Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Spinne (German Edition)

Die Spinne (German Edition)

Titel: Die Spinne (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
Vom Netzwerk:
Ordnung.« Er küsste sie auf den Mund und ertappte sich bei dem sentimentalen Gedanken, dass das vielleicht für längere Zeit ihr letzter Kuss war.
    Als Jewgeni bei seiner Rückkehr mit einem bedeutsamen Nicken die Absicht bekundete, Tina und Stephanie morgen Abend gemäß den Anweisungen in der Notiz wegzubringen, fühlte sich Milo tatsächlich besser. Wieder rief er sich ins Gedächtnis, dass das Versagen des Alten bei Adriana nicht mit der jetzigen Situation zu vergleichen war. Diesmal war Milo klüger vorgegangen. Er hatte Jewgeni wissen lassen, dass er unter ständiger Überwachung stand, und ihn aufgefordert, absolutes Stillschweigen zu wahren, bis Tina und Stephanie in Sicherheit waren. Er hatte nur angedeutet, dass die Chinesen beteiligt waren, und nähere Einzelheiten erst für später in Aussicht gestellt, wenn keine Gefahr mehr bestand. Anscheinend hatte Jewgeni alles begriffen, doch das einzige Zeichen von Anspannung war das häufigere Scharren an seiner Wange.
    Die Nudelsuppe kam erstaunlich gut an, und mitten in der Mahlzeit piepte Milos Handy – eine SMS . Ein einziges Wort von einer Privatnummer: DACH . Er löschte die Nachricht und tupfte sich mit einer Serviette den Mund ab. Dann stand er auf. »Tut mir leid, ich muss einen Anruf machen. Bin gleich wieder da.« Mit diesen Worten verließ er das Apartment.
    Leticia Jones erwartete ihn im Zentrum des Dachs. Sie rauchte eine Mentholzigarette. Der Abend war angenehm kühl, und sie trug eine lange schwarze Leinenjacke, die bis zu den Waden reichte. Letztere steckten in Lederstiefeln. »Hi, Baby«, begrüßte sie ihn.
    »Komm mit runter. Meine Nudeln sind der volle Hit.«
    Mit einem Lächeln trat sie näher. »Tut mir leid. Bin schon mit einem anderen verabredet.«
    »So ist es immer.«
    »Du bist wirklich niedlich .« Mit ihren langen, bemalten Nägeln berührte sie seine Wange. Sie wusste genau, wie man einen Mann aus der Fassung brachte. Zumindest manche Männer. Milo fand sie eher ermüdend. »Aber jetzt mal ernsthaft, okay? Ich nehme an, du bist dabei, sonst hättest du nicht angerufen.«
    »Ja.«
    »Möchtest du mir den Grund verraten?«
    »Weil ich keine andere Wahl habe.«
    »Hoffentlich meinst du nicht, dass ich dich zu was zwinge, Milo.«
    »Das musst du nicht«, erwiderte er. »Das hat Alan schon besorgt.«
    Sie nickte, vielleicht weil sie verstanden hatte, dann atmete sie Rauch aus. »Also gut. Du fährst morgen um zwei nach Georgetown zu einem Treffen mit ein paar Leuten, die mit dir reden möchten.«
    »Leute wie Nathan Irwin?« Er wusste nicht, ob es schlau war, seine Informationen von Xin Zhu ins Spiel zu bringen.
    Leticia schien kurz davor, seine Frage zu ignorieren, doch dann neigte sie den Kopf. »Da hat wohl jemand nachgedacht.« Sie machte eine Pause. »Im Gegensatz zu mir zweifelt er an Bekehrungen. Und im Gegensatz zu mir mag er dich nicht. Verstehst du, was ich meine?«
    »Klar.«
    »Du fährst also hin?«
    »In meinem besten Anzug.«
    »Nette Vorstellung.« Sie nannte ihm eine Adresse. Dann machte sie einen Schritt auf ihn zu und küsste ihn auf die Wangen. »Pass auf dich auf.«
    Milo wandte sich ab, um ihr die Tür zum Treppenhaus zu öffnen, aber sie war bereits auf die Umrandung getreten und sprang hinunter aufs Dach des Nachbarhauses. Er hatte keine Ahnung, über wie viele Gebäude sie laufen musste, bevor sie durch eine aufgehebelte Dachtür wieder hinunter zur Straße gelangte.
    Als er an den Tisch zurückkehrte, versuchte Jewgeni gerade aus Tina herauszukitzeln, wo sie gern leben würde. »Egal, wo auf der Welt. Vergiss mal deine Arbeit. Und auch das Geld. Wo stellst du dir dein ideales Zuhause vor?«
    Die Frage schien sie aus der Fassung zu bringen. »O Gott, was weiß ich.«
    »Hawaii«, warf Stephanie ein.
    »Hervorragende Wahl«, fand Jewgeni.
    »Wie wär’s mit …«, begann Milo.
    »Du nicht«, unterbrach ihn Jewgeni. »Du hast schon viel zu viel gesehen. Ich möchte hören, wovon eine gebildete Amerikanerin träumt.«
    Tina schenkte Wein ein, während sie ernsthaft darüber nachgrübelte. »Costa Rica? Angeblich ist es dort wunderschön.«
    »Interessant«, meinte Jewgeni anerkennend.
    »Oder nein.« Tina schüttelte den Kopf. »Genf.«
    »Noch besser. Du warst noch nie in meinem Apartment dort. Höchste Zeit, dass sich das ändert.«
    Stephanie machte große Augen. »Was, wir ziehen in die Schweiz?«
    Lächelnd sah Jewgeni Milo an, der seine Begeisterung nicht teilte. Die Vorstellung, dass sie sich in Jewgenis

Weitere Kostenlose Bücher