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Die Spitze des Eichbergs

Die Spitze des Eichbergs

Titel: Die Spitze des Eichbergs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schalker Fan-Initiative
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Unwahrheit mit einem Eid belegt, dieser Eid wäre aber kein »echter« Meineid, da dieser unter unrechtmäßigen Bedingungen abgelegt wurde. Die Spieler, die nun öfter auf der Strafbank im Landgericht als auf dem Trainingsplatz am Parkstadion anzutreffen waren, standen immer noch unter enormen Druck. Ihre Aussagen drohten unter der Indizienlast und dem Protokoll mit der Aussage von Margot Becker, zusammen zu brechen. So kam es, dass sich die angeklagten Spieler entschlossen, reinen Tisch zu machen. Die Schalker Meineids-Sünder wurden geständig. Jürgen Wittkamp war der erste, der kurz vor Weihnachten 1975 den Bann brach und sich das Geständnis von der Seele redete. »Ein Entschluss, mit dem alle die, deren Namen ich nenne, einverstanden sind«, wie er mit einer Stimme erklärte, als hätte er einen Frosch verschluckt. Die Erklärung gab er, zur Tatzeit 23 Jahre alt, so: »Ich hab mir nichts dabei gedacht. Nur, man könnte es ja mal machen.« Libuda, damals mit 28 Jahren der älteste und Mannschaftskapitän, hatte das von Anfang an nicht gewollt -und es dann doch getan. Vor Spielbeginn an jenem mysteriösen 17. April 1971 hatte er sich noch klar gegen jeden Spielverkauf gewandt und die Order ausgegeben: »Wir spielen ehrlich!« Doch dann waren in der Halbzeit plötzlich die 40.000 Mark in bar in der Kabine, für jeden 2.300 Mark. 
    RICHTER POHL: »Wie sind Sie bloß auf den Gedanken gekommen?« 
    LIBUDA: »Ja, wie?« 
    RICHTERPOHL: »Dummheit?« 
    LIBUDA: »Dummheit sowieso!«
    Herbert Lütkebohmert, der sein Geständnis mit den Worten begann »Hohes Gericht, ich komme vom Dorf«, meinte später: »Ich hab es schon tausendfach bereut. Denn ich hatte nichts von dem großen Geld. Als ich endlich einen großen Vertrag bekam, wurde ich vom DFB gesperrt.« Klaus Fischer, damals 21 Jahre alt: »Ich habe erst bei Halbzeit erfahren, dass das Geld da war. Dann ging alles so schnell. Ich hab mir gar keine Gedanken gemacht.« Rolf Rüssmann wusste auch keine Antwort, er erinnerte sich nur noch an die Qual nachher, wo er nirgendwo und mit niemandem darüber hätte sprechen können.
NOCH MEHR SPERREN?
    Die Geständnisse waren vorbehaltlos. Geblieben war nicht einmal so sehr die Angst vor der Strafe des Gerichts, da diese schon durch die Verteidigung größtenteils abgewendet worden war. Vielmehr drohte eine weitere Sperre durch den DFB und damit die Vernichtung der fußballerischen Existenz. Geblieben war aber auch das abgetrennte Verfahren gegen Klaus Fichte!, der als einziger angeklagter Spieler nicht gestanden hatte. Er blieb bei seiner Aussage, dass er zur fraglichen Zeit nicht mehr in der Kabine war, sondern sich nach seinem Auswechseln in der 37. Minute schon auf dem Weg nach Dinslaken zur Trab-Rennbahn befand.
    Alle Mitglieder des Schalker Vorstandes und Verwaltungsrates waren sich auf einer Sitzung nach dem Geständnis einig. Präsident Siebert erklärte: »Wir wissen jetzt, dass einige unserer Spieler eine Dummheit begangen haben. Was mich selbst anbetrifft und unseren zurückgetretenen Schatzmeister Heinz Aldenhoven, so kann ich nur erneut versichern, dass wir mit reiner Weste aus diesem Prozess hervor gehen werden.« Sichtlich erleichtert nahmen die acht geständigen Spieler am 25. Verhandlungstag die Strafanträge der Staatsanwaltschaft entgegen. Mit Geldstrafen von 3.510 Mark für Senger, 5.160 Mark für Galbierz, 9.960 Mark für Sobieray, Fischer und Libuda sowie 9.980 Mark für Rüssmann, Wittkamp und Lütke-bohmert zeigte sich die Anklagevertretung ungewöhnlich milde. Anstelle von Haftstrafen, die der Gesetzgeber normalerweise für einen Meineid vorsieht, wurden auch im Urteil nur leichte Geldbußen verordnet. Haftstrafen wären aber wohl auch aufgrund der fragwürdigen Ermittlungsmethoden der Bielefelder Staatsanwaltschaft nicht haltbar gewesen. Die Schalker Spieler waren mit einem königsblauen Auge davon gekommen.
ZUCKERBROT UND PEITSCHE
    In der Tabelle befand sich Schalke im Mittelmaß. Ende der Hinserie der Saison 75/76 standen fünf Siegen, vier Niederlagen und acht Remis gegenüber. Trainer Max Merkel hatte es aber auch nicht immer einfach. Seine wichtigsten Spieler waren in ihren Gedanken oft mehr bei den Paragraphen und Gesetzestexten als auf dem Platz.
    Rüdiger Abramczik absolvierte seine Bundeswehrzeit und konnte somit auch nicht am täglichen Trainingsbetrieb teilnehmen. Zudem war auch das Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft nicht immer störungsfrei. Merkels »Zuckerbrot und

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