Die Sprache des Feuers - Roman
Vietnamesen abführen und durchsucht die Werkstatt.
Das Schöne an den Vietnamesen ist, dass sie die geborenen Buchhalter sind, sagt sie sich. Haben hier diese tolle Masche aufgezogen – sich gegenseitig die Autos zu klauen, sie auszuschlachten, die Teile zu verklickern, die Versicherungen zu kassieren –, doch sie müssen unbedingt Buch drüber führen, wessen Auto sie »gekauft« haben und wie viel sie dafür bezahlt haben. Immer im Glauben, dass sie die Listen verbuddeln können, bevor die Cops kommen.
Sorry, nicht mit Deputy del Rio, denn die ist schneller als die Cops, die sonst immer kommen.
Auch schlauer.
Und viel schneller und schlauer als diese trüben Tassen, die nicht mal auf die Idee kommen, es mit der Schule oder irgendeiner Ausbildung zu versuchen, sondern glauben, geklaute Autos ausschlachten sei ein Beruf.
Letty kennt da kein Mitleid.
Sie krempelt die ganze Werkstatt um, auf der Suche nach den Listen, und steckt alle Papierfetzen ein, die sie findet. Nimmt sie als Beweismittel mit und lässt sie übersetzen.
»Ich brauche alle Aufzeichnungen, in denen der Name Tranh oder Do vorkommt – und zwar schnell«, sagt sie dem Übersetzer.
Genauso gut könnte sie in Chula Vista auf die Straße gehen und alle rufen, die Gonzalez heißen. Aber was soll sie machen?
44
Feuer brennt nach oben.
Es sei denn, es hat einen Grund , nach unten zu brennen.
Jack weiß, dass es nicht allzu viele Gründe dafür gibt. Schüttet man etwas auf den Fußboden, um ein Feuer zu entfachen – einen sogenannten Brandbeschleuniger –, sickert der nach unten wie andere Flüssigkeiten auch, durch die Dielen ins Gebälk, und das Feuer folgt ihm nach, auch nach unten, weil es nun einen Grund hat. Der Brandbeschleuniger – Benzin, Petroleum, Styrol, Benzol – brennt viel leichter, schneller und heißer als alles andere, das Feuer macht sich gierig darüber her, um dann erst richtig nach oben zu brennen.
Jack besichtigt das Brandloch im Fußboden – etwa 60 x 30 cm – und wundert sich. Leuchtet mit der Taschenlampe hinein und besichtigt den Balken. Die Oberseite des Balkens ist verkohlt, die Unterseite ist unversehrt. Er beugt sich noch tiefer und richtet den Lichtstrahl auf den Balken hinter dem Brandloch. Und sieht, was er erwartet hat: fingerförmige Spuren einer herabgelaufenen Flüssigkeit.
»Notiz: Spuren einer herabgelaufenen Flüssigkeit auf dem Dielenbalken«, diktiert er auf Band.
Das ist alles. Er sagt nicht, dass dies ein typischer Hinweis auf einen Brandbeschleuniger ist.
Bentley, dieser faule Hund, denkt er. Sieht Brandreste vor sich, fegt ein bisschen Asche beiseite und behauptet, er hätte den Brandherd gefunden. Schnappt seine Angeln und geht fischen.
Ohne genau hinzuschauen. Ohne die Asche wegzuräumen.
Man muss die Asche wegräumen, damit man die Brandursache bestimmen kann. So zumindest hat Jack es gelernt. Und nicht nur dort, wo man die Brandursache vermutet, sondern überall im Gebäude.
Es ist gar nicht so leicht, ein Haus abzufackeln.
Die meisten Leute glauben das, aber sie irren sich. Ein Feuer braucht eine Menge Sauerstoff und eine Menge Nahrung, um groß und stark zu werden, und bei vielen Gebäudebränden reichen Luftzufuhr und Brandlast dafür einfach nicht aus. Bei Brandstiftungen, die Jack bearbeitet hat, fanden sich geöffnete Fenster oder gar Löcher in den Wänden, die hineingebrochen wurden, um das Feuer zu ventilieren. Einmal untersuchte er den Brand eines Rohbaus, und sie hatten die Trockenbauwände entfernt, damit sich das Feuer ordentlich entwickeln konnte.
Aber es ist nicht nur eine Frage von Luftzufuhr und Brandlast, es ist auch eine Frage der Zeit.
Der Zeit bis zum Eintreffen der Feuerwehr.
Früher war das anders. Da waren die ländlichen Gebiete dünner besiedelt, die Feuerwehr war weit, Rauchmelder, Sprinkleranlagen, automatische Feuermelder gab es nicht.
Doch heutzutage – besonders in der südkalifornischen Megalopolis – ist alles vernetzt und verdrahtet. Wenn es brennt, schaltet sich die Sprinkleranlage ein, wird der Feueralarm ausgelöst, und keine zehn Minuten später ist die Feuerwehr da.
Wollen Sie Ihr Haus anzünden – oder einen Flügel Ihres Hauses –, starten Sie also einen Wettlauf mit der Zeit. Zünden Sie es in irgendeiner Ecke an, haben Sie den Wettlauf wahrscheinlich schon verloren. Gegen die Gesetze der Physik kommen Sie nicht an.
Sie müssen dem Feuer schon ein wenig auf die Sprünge helfen.
Und haben dafür zwei
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