Die Spitze des Eichbergs
abzubrechen, weil dieses Modell nicht erfolgreich gewesen sei. »Telefon-Manager« Netzer hatte also ausgedient.
Aber das war lange noch nicht alles: Schalke feuerte kurz drauf auch noch Trainer Ristic. Kurz nach 18 Uhr platzte die Bombe im Schalker Trainingslager in Billerbeck: Abgeschottet von der Außenwelt hatte sich der Vorstand in stundenlangen Verhandlungen im Hotel Weißenburg zu diesem Schritt durchgerungen. Pressesprecher Andreas Steiniger verkündete den einstimmigen Vorstandsbeschluss in einer Kurzmitteilung: »Schalke hat sich von Trainer Ristic getrennt. Es gibt keine weiteren Stellungnahmen.«
Mit sofortiger Wirkung übernahm Assistent Klaus Fischer das Abendtraining und sollte auch am nächsten Samstag in Dresden auf der Bank sitzen. Die langanhaltende sportliche Misere dürfte der Hauptgrund für den Trainer-Rausschmiss gewesen sein, aber der gewiefte Taktiker Ristic wies auch so manche menschliche Schwäche auf. Günter Güttier: »Im menschlichen Bereich gab es mit dem Trainer erhebliche Probleme. Er behandelt Menschen wie Material.« Als großer Hoffnungsträger kehrte Ex-Kapitän Andreas Müller in den Kader zurück. Auf ausdrücklichen Wunsch von Präsident Eichberg reiste Müller der Mannschaft nach Dresden nach. Plötzlich war seine Kapselverletzung auskuriert.
Und Eichbergs Imperium geriet ins Wanken. Er, der sich allzu gern als der starke Mann von Schalke feiern ließ, musste eingestehen, dass seine zu großen Taten Auserwählten, Ristic und Netzer, ein persönlicher Irrtum waren.
SAISONFINALE
Und auch der Trainerwechsel half bei Dynamo Dresden nicht (1:2). Doch Schalke wäre nicht Schalke, wenn man in Krisen nicht zusammenrücken würde. Die Fans hatten schon immer ein besonderes Gespür dafür, und so kamen zum nächsten Heimspiel 51.200 Zuschauer ins Parkstadion, die ein packendes, streckenweise sogar hochklassi-ges Derby gegen den VfL Bochum mit einem verdienten 2:1 -Sieger Schalke 04 sahen. Damit war der Klassenerhalt nur noch theoretisch gefährdet und auch Schatzmeister Rüdiger Höffken hatte frohe Kunde: »Wir haben die Lizenz sowohl für die 1. und 2. Bundesliga sicher«.
Beim 1. FC Köln war Schalke allerdings nur Sparringspartner (0:3). Indes wurde Reiner Calmund als neuer Manager auf Schalke gehandelt. »Ja, es stimmt, Günter Elchberg hat mir ein Angebot gemacht«, wurde der schon damals schwergewichtige Bayer 04-Manager zitiert. Ist nichts draus geworden, bekanntlich nahm Calmund noch bis vor kurzem zwei bis drei Sitze in der »BayAre-na« ein. Beim 2:0-Erfolg über Kaiserslautern vor 61.200 Zuschauern beim Liga-Finale wurde Schalke noch einmal mit Lob überhäuft. Mit Platz 11 hatte die Mannschaft ihr Saisonziel in letzter Minute doch noch erreicht.
Düsseldorfer Junge: Mike Büskens.
Im nächsten Jahr sollte nicht mehr so gezittert werden. Mithelfen sollten dabei Michael Büskens und Antoine Hey, die von Fortuna Düsseldorf verpflichtet wurden. Thomas Linke vom Zweiligisten Rot-Weiß Erfurt erhielt einen Zweijahresvertrag. Der große Kracher sollte Uwe Scherr werden, der für drei Millionen Mark vom 1. FC Kaiserslautern kam und ausdrücklich von Berti Vogts als kommender Mann in der Nationalelf auf der rechten Seite empfohlen wurde. Aber Schalker wissen nicht nur seit dem: »Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.« Nicht zu vergessen: Toni Schumacher kehrte zurück an den Schalker Markt, diesmal als Torwart-Trainer. Eichberg: »Ich bin glücklich, den Toni überredet zu haben. Mit seiner Erfahrung ist er der beste Mann, den wir bekommen konnten.«
66. DER GRAUE WOLF
Dass der Schalker Kreisel rotierte, war jedem bekannt. Dass sich das Schalker Trainerka-russel noch schneller drehte, war allen klar, als der neue Trainer für die Saison 1992/93 vorgestellt wurde. Es war kein geringerer als Udo Lattek. Der damals 57 Jahre alte Fuß-ball-Lehrer, mit 14 nationalen und internationalen Titeln erfolgreichster Vereins-Trainer der Welt, war Wunschkandidat von Präsident Eichberg.
Gegen Klaus Fischers Engagement intervenierte der DFB, da der Ex-Profi keine für die Bundesliga gültige Trainerlizenz vorzeigen konnte. Um sich Ärger mit dem DFB zu ersparen, zog Eichberg die Notbremse - und kam auf seinen Duz-Freund Udo Lattek. Klaus Fischer wurde wieder zu den Schalker Amateuren beordert. »Es gibt im Leben Siege und Niederlagen, das war eine klare Niederlage«, meinte Fischer geknickt und verabschiedete sich erst einmal in den Urlaub.
In Udo Lattek, der in
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