Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Spinne (German Edition)

Die Spinne (German Edition)

Titel: Die Spinne (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
Vom Netzwerk:
Fahrt, die eigentlich zwei Stunden und siebenundvierzig Minuten dauern sollte, verzögerte sich durch einen unvorhergesehenen Stau in der Gegend von Philadelphia, sodass er erst um halb zwei an der Union Station eintraf und sich hastig einen Weg durch die Menge zum Ausgang Massachusetts Avenue bahnen musste. Sein Taxi kam zunächst gut voran, war dann aber gezwungen, einen Umweg um eine Demonstration auf der Virginia Avenue zu nehmen, und erst um zehn nach zwei stieg er vor dem unauffälligen Kolonialbau an der Potomac Street aus.
    Der Name am Eingang lautete Washington, und als er läutete, ertönte ohne ein Wort von drinnen der elektrische Türöffner. Durch einen verwilderten Vorgarten gelangte er zur Außentreppe und zögerte kurz, weil er sich fragte, ob er noch einmal klingeln musste. Doch das war nicht nötig. Es klickte, und die Tür wurde von einem kleinen, müde wirkenden Mann geöffnet, den er zum letzten Mal – zumindest persönlich – gesehen hatte, als er gerade die Tatsache verarbeiten musste, dass einer seiner Berater ein langjähriger Spion der Chinesen war und dass diese Unachtsamkeit zum Tod von dreiunddreißig Menschen geführt hatte – vierunddreißig, wenn man eine seiner anderen Beraterinnen mitzählte. Darüber hinaus war dieser Mann verantwortlich für den Mord an zwei von Milos Freunden: Angela Yates, die als CIA -Agentin in Paris gearbeitet hatte, und Tom Grainger, dem früheren Leiter der Abteilung Tourismus, der zugleich auch Stephanies Taufpate gewesen war. Außerdem hatte er versucht, Milo ermorden zu lassen. Dennoch stand der republikanische Senator Nathan Irwin nun gesund, wenn auch nicht unbedingt munter vor ihm. Vielleicht spürte er etwas von Milos Gedanken, denn er sagte: »Sie sehen erstaunlich gut erholt aus.«
    »Zumindest bin ich nicht tot.«
    »Kommen Sie rein.« Nervös spähte der Senator über Milos Schulter.
    Die Innenausstattung war eher bescheiden, mit einer Treppe direkt vor ihnen und einem Wohnzimmer, das den Eindruck machte, als wäre es von älteren Damen mit einer Neigung zum Jugendstil eingerichtet worden, denen das Geld zur Verwirklichung ihrer Träume gefehlt hatte. »Sind wir allein?«
    Irwin schloss die Tür. »Lassen Sie den Quatsch, Milo. Was wollen Sie?«
    »Sind wir allein, Nathan? Oder schwirren hier ein paar von Ihren Beratern rum?« Es war eine kindische Stichelei und auch grausam, denn der Untergang der Abteilung Tourismus war dem Senator wirklich an die Nieren gegangen.
    Irwin zuckte zusammen, doch er hatte sich schnell wieder im Griff. »Natürlich sind wir nicht allein. Wir sind nie allein. Also, was führen Sie im Schilde?«
    Milo schlenderte ins Wohnzimmer und sammelte Staub an den Fingerspitzen, als er über den kunstvoll bedruckten Stoff eines Stuhls strich. Ein nicht besonders sauberes sicheres Haus. »Ich will wissen, was mit Alan passiert ist, und Leticia meint, das kann ich nur erfahren, wenn ich Ihnen helfe.«
    »Aber Sie haben doch Nein dazu gesagt.«
    »Haben Sie noch nie Ihre Meinung geändert?«
    »Nie«, antwortete Irwin mit einem Lächeln, das gleich wieder erlosch. »Mich würde interessieren, warum Sie Ihre Meinung geändert haben. Wir haben ein ziemlich genaues Profil von Ihnen, Milo. Sie sind ein schlicht gestrickter Durchschnittstyp. Sie haben es gern bequem, und Sie sind gern bei Ihrer Familie. Und jetzt, wo Sie beides wiederhaben, werden Sie das nicht einfach so wegwerfen. Denn genau das müssten Sie, zumindest eine Zeit lang.«
    Milo blieb erst einmal stumm. Er war vor einen Porzellanschrank getreten, aus dem ihn eine Sammlung von Keramikschweinchen aus aller Welt mit einem breiten Spektrum von Gesichtsausdrücken anstarrte. »Warum soll das eine Rolle spielen?«, fragte er schließlich. »Ich bin hier, um zu helfen. Sie haben keine Armee mehr, auf die Sie bauen können. Unter diesen Umständen ist es bestimmt nicht leicht, so was Großes aufzuziehen.«
    »Es spielt eine Rolle«, antwortete Irwin. »Außerdem haben Sie keine Ahnung, wie groß oder klein diese Operation ist. Vielleicht ist Leticia unsere einzige Agentin.«
    »Sie haben auch noch José Santiago und Tran Hoang.«
    Lautes Ausatmen. »Hat sie Ihnen das erzählt?«
    »Sie haben drei Touristen, doch Alan ist abgetaucht. Sie stecken in der Klemme. Im Moment könnten Sie vor allem einen neuen Organisator brauchen, und auf dem Gebiet habe ich Erfahrung.«
    »Jetzt wollen Sie also nicht mehr nur helfen, sondern die Leitung der Operation übernehmen.«
    »Haben Sie

Weitere Kostenlose Bücher