Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)
dich auch neben all dem Wissen das Vertrauen in Gott, unseren Herrn gelehrt. Liebst du deinen Gott nicht mehr, so dass du schon jetzt in all deiner menschlichen Unwissenheit seinen und somit deinen Weg verdammst?“, fragte er. Er wusste, dass er sie beruhigen musste. Dietrich wurde am Morgen erwartet und Conradus wollte nicht, dass Ida das erste Zusammentreffen der Brautleute nur durch einen Tränenschleier wahrnahm. Und er wollte nicht, dass Dietrich auf die Idee käme, sein zukünftiges Weib wäre nicht demütig und gottesfürchtig genug, um ihren gemeinsamen Weg in die Zukunft mit offenen Augen entgegenzusehen.
„ Lass uns beten, Ida.“, sagte er. Gebete hatten sie von je her beruhigt.
„ Pater noster qui es in caelis.
Sanctificetur nomen tuum.
Adveniat regnum tuum.
Fiat voluntas tua, ....“
Ein Geräusch ließ Conradus innehalten. Die Tür zu Idas Kammer wurde einen Spalt geöffnet und das Gesicht von Stephanus, dem jungen Schüler und Novizen Conradus´ erschien in der Öffnung. Er trat ein. Ein Nicken des Bruders forderte ihn auf, zu sprechen.
„ Frater Conradus, equites adventi sunt.“, sagte Stephanus und legte eine kurze Pause vor dem letzen Wort ein, um die richtige Deklination zu finden.
„ Gratiam ago, stephane.“, Conradus lächelte für einen Moment. Stephanus hatte die Aufgabe, zu ihm nur noch auf Latein zu sprechen und es fiel dem Jungen mit jedem Tag leichter. Dann kehrten seinen Gedanken zu Ida zurück.
Ida war inzwischen aufgestanden und Conradus bemerkte ihre wachsende Anspannung. Er streckte seine Hand aus und hakte sich unter ihren Arm.
„ Das schaffen wir!“, sagt er lächelnd. Mit einem leichten Druck geleitete er sie aus dem Raum. Idas Herz schlug derweil bis zum Hals. Sie hatte für einen Moment das Gefühl, der Boden unter ihr würde nachgeben. Sie hatte das Gefühl, Conradus führte sie zu ihrer Hinrichtung.
Schaut her, hier ist die Sünderin. Hat sie nicht immer ihren Gott, den Herrn, in Frage gestellt. Hier ist ihr Strafe: Die Heirat mit einem Mann, den sie nicht will!
Sie waren am unteren Ende der Stufen der engen, steinernen Wendeltreppe angekommen. Conradus hielt sie wieder untergehakt, als wollte er nicht, dass sie kehrt machte und die Treppen wieder nach oben lief. Die schmale Tür zum Hof wurde geöffnet und das plötzliche Tageslicht blendete sie. Die frische, kühle Morgenluft allerdings tat gut, konnte aber die plötzlich in Ida aufkommende Hitze nicht abkühlen. Sie schritten nach draußen und Conradus ließ Ida los und trat zwei Schritte neben sie. Hatte sie gerade seinen Griff noch als einengend empfunden, vermisste sie nun den Halt, den er ihr gegeben hatte. Keine fünfzehn Schritte vor ihr waren die Reiter auf dem Hof. Sie waren inzwischen abgesessen und die Reittiere versperrten ihr die Sicht auf die Männer. Sie hörte Stimmen während sie langsam näher kam. Sie erkannte Walrams Stimme und die ihres Vormunds, die andere erkannte sie nicht. Sie klang aber wie die eines alten Mannes.
Dietrich ist also nicht nur grobschlächtig, sondern auch noch alt!
„ Ich grüße euch, Abt Otto.“, sagte die Stimme ihres Oheims. „Willkommen auf der Isenburg.“
„ Auch ich grüße euch, Gottfried. Ich bringe euch, wenn nicht gleich den verlorenen Sohn, so doch den verlorenen Herrn. Wie mein Bote euch mitteilte, fanden wir ihn gestern am Ufer der Ruhr. Ich freue mich, euch den Herrn Dietrich zu Plettenberg vorzustellen.“
„ Auch euch ein Willkommen auf der Isenburg, junger Herr. Ich stehe euch zu euren Diensten.“
Johann wurde von dem Mann mit einem festen Handschlag begrüßt. Ein kurzer Blick genügte Johann und er war sich sicher, dass Gottfried ein Recht schaffener Mann war. Seine blauen Augen waren weit offen und suchten die Johanns. Neugierde spiegelte sich in Gottfrieds Blick. Die Haupthaare des älteren waren grau und auf dem Kopf schon recht spärlich. Eine gut verheilte Narbe auf der linken Wange verriet, dass Gottfried kein Kind von Traurigkeit in seiner Jugend gewesen sein musste. Als Gottfried Johann nun offenherzig anlächelte, sah Johann, dass Gottfried auf der linken Seite auch schon Zähne fehlten. Die gelichtete Zahnreihe machte das Lächeln des Mannes aber nicht unsympathischer. Johann setzte ebenfalls, soweit es seine Nervosität zuließ, ein freundliches Gesicht auf. So recht wusste er nicht, was er sagen sollte und was von ihm erwartet wurde und erwiderte schlicht mit einem Nicken die Willkommensgeste. Abt Otto sah auffordernd zu
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