baumkronen. Die Bäume hatten schon viele Blätter verloren und so konnte Heinrich den Weg vor sich für einen Moment genau erkennen.
    Aber auch ohne das zusätzliche Licht ging Heinrich diesen Pfad mit beinahe traumwandlerischer Sicherheit.
    Fast hätte er begonnen, ein Liedchen zu summen. Seine Laune war wirklich äußerst gut. Er wusste vom Gast des Schwarzen. So zumindest hatte ihn der Schwarze selbst bezeichnet, als Heinrich, den braunhaarigen, bärtigen Mann im Lager des Schwarzen vor zwei Tagen entdeckt hatte. Heinrich erinnerte sich. Der Mann war an einen Baum gebunden und seine Kleider verrieten, dass er von Adel sein musste. Das Wappen und die Farben des Mannes kannte Heinrich nicht, denn auch wenn er einen königlichen Namen trug, so war er doch nur von geringer Herkunft und kannte sich nicht mit den Wappen und Insignien des Adels und der Kirche aus. Aber den Stand eines Mannes konnte er erkennen. Eine feine Nase was feine Herren anging war für einen Bettler unablässlich. Und man sagte Heinrich nach, dass er schnell erkannte, wo und bei wem was zu holen war. Genau dieses Gerücht über seine gute Nase war es auch, warum eines Tages der Schwarze selbst ihn zur Seite nahm. Informationen wollte er. Als Wegelagerer war er auf Augen und Ohren in der Stadt und im Umkreis angewiesen. Heinrich hatte diese Aufgabe nur zu gerne wahrgenommen, auch wenn der Unterton des Schwarzen keinen Widerspruch zugelassen hatte. Und so hatte Heinrich schon so manchen Kaufmann und Reisenden erst angebettelt und bei zu geringem Wegezoll, wie er es selbst bezeichnete, an die Leute des Schwarzen verraten. Dafür gab es wenigstens eine warme Mahlzeit. Diesmal aber wollte Heinrich mehr. Er war zwar nur ein Bettler, konnte weder lesen noch weiter als es die Finger seiner Hände zuließen

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