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Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)

Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)

Titel: Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Huelsmann
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zu.
    „ Wenn jeder von uns so dächte! Jeder nun seinen Willen hätte. Wenn jeder glaubte, seinen von Gott gegebenen Weg nach seinem Willen zu ändern. Was wäre die Welt? Ein Ort der Sünde! Weib, du weißt, wovon ich spreche. Sünde! Es ist deine Sünde! Evas Erbe!“, belehrte sie Conradus.
    Ida hatte diese Beschuldigung schon so oft gehört, dass sie ihr kaum mehr einschüchternde Wirkung abgewinnen konnte. Und so war dieser Disput immer der gleiche.
    „ Aber auch Adam hat von dem Apfel gegessen und ist aus dem Paradies vertrieben worden. Wo ist in diesem Leben dann seine Erbsünde? Wo seine Strafe? Wäre ich ein Mann, könnte ich meinen Willen durchsetzen! Ich müsste nicht heiraten, wenn ich nicht will! Es ist nicht gerecht. Und wenn Gott, der Herr, doch der Gott der Gerechtigkeit ist, dann muss doch auch mir ...“
    „ Blasphemie!“, zischte der ältere.
    „ Und wenn Gott doch der Gott der Vergebung ist, dann müsste doch ...“
    „ Schweig, sag ich Dir! Adam ist von Eva zur Sünde verführt worden...“
    „ Umso schlimmer. Er hätte es nicht akzeptieren müssen, hätte sie warnen können. Wenn doch der Mann soviel klüger ist als das Weib.“
    „ Ida, treib es nicht zu weit! Ich fürchte um deine Seele bei diesen Gedanken. Und bei diesen Worten!“, sagte der Mönch. Ida merkte, dass wahre Sorge in seiner Warnung schwang. Sie wusste, dass nur seine väterliche Liebe zu ihr, ihn ihre Aussagen dulden ließ. Und sie wusste, dass er Recht hatte, und dass es in dieser Welt für sie keinen Ausweg und keinen freien Willen gab. Sie wollte es nicht zu weit treiben.
    „ Aber ich will ihn nicht heiraten! Nicht ihn! Dietrich von Plettenberg soll ein grobschlächtiger Mann sein, der mehr seine Rechte zu gebrauchen weiß, als seinen Mund. Vater Conradus, habt ihr mich denn all das viele Wissen gelehrt, die Sprachen und die Schrift, damit ich nun an einen Mann gegeben werde, dem ich nur Kinder schenken darf, mit dem ich aber wohl nie auch nur ein einziges sinnvolles Wort wechseln werde. Oh, Vater, damit habt ihr es doch nur schlimmer gemacht! Wäre ich doch dumm! Hätte ich doch nichts außer sticken, stopfen und spinnen gelernt! Oder könnte ich ins Kloster gehen. Dort, sagt man, lesen sie aus den Schriften.“
    Conradus Zorn war verraucht. Ida hatte es wieder einmal geschafft. Ihre Art und Weise wickelte ihn immer wieder ein. Er konnte ihr trotz aller harschen Worte nicht mehr böse sein. Tief in seinem Herzen verstand er die junge Frau. Er selbst hätte sich auch gewünscht, dass der Herr einen anderen Mann für sie erwählt hätte. Oder, dass sich das Schicksal an dem Tag in Worringen anders entwickelt hätte und ihr Oheim Ida nun nicht als eine Art Friedenspfand und Beigabe zur Burg und den Ländereien an ihre ehemaligen Feinde hätte geben müssen. Conradus hätte sich für Ida einen Mann gewünscht, der ihren dicken Kopf und ihren Wissensdurst toleriert und vielleicht im Stillen sogar gefördert hätte. Solche Männer gab es, auch wenn die bequeme Meinung der Kirche und somit offiziell auch seine war, dass Frauen nie wirklich lernen konnten, bei den meisten Männern verbreitet war. Allenfalls konnten sie einen Mann gut imitieren, so dass sie wohl wissend scheinen mochten. Es aber niemals waren. Conradus hatte im Laufe seines langen Lebens und auf zahlreichen Reisen Gelegenheiten gehabt, die ihn an dieser Lehrmeinung zweifeln ließen. Und die Schriften Hildegards von Bingen hatten ihn schon in ihren Bann gezogen, als er selbst noch Novize in Sankt Andreas in Colonia war. Die Präzision ihrer Worte konnte nicht nur Imitation der Gedanken anderer sein.
    Und auch Ida war immer anders gewesen. Das war ihm aufgefallen, als Ida noch ein kleines Kind war und er ihre ersten Beichten abnahm. Ida war klüger und begriffsschneller als jeder der sieben Novizen, die er im Laufe seines Lebens gelehrt und begleitet hatte. Eine Beichte Idas war immer gleichzeitig ein Disput. Die Gebete anschließend dienten mehr der Gemütsbesänftigung des Kindes als der Buße. Conradus sah zu Ida hinunter. Demütig kniete sie immer noch an seiner Seite, den Blick gesenkt. Er nahm seine Hand, berührte sanft ihr Kinn und beugte ihr Kopf nach oben. Es sah in die funkelnden, grünen Augen. Aus dem Funkeln formte sich eine Träne, die sich löste und ihren Weg über Idas Wange fand. Conradus schüttelte langsam den Kopf.   Er konnte ihre Traurigkeit körperlich spüren. Sein Mitgefühl wurde zum Mitleiden.
    „ Weine nicht, Ida. Ich habe

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