Die Spitze des Eichbergs
zu der Überzeugung kommen, dass dem Fußball die Zeit des Transfers vom 1. Mai bis zum 30. Juni nicht gut tat. Ausgerechnet in der entscheidenden Phase der Meisterschaft wurden den Spielern mit Angeboten und Geld der Kopf verdreht.
DIE KRAFT FEHLT
Das Pokal-Halbfinale gegen den 1. FC Köln stand an. Günter Siebert hatte trotz der zuletzt miserablen Leistungen die Eintrittspreise angehoben. Doch nachher standen sie wieder mal mit leeren Händen da, Köln gewann mit 3:2. Schalke schien ausgelaugt, saft- und kraftlos. Aber das hatten sie sich selbst zuzuschreiben. Statt alle Kraft auf den fünften Platz zu konzentrieren, wurden immer noch Freundschaftsspiele zwischen den Ligaspielen eingeschoben. Diese Spiele auf den Dörfern brachten gerade mal die Spesen ein - Abendessen und ein Pils - aber zehrten an der Substanz, weil kein zweiter Anzug vorhanden war. So konnte die sportliche Krise nicht behoben werden. Im Gegenteil: In Oberhausen verlor man am nächsten Spieltag mit 4:1, die erste Schalker Niederlage im Niederrheinstadion seit zwölf Jahren. Gegen Kickers Offenbach gab es die nächste Heimpleite, 1:2 hieß es zum Abpfiff. Eine Beendigung des Abwärtstrends war nur durch das Ende der Saison abzusehen. Unterdessen konnte Günter Siebert einen Nachfolger von Slobodan Cendic präsentieren: Der neue Mann hieß Ivica Horvat, ehemaliger Trainer von Croatia Zagreb, der einen fantastischen internationalen Ruf genoss. Doch er sollte erst zur nächsten Saison auf der Trainerbank Platz nehmen, Cendic sollte die Saison noch über die Bühne bringen.
Am nächsten Spieltag kam es in der Glückauf-Kampfbahn zu einem brisanten Duell, Schalke traf auf den 1. FC Köln. Zum einen wollte Schalke die Heimpleite im DFB-Pokal-Halbfinale wett machen, zum anderen waren es unter anderem diese beiden Vereine, denen vor allem aus süddeutscher Sicht vorgeworfen wurde, den Ausgang einiger Spiele manipuliert zu haben: Schalke - Bielefeld 0:1, Schalke gegen Kickers Offenbach 1:2 (Freigabe der Kremers-Zwillinge erleichtert?) und 1. FC Köln - RW Oberhausen 2:4. In einem schwachen Spiel lag Schalke mit zwei Toren zurück, doch ganze fünf Minuten spielten die Schalker den Fußball vergangener Tage und glichen durch Tore von Libuda und Rüssmann kurz vor Abpfiff noch aus.
Das war bestimmt alles keine Augenweide, aber eine gewisse Rehabilitierung für die letzten Niederlagen und widerlegte eigentlich alle, die offen oder versteckt in den letzten Wochen beiden Mannschaften Schiebung oder Manipulation nachgesagt hatten.
SHOWDOWN
Plötzlich schien es auch dem FC Schalke 04 zu dämmern, dass der Tabellenfünfte noch an der UEFA-Runde teilnehmen konnte. Für einen Sieg im letzten Spiel der Saison in Bremen sollte es Sonderprämien geben. Die Meisterschaft war immer noch nicht entschieden, Bayern lag knapp hinter Gladbach und im Abstiegskampf grassierte wahre Existenzangst. Der Samstag war nichts für infarktgefährdete Mitmenschen. Zehntausende strömten zu den Bundesligabühnen, Millionen jammerten oder jubelten vor dem Radio.
Um 17.12 Uhr Rundfunkzeit war schließlich die Luft raus, die Spannung weg, die Entscheidung gefallen. Hennes Weisweiler, Günther Netzer und Berti Vogts konnten mit Borussia Mönchengladbach die Deutsche Meisterschaft feiern. Schalke gewann zwar in Bremen glücklich mit 1:0, hatte aber trotzdem einen Punkt Rückstand auf den Fünften Hamburger SV und war somit Zuschauer beim UEFA-Cup. Ein Stockwerk tiefer ging es für Oberhausen, Rot-Weiss Essen und Kickers Offenbach. Günter Siebert, mit einem neuen schnittigen Mercedes-Sport-wagen und der dazu passenden blauweißen Sportmütze ausgestattet, stellte fest: »Schade, dass wir trotz des Sieges den fünften Platz nicht erreichen konnten. Die Kohlen dafür hätten wir schon viel früher in den Keller bringen müssen. Mit dem sechsten Platz holten wir aber mit einer sehr jungen Mannschaft immerhin die beste Position seit Bestehen der Bundesliga.«
17. JETZT GEHT DIE PARTY RICHTIG LOS
Wer nun glaubte, die Saison wäre abgeschlossen, sah sich getäuscht. Es ging jetzt erst richtig los. Am nächsten Tag feierte nun Kickers-Vorsitzender Canellas seinen 50. Geburtstag und ließ seine präparierten Bomben platzen. Zu den Einzelheiten auf den Tonbändern: Bereits Anfang Mai hatte Canellas einen Anruf vom Kölner Torwart Manfred »Cassius« Manglitz erhalten. Man-glitz forderte vom Offenbacher Vereinsobersten 250.000 Mark, sonst würde er sich beim Auswärtsspiel in Essen nicht
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