Die Spitze des Eichbergs
Siebert als alter und neuer Präsident feiern. Die Mitglieder brachten ihm Ovationen dar, ob er nun die Wahrheit sagte, rhetorische Purzelbäume schlug oder mit Zahlen wie Rastelli jonglierte. Er ging als klarer Sieger hervor und servierte den alten Verwaltungsrat, der ihm manchen Ärger bereitet hatte, gleich mit ab. Die 119 Stimmen für seinen Gegenkandidaten Wittinghofer, der praktisch gar nicht zu Wort kam und seine Vorwürfe nicht artikulieren konnte, ließen allenfalls ein Anwachsen der »stillen« Gegner Sieberts erkennen. Die große Mehrheit liebte immer noch »ihren Oskar«. Die Mehrheit interessierte es auch nicht, wo das Geld aus der Stadionbewirtschaftung geblieben ist und wie viel es war: »Wir sind doch kein Würstchenverein!« »Was soll man gegen einen Mann machen, der frenetischen Beifall erhält, wenn er mit Satzungsverstößen protzt«, resignierte ein Gegner. So geschehen, als Günter Siebert von Spielereinkäufen berichtete, die eigentlich nur mit Zustimmung des Verwaltungsrates hätten zustande kommen dürfen. Auf die Frage eines Mannes, der ihn mit einem Zirkusdirektor verglich, antwortete Siebert: »Ja, da bin ich stolz drauf, weil mein Zirkus immer ausverkauft ist.«
DIE AUTOBAHN NACH MÜNCHEN
Auch sportlich kriselte es beim FC Schalke 04, und so brauchte man nicht im Kaffeesatz lesen, um vorherzusagen, dass Siebert seinen Trainer Max Merkel über kurz oder lang vor die Tür setzen wollte. Merkel selbst brachte den Stein ins Rollen, indem er erklärte, Schalke zum Saisonende verlassen zu wollen. Ein willkommener Anlass für Siebert, den ungeliebten Trainer sofort zu beurlauben. Siebert: »Wenn Herr Merkel öffentlich sagt, dass die Mannschaft nicht mehr im oberen Drittel mitspielen könnte, dann ist er nicht mehr der richtige Mann für uns. Außerdem hat er lange genug auf der Würde der Spieler herumgetreten. Er hat ihnen das Selbstvertrauen genommen und einen Keil durch die Mannschaft getrieben. Wir wollen noch den 5. Platz und den Uefa-Pokal erreichen. Nachfolger wird der bisherige Co-Trainer Friedel Rausch, der ohnehin den bisherigen Trainingsablauf geleitet hat.«
Konnte das alles nicht glauben: Friedel Rausch
Max Merkel nahm seine Kündigung gelassen: »Eigentlich habe Ich nichts anderes erwartet. Urlaub ist auch schön. Jetzt werde ich erst einmal zum Zahnarzt gehen.« Den Schalkern weinte er keine Träne nach: »Das Schönste an Schalke war schon immer die Autobahn nach München.« Erwin Kremers sagte im Nachhinein über den Startrainer: »Der Merkel war wirklich eine verhängnisvolle Trainerverpflichtung. Der kam zu einer Zeit, als man mit Spielern nicht mehr wie mit Soldaten umspringen konnte. Seine Sprüche waren auch nicht witzig. Wenn man so was beim ersten Mal hört, kann man vielleicht lächeln, beim zweiten Mal ist es schon nervig und beim dritten Mal kann man sauer werden. Wenn die Sprüche wenigstens alle von ihm gewesen wären, dann würde ich ihn als einen Komiker bezeichnen.«
HAPPY END
Der Zirkus ging noch weiter. Der DFB drohte noch mit einem Lizenzentzug für Fischer, So-bieray, Lütkebohmert und Rüssmann - die Nachwehen aus dem Meineidsprozess. Das Damoklesschwert baumelte weiter über dem Verein. Friedel Rauschs Saisonplanung war schwieriger denn je. Zudem wurde die Verletztenliste lang und länger. »Jetzt muss die Jugend an die Front«, forderte Friedel Rausch.
Das ständige Schiedsgericht beim DFB hatte die Lizenzentzüge für die sieben im Meineidsprozess verurteilten Spieler bis zur endgültigen Sachentscheidung des
Schiedsgerichts ausgesetzt. Die betroffenen Spieler durften bis auf weiteres für ihre Vereine eingesetzt werden. Das Schiedsgericht legte den Spielern auf, bis zum 22. April Klage gegen den DFB zu erheben. Erst danach würde man sich Gedanken über einen Verhandlungstermin machen. Sollten die Spieler die Frist überschreiten, würde die vorläufige Aussetzung des Lizenzentzuges zurückgenommen. Verständlicherweise war die Erleichterung im Schalker Lager riesengroß. »Endlich können wir befreit aufatmen! Jetzt habe ich die Hoffnung, dass der Skandal endlich ein Ende findet«, erklärte Günter Siebert. Und Klaus Fischer: »Gott sei Dank sind die Fronten vorerst einmal geklärt. Jetzt will Ich auch Torschützenkönig werden!«
Die Schalker Spieler legten fristgerecht die Klage gegen den DFB ein. Am 24. Mai sollte es zur Verhandlung kommen, doch wurde sie im Vernehmen aller Beteiligten vertagt. Vorausgegangen war ein Vergleichsvorschlag des
Weitere Kostenlose Bücher