Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sprache der Macht

Die Sprache der Macht

Titel: Die Sprache der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Noellke
Vom Netzwerk:
Psychologieprofessor in Stanford, der mit dem „Stanford Prison Experiment“ weltberühmt wurde. In diesem Experiment wurde den Versuchspersonen im Zufallsverfahren eine Rolle zugeteilt: Entweder waren sie Wärter oder Gefangene. Schon bald zeigten die „Wärter“ sadistische Züge, während die „Gefangenen“ erst aufbegehrten und dann in Resignation verfielen. Die besondere Situation im Gefängnis bestimmte ihr Verhalten, ihre individuelle Persönlichkeit schien hingegen wenig Einfluss darauf zu haben.
    Doch genau das ist die Voraussetzung für Souveränität: Dass wir geistig einen Schritt zur Seite machen, um souverän über die Situation verfügen zu können. Dazu müssen wir uns klarmachen, in welcher Situation wir uns befinden. Ständig können wir uns nicht auf diese Art selbst beobachten, sonst würden wir handlungsunfähig und immerzu neben uns stehen. Aber eine Art innere Alarmanlage kann uns warnen:Achtung, hier sind unsere Interessen verletzt oder hier läuft etwas schief.
    Und das gilt es in dieser Situation auszusprechen: „Was geschieht hier eigentlich?“ Oder: „Moment mal, ich bin jetzt etwas irritiert.“ Oder: „Ich habe den Eindruck, ich bin hier im falschen Film.“ Dabei geht es nicht allein darum einzuschreiten, wenn sich der andere schlecht verhält oder Sie unter Druck setzt. Auch ein Lob oder Kompliment kann in der betreffenden Situation unangebracht sein.
    Günter Gaus im Gespräch mit Kurt Biedenkopf
    Die Interviews, die der Journalist Günter Gaus mit zahlreichen Politikern geführt hat, genossen einen legendären Ruf. Gaus verstand sich als gründlicher Fragesteller und als Leiter des Gesprächs. Er hatte keine Scheu, die Antworten der Politiker zu bewerten – positiv und negativ. Das Gespräch mit dem Politiker Kurt Biedenkopf erreichte schnell die erwünschte Reflexionshöhe. Da machte Biedenkopf seinem Interviewer ein Kompliment für seine klugen Fragen, was diesen zu dem staubtrockenen Kommentar veranlasste: „Herr Biedenkopf, ich bin nicht bestechlich.“
    Sich dem Sog entziehen
    Die Eigendynamik einer Situation wird gerne unterschätzt. Wir reden uns lieber ein, wir hätten die Situation im Griff und könnten jederzeit umsteuern. Die Pointe ist, dass wir das „im Prinzip“ tatsächlich könnten, sogar relativ leicht, eine Bemerkung würde genügen, aber solche klugen Ideen kommen uns in der Regel erst, wenn wir nicht mehr in der Situation sind.
    Doch es gibt Abhilfe. Bemerkenswerterweise besteht der erste Schritt darin, die starken Kräfte, die in einer Situation auf uns wirken, anzuerkennen. Dadurch werden wir auf sie aufmerksam und können ganz gezielt gegensteuern. Dabei ist eines zu beachten: Wir können nicht beliebig aus Situationen hinausspringen und uns in neue begeben. Wir leben immer in einem Geflecht von Erwartungen, denen wir gerecht werden müssen. Anders können wir mit unseren Mitmenschen gar nicht umgehen – und schon gar nicht souverän. Um bei unserem ersten Beispiel zu bleiben: Wer in einer Bäckerei weiße Mäuse verlangt, handelt nicht souverän. Wohl aber die Verkäuferin, die nach einer solchen Bemerkung blitzschnell den Rahmen verändert und herauszufinden versucht, ob es sich um einen Witzbold oder einen Verrückten handelt.
    Was wollen Sie?
    So gesehen befinden wir uns immer in einem Sog. Genauer gesagt in einem Meer unterschiedlicher Strömungen, von denen wir einige selbst in Gang setzen und andere nutzen, um uns dorthin treiben zu lassen, wo wir hinwollen. Das ist durchaus souverän. Worauf es hier ankommt, das ist unser Wille. Denn problematisch sind nur die Fälle, in denen uns ein Sog gegen unseren Willen in eine Richtung zieht. Leider stellt sich das häufig erst heraus, wenn die Situation vorbei ist.
    Eine beliebte Methode, so einen Sog aufzubauen, haben wir schon kennen gelernt – wenn auch von der anderen Seite: die Suggestivfrage (→ S. 68, „Unterstellungs- und Suggestivfragen“). Und Sie haben erfahren, wie man solche Fragen aushebeln kann, bei denen wir nur allzu deutlich spüren, in welche Richtung sie uns zwingen.
    Sprache der Macht im Alltag: Nein zu Suggestivfragen
    Sie zeigen sich souverän, wenn Sie Ihrem Gesprächspartner keine Suggestivfrage durchgehen lassen. Sogar wenn Sie zustimmen würden, sollten Sie den andern wissen lassen, dass Sie sein Spiel durchschaut haben und nicht billigen: „Das ist eine Suggestivfrage. Ich bejahe sie trotzdem.“
    Weit weniger bewusst ist uns der Sog, der von freundlichen Worten

Weitere Kostenlose Bücher