Die Spitze des Eichbergs
der vorangegangenen Saison als Sportdirektor des 1. FC Köln (man erinnere sich noch an den »blauen Pullover«) entlassen worden war, brannte wieder das Feuer: »Ich will noch etwas bewegen, nachdem man mir in Köln den Stuhl vor die Tür gesetzt hat. Ich bin für einen Beruf am Schreibtisch nicht geeignet. Ich bin wieder heiß und es war schon ein Kindertraum, einmal diesen Verein zu trainieren.«
Eichbergs erneuter Alleingang wurde im Nachhinein auch vom restlichen Vorstand getragen. Erst sah es so aus, als ob Schatzmeister Rüdiger Höffken sich gegen die Verpflichtung Latteks stellen würde: »Nur über meine Leiche«, wurde Höffken zum Thema Lattek zitiert. Doch als sich die Vertragsbedingungen herauskristallisierten, wurde er weich, denn Lattek sollte nach Punkten bezahlt werden. Höffken: »Er könnte der billigste Trainer werden, den Schalke je hatte: Null Punkte, null Mark.«
Zum Auftakt des Trainings kamen dann gleich 2.000 Schaulustige, die dem Altmeister über die Schulter schauen wollten. Die Erwartungen für die neue Saison waren enorm hoch. Beim »Tag der offenen Tür« kamen 15.000 Zuschauer bei sengender Hitze ins Parkstadion und sahen eine 1:3-Niederlage im Test gegen Lazio Rom, das mit Kalle Riedle antrat.
JETZT GEHT'S LOS!
Im ersten Spiel der Saison musste Latteks Truppe gegen die Wattenscheider Elf antreten - und es war ein verrücktes Spiel. 55.000 Zuschauer sahen drei Tore von Ingo Anderbrügge und trotzdem nahm Trainer Hannes Bongartz beide Punkte mit in die Lohrheide. »Wenn man zu Hause vier Tore kassiert, dann kann es in der Abwehr nicht stimmen«. Mit diesem Satz kennzeichnete Udo Lattek die 3:4-Heimniederlage.
Doch beim DFB-Pokalspiel in Göttingen zeigte Schalke, dass es noch gewinnen kann (3:1, Tore durch Christensen und 2 Mal Scherr) und machte sich damit Mut für das kommende Derby beim BVB. Im letzten Jahr hatte BVB-Trainer Ottmar Hitzfeld die Angelegenheit noch unterschätzt und sich auf seine Derby-Erfahrungen aus Zürich verlassen und eine 2:5-Schlappe eingehandelt. Doch auch diesmal ging der BVB unter.
2:0 im Westfalenstadion - ein riesiges blau-weißes Fest im »Feindesland«. Beim sensationellen Sieg schoss Günter »Schlip-pinho« Schlipper ein Super-Tor, tanzte Libero Reuter aus und machte den Weltmeister zur Lachnummer. Eichberg: »Der Schlippi -der ist entweder Welt- oder Kreisklasse. Diesmal war's das erste.« Die 76. Minute: Traumpass von Mihajlovic auf Christensen, der Däne schoss das 2:0 - und Lattek spurtete die Seitenlinie entlang, Christensen sprang ihm in die Arme, Trainer und Torschütze tanzten vor Glück, der erste Sieg in Dortmund seit genau zwanzig Jahren. Der eisgraue Wolf war wieder da! Schon vor dem Derby hatte Lattek gefragt »Warum nicht in Dortmund siegen?«, und hatte so seine Truppe nach der Wattenscheid-Pleite wieder wach gerüttelt.
Das passte zusammen: Günter Eichbergs Größenwahn und Udo Lattek
67. MORD UND TOTSCHLAG
Ottmar Hitzfeld empfand seine erste Heimniederlage mit dem BVB »als tiefen Schock«. Doch der eigentliche Schock sollte erst noch kommen. Denn zum ersten Mal hatten die Auseinandersetzungen rivalisierender Fans beim Derby nach dem Spiel zu einem Mord geführt. Die Tat ereignete sich rund zwei Stunden nach dem Abpfiff. Opfer war ein 24 Jahre alter Schalke-Anhänger.
Etwa fünf Minuten nach Abfahrt des Nahverkehrszugs N7141 Richtung Lünen nahm das Drama seinen Lauf. Ein 19 Jahre alter Türke betrat das Abteil, in dem die Schalke-Fans Werner M. und sein Bruder saßen. Der junge Türke hatte zuvor am Hauptbahnhof einen Schalke-Schal »erbeutet«, den er vor den Augen der beiden Schalker auf den Boden warf und darauf herum trampelte. Bitten, diese Provokation zu unterlassen, wurden nicht erhört, es kam zu einem Handgemenge, bei dem er ein Messer zog und drohte, seinen Widersacher »abzustechen«. Zeugen aus einem benachbarten Abteil konnten ihn beruhigen, doch als der Zug um 19:05 Uhr in Dortmund-Derne hielt, ging der Täter zu dem Abteil zurück, in dem die Schalker saßen, und zog dort erneut das Messer mit der etwa 15 Zentimeter langen Klinge und rammte es bis zum Griff in den Rücken von Werner M. Der Täter ergriff die Flucht, wurde aber kurz drauf von Beamten des Bundesgrenzschutzes dingfest gemacht. Unterdessen bemühten sich zwei Notärzte um das Leben des Werner M., doch seine inneren Verletzungen waren zu stark, er verstarb noch am Tatort. Das Opfer hinterließ eine schwangere Frau und ein Kleinkind.
Beide
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