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Die Spionin im Kurbad

Die Spionin im Kurbad

Titel: Die Spionin im Kurbad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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besser erzogen Altea.
    » Sina, darf ich dir meine Mutter vorstellen: die Gräfin Hermine von Lilienstern.«
    Mama kicherte, und es hörte sich lustig an.
    » Du wahrst aber wirklich die Form, Altea.«
    » Sicher. Steht nicht jede Katze weit über Kaiser und Königen?«
    » In deinen Augen gewiss. Nun, ich freue mich, dich kennenzulernen, Sina.«
    Fingerspitzen beschnuppert, für freundlich befunden.
    » Sie hat hinten am Schuppen drei kleine Katzen zu versorgen, Mama. Und ich glaube, sie tut es vorbildlich.«
    » Katzen sind ausgezeichnete Mütter.«
    » Wie du, Mama.«
    Mama sah gerührt aus und streichelte Alteas Hand.
    » Du schmeichelst mir, Kind. Ich habe vieles falsch gemacht.«
    » Niemand ist vollkommen. Oh, du hast einen Begleiter mitgebracht, Sina.«
    Hinter mir war ganz vorsichtig Bouchon herbeigekommen. Ich drehte mich zu ihm um und forderte ihn auf, näher zu treten. Er setzte sehr bedächtig Pfote vor Pfote und setzte sich dann nieder.
    » Ein grauer Kater? Und ganz offensichtlich kein Streuner. Wohlgenährt und ein Fell wie Samt. Mama, ich fürchte, wir haben einen Vermissten gefunden.«
    » Du meinst, das ist Bouchon, den der Freiherr von Poncet gesucht hat?«
    » Die Beschreibung, die er uns gab, passt auf diesen vornehmen Herrn hier. Bouchon?«
    Bouchon hob seinen Kopf und sah sie an.
    » Mein Gott, hast du schöne Augen, Bouchon!«, sagte Altea ehrfurchtsvoll.
    Der Stopfen tretelte verlegen.
    » Wir sollten ihn zu seinem Herrn zurückbringen, Altea.«
    » Sogleich. Aber du bleibst hier und naschst dieses Blätterteiggebäck auf. Schwatz der Witwe Bolte dazu einen Teller Schlagsahne ab.«
    » Sie wird wieder nörgeln und einen Preisaufschlag verlangen.«
    » Betrachte es als Herausforderung, Mama. Üb dich im Handeln. Sei hart und unbarmherzig!«
    Das Letzte, was die Gräfin sein konnte, vermutete ich, war hart und unbarmherzig. Anders als die Heisere, die jetzt auch auf die Terrasse kam. Altea grüßte sie kühl, Mama höflich.
    Ich verdrückte mich unter einen Stuhl.
    » Katzen? Jetzt sind es schon zwei! Füttern Sie die etwa an?«, fragte die Spitzhackige.
    » Nein, Frau Petuchowa. Die Weiße gehört zum Grundstück, und Bouchon bringe ich jetzt zu Dr. de Poncet zurück. Er hat sich verlaufen, und der Freiherr sucht ihn schon seit heute Vormittag.«
    Es lag eine ungewohnte Schärfe in Alteas Stimme. Offensichtlich mochte sie die Frau auch nicht. Sie stand auf.
    » Bouchon, folgst du mir?«
    » Pah, eine Katze ist doch kein Hund«, schnaubte die Petuchowa.
    » Wir werden sehen.«
    Altea beugte sich zu dem Kater. Der ließ sich von ihr kraulen. Sie hob ihn hoch und nahm ihn auf den Arm. Vertrauensvoll schmiegte er sich an ihre Schulter.
    » Mama, meinen Stock, bitte!«
    Langsam humpelte sie zur Fenstertür, verschwand im Haus.
    Sie würde durch den Hauseingang auf die Straße gehen, wurde mir klar. Meinen Einschlupf kannte sie ja nicht. Ich sauste nach vorne, und genau wie ich vermutet hatte, trat sie auf die Straße. Der Weg war nicht weit, ich folgte ihr in einigem Abstand. Wie erwartet wohnte der Freiherr im Kurhotel. Das zu betreten wagte ich denn doch nicht.
    Bouchon maunzte mir einen Abschiedsgruß zu, und seine Haltung versprach ein Wiedersehen.
    Ich kehrte um und fand die Gräfin im Gespräch mit der Heiseren, aus dem ich entnahm, dass die eine berühmte russische Opernsängerin war, die betrüblicherweise ihre Stimme verloren hatte. Sie hoffte hier in Bad Ems Heilung zu finden. Sahne stand auch auf dem Tisch.
    Ich hielt mich bedeckt – Unsichtbarmachen lernt man sehr früh, wenn man eine neugierige Katze ist. Neugier erweckte dann auch das bunte Blättchen, das Mama vorhin betrachtet hatte. Es war vom Tisch geweht worden, und ein weiterer Luftzug wirbelte es genau vor meine Nase. Nun weiß ich nicht so recht, was Menschen mit Kitsch bezeichnen, aber wirklich farbenprächtig war es. Eine schmachtende Frau mit einem leuchtenden Schein um den Kopf hatte ihre Brust halb entblößt und säugte ein rosiges Kind. Blau wallte ihr Gewand um sie herum, und um das Bild rankten sich Rosen, so rosa, wie die Natur sie nie hervorbrachte. Kitsch war also etwas Unnatürliches, genau wie die übertriebene Mütterlichkeit der Frau. Und, ach ja, den Ausdruck auf genau diesem Gesicht hatte ich schon mal gesehen. Bette, die Schmachtende, stellte das Bild dar. Womit meine Vermutung, was die Gefühle der Menschen anbelangte, wieder einmal bestätigt wurde. Wenn sie nicht echt sind, sind sie Kitsch.
    Zufrieden

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