Die Sprache der Macht
kennen gelernt (→ S. 74). Auf der anderen Seite sind Wutanfälle (auch die strategischen) eines eben nicht: souverän. Denn zur Souveränität gehören Ruhe und Gelassenheit, die uns befähigen, unseren Standpunkt angemessen darzulegen. Lassen wir uns jedoch zu einem Zornesausbruch provozieren, so ist das doppelt unsouverän. Denn der andere nötigt uns ein Verhalten auf, mit dem wir uns schaden (→ S. 76 „Die Beherrschung verlieren“).
Ist Publikum dabei, so können wir unsere ganze Argumention zunichte machen, wenn wir die Beherrschung verlieren. Nicht ohne Grund gab der Philosoph Arthur Schopenhauer in seiner „Eristischen Dialektik. Die Kunst, Recht zu behalten“ den hinterhältigen Ratschlag, man möge „den Gegner zum Zorn reizen: denn im Zorn ist er außer Stand richtig zu urtheilen und seinen Vortheil wahrzunehmen“.
Daher legen es manche Gesprächspartner genau darauf an. Sie machen eine abfällige Bemerkung, kränken uns oder sticheln, damit wir auf die abschüssige Bahn des Wutanfalls geraten. Doch wie soll man auf Beleidigungen reagieren? Sie zu ignorieren, wäre ein Zeichen von Schwäche, aber darauf eingehen können wir erst recht nicht.
Auch hier hilft die bewährte Methode: Aus der Situation heraustreten, sie kommentieren und eine neue definieren. Wobei das in solchen Fällen meist bedeutet: Die alte Situation vor der Stichelei wieder herzustellen.
Bohren in der alten Wunde
Bei einer Podiumsdiskussion bringt Monika Klinger ihren Widerpart Markus Trenkle in Erklärungsnot. Der kommt plötzlich auf eine alte Geschichte zu sprechen, bei der Frau Klinger keine gute Figur gemacht hat: „Frau Klinger, wer so einen Schaden anrichtet, sollte den Mund nicht so voll nehmen …“ Sie holt Luft, um die Vorwürfe zurückzuweisen. Doch sie besinnt sich kurz und sagt: „So ist das, wenn einem die Argumente ausgehen: Man startet ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver, um nicht über das eigentliche Problem reden zu müssen. Doch genau deswegen sind wir hier. Lassen Sie mich also noch einmal auf den Punkt von vorhin zurückkommen …“
Den Unterschied machen
Souveränität zeigen Sie nicht bloß, wenn Sie Vereinnahmungen oder Manipulationsversuchen widerstehen. Das ist schwierig genug. Doch die Sahnehaube der Souveränität ziert Ihr Verhalten, wenn Sie in einer Situation, die harmlos ist, Ihnen vielleicht sogar entgegenkommt, einen überraschenden, ganz eigenen Akzent setzen können. Souveränität besteht eben auch darin: einen Unterschied zu machen.
Was ist ein guter Unternehmer?
Der legendäre Unternehmer Nicolas Hayek gilt als der Mann, der mit der „Swatch“ die Schweizer Uhrenindustrie vor dem Untergang bewahrte. Von ihm stammte auch die Idee, einen kompakten umweltfreundlichen Kleinwagen zu bauen. Das Ergebnis war der Smart. Bundeskanzler Helmut Kohl und dem französischen Präsidenten Jacques Chirac schlug er vor, in eine europäische Verfassung ein „Recht auf Misserfolg für Unternehmen“ aufzunehmen. In einem Interview wurde Hayek gefragt, was ein guter Unternehmer sei. Anstatt einen Katalog wünschenswerter Eigenschaften herunterzubeten oder ein mehr oder minder subtiles Selbstporträt zu entwerfen, entgegnete er: „Es gibt keine schlechten.“
Eine solche Bemerkung ist souverän nicht wegen ihres Inhalts, sondern weil sie sich den Erwartungen widersetzt, weil sie nachträglich die Frage verschiebt und in einem neuen Sinn beantwortet. Hayek lenkt unsere Aufmerksamkeit weg von der Frage nach den individuellen Anforderungen an einen (guten) Unternehmer, um auf einen ganz anderen Punkt hinzuweisen: Grundsätzlich ist jedes Unternehmen als etwas Positives zu betrachten. Gerade in der Vielfalt unterschiedlicher Unternehmen liegt ihre Qualität.
Bonmots
Sie liegen nicht jedem, aber Bonmots sind ohne Zweifel ein wirksames Mittel, sich souverän zu zeigen. Doch was ist überhaupt ein „Bonmot“? Der Begriff kommt aus dem Französischen und heißt so viel wie „gutes Wort“. Im alltäglichen Sprachgebrauch bezeichnen wir eine besonders gelungene Formulierung, einen geistreichen oder witzigen Satz als Bonmot. Allzu tiefgründig sind sie nicht. Dafür bereiten sie Vergnügen – ästhetisches Vergnügen.
Die Freiheiten der Form
Woran wir uns erfreuen, das ist nicht so sehr, was gesagt wird, sondern wie es gesagt wird. Form schlägt Inhalt, könnte man sagen. Und doch ist der Gehalt natürlich nicht ganz unwichtig. Denn, wenn wir uns an der Form erfreuen, schlucken wir den Inhalt
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