Die Sprache des Feuers - Roman
Möglichkeiten.
Erstens, Sie benutzen einen Brandbeschleuniger, meist einen fossilen Brennstoff, um dem Feuer richtig Schwung zu geben. Zweitens, Sie legen das Feuer an mehreren Stellen zugleich. Bei Brandstiftung finden sich häufig mehrere Brandherde, weil auch ein dramatisch beschleunigtes Feuer nicht schnell genug ist, den gewünschten Schaden anzurichten, bevor die Feuerwehr kommt.
Sie brauchen also mehrere beschleunigte Brände, (a) um dengewünschten Schaden zu erzeugen, (b) um die Gesamtsumme der BTU s so weit zu steigern, dass die Konvektionswirkung eintritt. Wenn Sie genügend Hitze erzeugen, verbreitet sich das Feuer nicht nur durch die Flammen, sondern auch durch die Hitze. Erreicht sie den Flammpunkt der brennbaren Materialien – Wuuusch!
Der Flashover.
Das Feuer ist außer Kontrolle.
Der Alligator stürzt sich auf sein Fressen.
Oder steigert sich zum Orgasmus, wie Fuller das formuliert hätte.
Natürlich weiß Jack, dass die Konvektionswirkung nicht immer auf diese Weise eintritt. Legt jemand zwei oder drei Brände zugleich, kann es passieren, dass einer oder zwei von ihnen verlöschen, bevor sie genügend Hitze entwickeln. Viele Brandstifter verbinden daher die Brandherde durch Straßen von Brandbeschleunigern, oder sie legen »Zündschnüre« aus verknoteten Laken, um die Brandherde miteinander zu verbinden.
Eine kleine Autobahn, damit das Feuer in Fahrt kommt.
Und die Beweise vernichtet.
Doch wer das Feuer versteht, hört es sprechen und findet die Beweise trotzdem. Zum Beispiel das Brandloch im Fußboden und die Flüssigkeitsspuren an den Dielenbalken.
Beweise dafür, dass das Feuer nach unten statt nach oben gebrannt hat.
Die Physik, denkt Jack, lügt nicht.
Selbst Anwälte und Richter können die Naturgesetze nicht außer Kraft setzen. Wirft man einen Ball in die Luft, fällt er nach unten. Kommt man unter eine Welle, rollt sie dich am Grund entlang. Zündet man ein Feuer, brennt es nach oben, außer es hat physikalische Gründe, nach unten zu brennen.
Jack kniet in der Asche und schwitzt in seinem weißen Papieroverall, der Brandgestank sticht ihm in die Nase, und er wäre viel lieber im kühlen blauen Wasser unter dem kühlen blauenHimmel, statt in diesem schwarzen Loch, in dem es nach Brand und Tod riecht.
Er zieht noch einmal die ganze Foto-Routine durch, beleuchtet das V und knipst es, das Brandloch, den Balken und den ganzen Raum. In Farbe und Schwarzweiß. Schreibt seine Beobachtungen auf und spricht sie auf Band.
Als er das erledigt hat, holt er eine Beweismitteltüte aus dem Overall. Manche benutzen lieber Büchsen, aber Jack befürchtet, dass das Metall die Proben kontaminieren könnte. Genauso wie handelsübliche Plastikbeutel. Deshalb hat er sich spezielle Plastikbeutel besorgt, die für diesen Zweck behandelt und sterilisiert wurden. Sie sind zwar teurer, aber aufs Ganze gesehen ist es billiger, sie zu benutzen, als vor Gericht mit kontaminierten Proben zu scheitern. Er kratzt verkohlte Substanz vom Brandloch ab, schüttet die Probe in den Beutel, versiegelt und etikettiert ihn, benennt die Probe, verzeichnet Datum, Uhrzeit und den genauen Fundort. Zum Schluss signiert er das Etikett mit seinem Namen.
Dieselben Angaben schreibt er in sein Notizbuch und spricht sie auf Band.
Jack ist einer, der Gürtel und Hosenträger benutzt.
Diese Prozedur wiederholt er etliche Male, er schneidet einen Span vom Balken, von den Dielen, dann eine Verkohlung aus einer anderen Ecke der Garderobe. Er sammelt Vergleichsproben, von denen er hofft, dass sie nicht mit Brandbeschleunigern in Berührung gekommen sind. Denn sonst könnte jemand behaupten, dass diese Stoffe schon im Holz enthalten waren. Kieferndielen zum Beispiel können viel Terpentin enthalten. Also sucht man eine »saubere« Probe, um den Unterschied zu zeigen.
Er nimmt Proben von verschiedenen Stellen.
Ich muss die Asche ausräumen, denkt er.
Die Asche Schaufel für Schaufel rausholen und die Dielen freilegen, nach Löchern suchen, Spuren von Flüssigkeiten, auch unter den Dielen – Hinweise auf Brandbeschleuniger.
Er greift zur Schaufel und fängt in der Ecke mit dem Brandloch an, arbeitet sich durch die Garderobe, dann durch das ganze Schlafzimmer. Schaufelt Brandmüll in einen von den großen Plastik-Müllcontainern, die er mitgebracht hat. Er hebt sich das Zeug für später auf, wenn es ans Sieben geht.
Findet er größere Stücke – halbverbrannte Kleidung, Teile von Gegenständen, Möbelreste –, legt er
Weitere Kostenlose Bücher