Die Spitze des Eichbergs
nicht nur übergangen, sondern regelrecht »verarscht«.
Auf der Schalker Weihnachtsfeier drohte Siebert dann in angetrunkenem Zustand dem Vorstand mit seiner Kündigung. Aus dieser Schnapsidee wurde nun bitterer Ernst. Hütsch und Konsorten hatten nur auf ein Fehlverhalten Sieberts gewartet und nutzten dieses eiskalt aus. Sie hockten sich hin und stimmten ab: In der Mehrheit gegen Siebert. Genüsslich schlürften sie aus dem Fettnäpfchen, in das er getreten war.
Oskars Reaktion: »Meine Kündigung habe ich aus der Zeitung erfahren. Gesagt hat mir niemand etwas. Ich bin allerdings auf der Weihnachtsfeier zu Dr. Hütsch gegangen und habe ihm gesagt, dass ich kein Manager zur Ausrichtung von Weihnachtsfeiern wäre, nachdem man schon hinter meinem Rücken mit Fischer und Oblak verhandelt. Dann wäre es besser, ich würde kündigen.«
FAST MEISTER
Bei Schalke ging es offensichtlich nicht ohne Prozesse. Zu Beginn des neuen Jahres kündigte Siebert bereits an: »Ich werde um mein Recht und die Zukunft des FC Schalke 04 kämpfen. In meinem Beratervertrag ist eine sechsmonatige Kündigungsfrist vorgesehen.« Nach seiner Darstellung sei auch schriftliche Kündigung vereinbart. Dem widersprach Dr. Hütsch (»Es gibt keinen solchen Vertrag«) und verbot Siebert per Einschreiben das Betreten der Geschäftsstelle.
Perfektes Debut: Thomas Lander
Während Günter Siebert vor dem Arbeitsgericht klagte, spielte die Schalker Mannschaft weiterhin furios auf. Nach einem 7:1-Sieg in Karlsruhe wurde auch der amtierende, aber müde wirkende Meister Borussia Mönchengladbach tüchtig eingeseift, Rüdiger Ab-ramczik schoss das goldene Tor.
Bundestrainer Helmut Schön hatte die richtigen Schalker Spieler für das Länderspielaufgebot gegen Nordirland nominiert. Fischer, Rüssmann und Abramczik demonstrierten ihr ganzes Können. Beim 5:0 über Nordirland schoss Fischer in seinem Länderspiel-Debüt gleich zwei Tore, drei Tage später durfte auch Rolf Rüssmann zum ersten Mal im »Adlerdress« beim 2:1-Sieg über Jugoslawien in Belgrad ran.
Auf Schalke ging es derweil hinter den Kulissen hoch her. Präsident Hütsch präsentierte einen neuen Manager. Der Ungar Emi-lio Östreicher, der zuvor bei Real Madrid, in Barcelona, Turin und Valencia tätig war, sollte den Posten übernehmen. Ein großer Name, von dem man sich vor allem Sachverstand und internationale Kontakte versprach.
Am vorletzten Spieltag der Saison 1976/ 77 wahrte Schalke beim VfL Bochum alle Chancen auf den Titelgewinn. Zuvor waren 17 Spieler mit ins Trainingslager gefahren, einer mehr als sonst. Fragende Blicke an Friedel Rausch wurden mit einem »undefinierbaren Gefühl« beantwortet. »Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass wir den Thomas Lander in Bochum gut gebrauchen könnten«, sagte Rausch. Thomas Lander, der 17., stellte die Lage in der Liga sprichwörtlich auf den Kopf. Bis 17.10 Uhr war alles klar. In Mönchengladbach fummelten sie bereits an den Sektkorken. Dann schlug Bundesliga-Debütant Lander mit einem Kopfball zu. 2:1. Alles war wieder offen im Kampf um die Meisterschaft.
Vor dem letzten Spieltag hatte Gladbach zwar immer noch zwei Zähler mehr auf dem Punktestand, aber dafür mussten die Borus-sen nach München zu den Bayern. Schalke hatte ein Heimspiel gegen den BVB. Doch der eigene 4:2-Sieg reichte nicht, da es in München ein 2:2 gab. Mit einem Punkt Vorsprung war Gladbach wieder Deutscher Meister. Seit 1972 war dies die beste Platzierung in der Meisterschaft, die Teilnahme am UEFA-Cup war gesichert. Trotz des knappen Vorbeischrammens am Titel feierte Gelsenkirchen seine Helden. Der Vizemeister wurde mit Silbernadeln vom DFB geehrt und die Stadt gab in den Personen von Oberstadtdirektor Meya und Oberbürgermeister Kuhlmann einen großen Empfang.
35. NEUE SAISON, ALTE FEHLER
Das Arbeitsgericht hatte inzwischen in dem Verfahren von Siebert gegen den FC Schalke 04 einen Vergleich vorgeschlagen: Schalke sollte ihn mit 150.000 Mark abfinden. Doch in letzter Minute legte Schalke Einspruch gegen den Vergleich ein. Er wurde damit begründet, dass die Stadt Gelsenkirchen noch Forderungen aus der Stadion-Bewirtschaftung in der Siebert-Amtszeit in Höhe von 92.000 Mark stellte. Diesen Betrag plus Prozesskosten wollte Schalke auch noch von Siebert abgesichert wissen. Doch da spielte der Ex-Präsident nicht mit, denn vom damaligen Vorstand wurde Siebert selbst dieses »Würstchenmodell« vorgeschlagen, zudem sei auch »immer korrekt abgerechnet
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