Die Spinnenfrau
nie gesehen?«
»So ist es.«
»Was haben Sie dann getan, als alles vorbei war?«
Zack legte den Kopf zurück und lachte. »Nichts habe ich getan, gar nichts.«
»Ach …«
Er winkte ab. »Ich bin dann verschwunden und habe mich hier auf dem Friedhof versteckt.«
»Bis zum heutigen Morgen?«
»Ja. Dann habe ich die Polizei gesehen, aber ich habe nicht mitbekommen, wer die Leiche gefunden hat. Vielleicht ein Gärtner oder ein Totengräber oder so.«
»Das kann sein.«
»Und ich kann Ihnen nicht mehr sagen«, erklärte Zack, bevor er zur Seite schaute.
Das konnte man auch anders sehen. Wir hatten trotzdem schon einiges erfahren. Aber es waren keine Überraschungen dabei gewesen. Diese Fäden konnten eigentlich nur von einer Spinne stammen.
Die Frage stellte sich jetzt, woher die Spinne oder die Spinnen gekommen waren. Das war unser Problem. Ich hätte es nicht sagen können, Suko auch nicht, denn wir beide kannten uns in dieser Gegend nicht aus. Möglicherweise hatte dieser Zack noch einen Hinweis für uns.
Ich sprach ihn auf das Thema Spinnen an.
Er blockte sofort ab.
»Moment«, sagte ich, »ich will meine Frage beenden. Sie sind doch öfter hier, oder nicht?«
»Ja, das schon.« Er blickte an mir vorbei. »Ich sammle leere Flaschen, und der Friedhof hier gehört zu meinem Revier.«
»Dann müssen Sie sich auskennen, Zack, und deshalb wollte ich wissen, ob Ihnen was aufgefallen ist.«
»Was meinen Sie denn?«
»Spinnen.«
Er blies die Wangen auf. Er überlegte und meinte dann: »Ich denke, dass es nicht der Wahrheit entspricht.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich habe hier keine Spinnen gesehen. Zumindest keine, die irgendwas verschießen.«
»Aber Spinnen schon?«
»Manchmal. Kleine, ja sie waren allesamt normal und klein. Die sind mir hin und wieder aufgefallen. Ich habe sie auf den Blättern gesehen und an den Stämmen. Mal auf der Erde, aber das hielt sich alles sehr in Grenzen.«
Suko meldete sich plötzlich mit einem Zischlaut. Ich wurde aufmerksam und sah, dass mein Freund seine Haltung verändert hatte. Er deutete schräg zu Boden.
»Da kommt was auf uns zu!«
Zack und ich schauten hin. Da, wo Suko hinwies, bewegte sich der Boden. So sah es aus, aber es war ein Irrtum.
Auf dem Boden bewegte sich etwas.
Und das waren Spinnen!
***
Wir standen da, ohne uns zu bewegen. Wir hatten auch unsere Sprache verloren und schauten nur zu Boden, weil wir sehen wollten, was sich dort tat.
Es war ein Phänomen. Aber es war bestimmt kein positives, sondern eines vom Gegenteil.
Keiner von uns hatte eine Spinnen-Phobie, aber das zu sehen, was wir sahen, gefiel keinem von uns. Es waren keine winzigen Spinnen, sondern fast handgroße, die in einer schon recht breiten Front über den Boden krabbelten, als würden sie nach irgendwelchen Opfern suchen.
Die Tiere fanden keine. Zumindest sahen wir nichts in dieser Richtung. Dafür bewegten sie sich weiter und das gar nicht mal so langsam.
Ich schätzte die Entfernung zwischen uns ab. Es waren noch mehr als ein Meter, bevor sie uns erreichen würden und an uns hoch krabbeln konnten. Sie schossen ihre Fäden nicht ab, auch wenn sie es getan hätten, sie wären nicht so stark gewesen, um uns zu fesseln.
Zack hatte sich wieder gefangen. »Verdammt, damit habe ich nicht gerechnet. Das habe ich noch nie gesehen.«
»Auch nicht gestern?«
»Nein, auf keinen Fall. Da war alles anders. Da habe ich praktisch nur Schatten gesehen und natürlich die verdammten …« Er winkte ab und wich zurück.
Das taten Suko und ich auch. Wir blieben beide ruhig, und diesmal fragte ich: »Hast du eine Idee, Suko?«
»Woher nehmen und nicht stehlen.«
»Richtig.«
»Bleiben oder fliehen wir?«
»Ich wäre für bleiben«, sagte ich.
»Bravo, ich auch.«
Zack war etwas von uns weg gegangen. Er wollte was sagen, verbiss sich seine Worte aber. Er suchte nach einem Fluchtweg. Seine Augen waren dabei in ständiger Bewegung.
Die ersten Spinnen hatten Suko und mich erreicht. Für uns stand fest, dass sie dieses Hindernis nicht umgehen würden, und so war es dann auch.
Die wollten an uns hoch krabbeln oder sogar unter die Hosenbeine schlüpfen, was uns noch gefehlt hätte. Wir traten gegen die Spinnen, die zurückgeworfen wurden, zwischen ihre Artgenossen fielen oder unter ihnen verschwanden.
Die Masse war von uns nicht zu stoppen. In voller Breite kam sie auf uns zu. Wir hörten das Rascheln, das Schaben, wenn sie übereinander glitten, und manchmal sogar ein
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