Die Spinne (German Edition)
ergänzte Irwin. »Seine Familie dürfen wir nicht vergessen.«
»Das ist einer der Gründe«, meinte Milo. »Der andere ist, dass ich Ihnen helfen kann.«
»Natürlich kann er uns helfen«, bestätigte Irwin ein wenig laut. »Der beste Tourist aller Zeiten! Ein Mann von unglaublichen Fähigkeiten!«
Nach einem bösen Blick wandte sich Milo wieder an Collingwood. »Ich kenne Xin Zhu besser als jeder in Ihrem Team. Ich hatte Zugang zu Berichten, die Sie nicht kennen. Ich weiß, wie er tickt.«
»Bloß den vielen Touristen hat das nicht das Leben gerettet«, stichelte Irwin.
»Das lag an einer Informationslücke. Ich hatte keine Ahnung, dass sein Sohn im Sudan getötet worden war. Andernfalls hätten wir sie retten können.«
»Was sind das für Berichte?«, fragte Collingwood. »Warum haben wir sie nicht zu Gesicht bekommen?«
»Weil es kein amerikanisches Material ist. Ich hatte sie von meinem Vater.«
»Jewgeni Primakow.« Collingwood sah Irwin an. »Er leitet diese UN-Abteilung, über die wir gesprochen haben.«
Milo bemühte sich um eine teilnahmslose Miene. Der Nachrichtendienst seines Vaters sollte eigentlich völlig geheim sein. Aber durfte es ihn wirklich überraschen, dass die beiden davon wussten? Er war sich nicht sicher.
»Können wir auf Ihren Vater zurückgreifen?«, erkundigte sich Collingwood.
»Ich könnte ihn fragen«, log Milo.
Irwin atmete zischend aus. »Das ist doch idiotisch. Wir wissen beide, dass Milo ein schwarzes Schaf ist.«
Collingwood lächelte. »Haben Sie gerade schwarzes Schaf gesagt?«
»Der Sohn eines KGB -Offiziers und einer marxistischen Terroristin. Der Inbegriff eines schwarzen Schafs.«
»So gesehen.« Collingwood lächelte noch immer.
Dass sie von seinem Vater wussten, war eine Sache, aber Milo war – wohl naiverweise – erstaunt, dass sie auch über seine Mutter im Bilde waren.
Anscheinend war sein Gesicht ein offenes Buch, denn Irwin sagte: »Ach, kommen Sie, Milo. Das war doch nie ein Geheimnis für die Company. Verdammt, es war sogar der Grund, warum Sie gleich nach dem College rekrutiert wurden. Ich habe Ihre Akte gelesen. Sie haben das Lügen in den Genen. Die Company wollte schlicht dafür sorgen, dass Sie für uns lügen und nicht für jemand anders. So ist es doch, Dorothy, oder?«
Collingwood zuckte die Achseln. »So steht’s zumindest in der Akte.«
Milo hatte Mühe, seine wachsende Verblüffung zu verbergen. Er wollte nur noch das Thema wechseln. »Ob Lügner oder nicht, entscheidend ist doch, dass ich wirklich was zum Erfolg dieser Sache beitragen könnte. Aber dazu muss ich auch mehr darüber erfahren.«
Collingwood strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. »Gut, was wollen Sie hören?«
»Was mit Alan passiert ist.«
»Nathan?«
Irwin schüttelte den Kopf. In dem trüben Licht wirkten seine Wangen gerötet, und Milo begriff schließlich, dass der Senator nicht das Alphatier in diesem Zimmer war. Das Sagen hatte Collingwood. Bei den Plänen ging es tatsächlich nicht um Rache.
»Das ist ein Problem«, bekannte Irwin. »Wir wissen es nicht.«
»Sie wissen nicht, was mit Alan passiert ist?«
»Er ist weg vom Fenster. Verschwunden. Den Grund kennen wir nicht.«
»Was war denn seine Aufgabe?«
»Er sollte sich mit jemandem treffen und dann wieder mit Leticia Verbindung aufnehmen.«
»Mit wem sollte er sich treffen?« Milo kannte die Antwort natürlich: Gephel Marpa.
Irwin schaute Collingwood an. »Das erzähle ich ihm nicht. Noch nicht.«
»Alles klar«, erwiderte sie.
Milo gab sich nicht so schnell geschlagen. »Wenn ich meinen Vater um Informationen bitten soll, muss ich ihm eine Geschichte präsentieren. Sie können mich nicht völlig im Dunkeln lassen.«
»Sie haben Ihre Geschichte doch schon.« Sie musterte ihn. »Rache. Wäre nicht das erste Mal.«
»Ich kriege also nichts und soll blind arbeiten?«
»Betrachten Sie Leticia als Ihren Blindenhund. Ich würde Ihnen zwar gern glauben, aber ich weiß, was für unnachahmliche Lügner ihr Touristen seid. Es wäre fahrlässig, wenn ich Ihre Worte einfach für bare Münze nehmen würde. Leticia weiß so viel wie nötig und wird Sie nach Bedarf informieren. Sie treffen sie morgen am JFK -Flughafen. Terminal drei. Um acht Uhr morgens, und Sie kommen als unbeschriebenes Blatt. Ist das machbar?«
Er nickte.
Collingwood fuhr fort. »Heute Abend entscheiden wir über den Umfang Ihrer Mitarbeit, und morgen weiß Leticia, wie sie Sie einsetzen kann. Was sagen Sie Ihrer Frau und
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