Die Spinnenfrau
Los.«
»Echt oder künstlich?«, fragte Suko, der unsere Unterhaltung verfolgt hatte.
Ich drehte mich um. »Künstlich meinst du?«
»Ja.«
»Unmöglich, Suko. Diese Fäden sind nicht künstlich. Du glaubst gar nicht, was Wissenschaftler schon alles versucht haben, sie synthetisch herzustellen. Es ist ihnen nicht gelungen. Wäre das der Fall, hätte man von einer Sensation sprechen können. Aber noch tüfteln die Menschen daran. Wenn man hier von Spinnweben spricht, dann müssen sie schon echt sein.«
»Tja, wenn das so ist, muss ich passen.«
»Wir alle müssen passen«, sagte Purdy. Sie deutete auf den Toten. »Ich weiß ja nicht, wer er ist, ich kann mir allerdings vorstellen, dass er mit den beiden ersten Toten nichts zu tun hat. Mir kommt es vor, als würde sich der Killer die Opfer wahllos aussuchen.«
»Das ist möglich.« Ich warf einen Blick auf den Toten. »Wie befreit man ihn?«
»Man zerschneidet die Spinnweben, was nicht einfach ist, denn sie sind fest verklebt. Mit viel Geduld gelang es trotzdem, und der Arzt hat als Todesursache Ersticken festgestellt.«
»Gab es sonst noch etwas Ungewöhnliches?«
»Nein. Die beiden Toten waren ja harmlose Leute. Sie haben sich nichts zuschulden kommen lassen, das ist es ja, was mich so nachdenklich werden lässt.«
»Das kann ich mir schon vorstellen. Und ich frage mich, wie wir weiterkommen sollen.«
Da wusste die Staatsanwältin keine Antwort, und auch Suko musste passen. Ich schwieg ebenfalls und schaute mir dafür mehr die Umgebung an. Wir befanden uns auf einem Friedhof, auf dem Bäume ein schützendes Dach über den Gräbern bildeten.
Ich dachte daran, dass dieser Friedhof auch ein Versteck sein konnte, und nahm mir vor, ihn zu durchsuchen, wenn die Mannschaft verschwunden war.
Purdy Prentiss hatte mir angesehen, dass ich nachdachte.
»Was ist los?«, fragte sie. »Hast du eine Erklärung?«
»Nein.«
»Aber …«
»Wenn die Kollegen weg sind, schaue ich mir den Friedhof genauer an.«
»Du suchst nach Spuren einer Monsterspinne?«
»Klar.«
»Dann sei auf der Hut.«
»Keine Sorge«, meinte Suko, der zugehört hatte. »Ich bin ja bei ihm.«
»Aha, dann kann nichts schiefgehen.«
»Genau.«
Die Staatsanwältin gesellte sich wieder zu ihren Leuten. Sie hatten ihre Pflicht getan. Jetzt waren wir an der Reihe, um drei grausame Taten aufzuklären.
Suko sprach mich an. »Hast du das im Ernst gemeint, dass du noch hier auf dem Friedhof bleiben möchtest?«
»Ja.«
»Dann glaubst du daran, eine Spur zu finden?«
»Ich weiß es nicht. Ich will mir nur später keine Verwürfe machen, nicht alles getan zu haben.«
»Gut.«
»Du bist also dabei?«
»Vier Augen sehen mehr als zwei.«
»Genau das meine ich auch …«
***
Zack hatte sich nicht getraut, den Friedhof zu verlassen. Er war geblieben, und da er sich gut auskannte, hatte er auch einen Platz zum Übernachten gefunden. Er hatte sich unter eine Trauerweide gelegt.
An Schlaf war so gut wie nicht zu denken gewesen. Lange Zeit hatte er zitternd da gelegen, die Augen offen, die Ohren auf Lauschen gestellt.
Nichts war zu hören gewesen, abgesehen von den Geräuschen der Nacht, und die waren durchaus vielfältig. Sie stammten nicht von Menschen, sondern von Tieren, die er aber nicht gesehen hatte.
Irgendwann waren ihm dann die Augen zugefallen. Zack war in einen Tiefschlaf gesunken, aus dem er wieder hervorgerissen wurde, als er Stimmen hörte. Er war sofort hellwach.
Zunächst hatte er befürchtet, dass er entdeckt worden war. Doch schnell hatte er festgestellt, dass die Stimmen weiter von ihm entfernt aufgeklungen waren, und zwar dort, wo der Schläger unter den Spinnenfäden gestorben war.
Zack stand auf.
Sein Rücken tat ihm weh, aber das kannte er. Er machte ein wenig Gymnastik und hoffte, dass sich wieder alles einrenkte.
Danach machte er sich auf den Weg. Er konzentrierte sich auf den Ort, von dem die Stimmen an seine Ohren klangen. Das war nahe der Leichenhalle am Sterbeort des Mannes.
Zack wurde vorsichtiger, je weiter er sich seinem Ziel näherte. Er wollte auf keinen Fall entdeckt werden. Obwohl er noch niemanden gesehen hatte, ging er davon aus, dass sich die Polizei am Tatort aufhielt, und der wollte Zack nicht unbedingt in die Arme laufen. Zu oft war er von den Beamten schon befragt worden. Je nach Laune waren sie nicht immer nett gewesen.
Dann hatte er den Ort erreicht, von dem aus er einen besonderen Überblick hatte. Er stand in Deckung, konnte aber bis zu der
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