Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)
Geste zum Eingang des Palas. Die Gruppe schritt einige Stufen hoch.
„ Kommt, junger Herr, ich will euch eure Burg zeigen und euch euer zukünftiges Gesinde vorstellen. Und dann müsst ihr mir erzählen, was euch solange aufgehalten hat. Wir hatten euch schon vor sechs Tagen erwartet.“
Die kleine Gruppe Menschen wendete sich der Treppe des Palas zu. Zwei Augen folgten ihnen mit einem grimmigen Blick.
Walram führte das Tier des Abtes und seines neuen Herrn Dietrich an lockeren Zügeln zurück über den Hof. Die Tiere trotteten gehorsam hinter ihm her. Kurz wendete er den Blick zu den Tieren, dann zur Treppe und zur Tür, durch welche die anderen verschwunden waren. Seine Stirn war von tiefen Wutfalten durchzogen. Über seiner Nasenwurzel kräuselte sich die Haut so, dass seine dunklen, buschigen Augenbrauen einen waagerechten, schwarzen Strich über seinen Augen ergaben. Walram mochte seinen Ärger nicht mehr verbergen. In ihm tobte es. Er durchschritt den Zwinger und erreichte über die Zugbrücke die Vorburg.
„ Striegele die Pferde und gib ihnen Futter. Aber sattele sie nicht ab.“, sprach er den Stallmeister an, als er die Unterstände für die Tiere erreichte. Der Unterstand lag in der äußersten Ecke der Vorburg, hinter den Kotten und direkt gegenüber dem kleineren der zwei Burgtürme. Dieser Turm war sein Ziel. Walram stand gerne auf den Türmen der Burg. Es gab ihm das Gefühl der Welt überlegen zu sein, wenn er von oben auf sie hinab sehen konnte. Besonders vom hohen Bergfried aus wirkten die Leute in der Burg wie Zwerge, die Leute unten an der Anlegestelle gar wie kleine Krabbeltiere auf dem Boden zu seinen Füßen. Walram stand oft stundenlang und blickte über den gerodeten Steilhang über den Fluss und über die Hügel in die Weite. Abends ging in dieser Himmelsrichtung die Sonne unter und das Farbenspiel war, besonders zu Beginn der kalten Jahreszeit, dementsprechend farbenprächtig.
Walram war auf dem Wachturm angekommen und stellte sich neben den wachhabenden Landsknecht. Still standen die Männer nebeneinander und Walram beobachtete das Treiben der Handwerker vor den Mauern der Burg. Auch die bewaffneten Begleiter des Abtes warteten auf dem Feld vor der Festung. Die Männer hatten sich ein Feuer gemacht und standen wartend um die kleinen, aufkeimenden Flammen. Lange würden sie nicht warten müssen, wollte der Abt doch noch vor der Dunkelheit wieder in der Abtei sein. Walram ließ seinen Blick über die große, mit Gras bewachsene
Fläche schweifen. Im letzten Jahr hatte er häufig hier gestanden und sich sorgenvoll die Frage gestellt, ob und wann wohl ihr Gegner kämen, um die Isenburg anzugreifen. Die Burg lag strategisch gut auf der Höhe oberhalb der Ruhr. Ein Eroberer der Burg hätte aber nicht nur einen Positionsvorteil gewonnen, auch hätte ein Eroberer ein Zeichen gesetzt.
Seht her, ich kann diese Festung erobern. Wer von euch will sich mir noch in den Weg stellen?
Schon einmal hatte die Belagerung und das Schleifen einer Isenburg ein Zeichen für die ganze Region gesetzt und die Machtverhältnisse in diesem Teil des Reiches gründlich verändert. Walram hatte sich die kaum vier Jahrzehnte alten Ruinen in Hattingen angesehen und hatte verstanden, dass nichts von Dauer war. Er wusste, dass auch diese Burg, die ähnlich lag, angreifbar war. Nicht über den Steilhang, also vom Fluss aus, aber hier über das freie Feld. Und besonders im letzten Jahr waren die Truppen des Kölner Erzbischofs weit bis in das Gebiet derer von Berg gezogen und hatten, kaum eine Tagesreise entfernt, geraubt, gemordet und gebrandschatzt. Wie schnell hätten die von Berg da als Antwort die Isenburg als Racheziel auswählen können, galt doch besonders diese Burg als ein Zeichen des Machteinflusses des Erzbischofs weit über das Kölner Erzbistum hinaus, seit sie vor wenigen Jahren erst an den Geistlichen fiel, als die Isenberger sich aus diesem Gebiet bis nach Hagen zurückzogen. Gottfried hatte die Verwaltung als Vogt im Namen des Erzbischofs übertragen bekommen. Doch Walram hatte seinen Herrn Gottfried immer wieder beraten und gewarnt und auf Bitten Gottfrieds hatte der Erzbischof Truppen gesendet. Gut zwei Dutzend Männer hatten ihre Zelte vor der Burg aufgeschlagen. Doch dann kam der Frühling und alles änderte sich. Die Männer zogen so schnell ab wie sie gekommen waren. Mit ihnen zog auch der einzige Spross des Vogtes, Hugo. Der Erzbischof hatte alle seine Männer und seine Vasallen
Weitere Kostenlose Bücher