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Die Springflut: Roman (German Edition)

Die Springflut: Roman (German Edition)

Titel: Die Springflut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cilla Börjlind , Rolf Börjlind
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Türrahmen und ließ den Blick durch das Zimmer schweifen. Seit er zum Studium nach Göteborg gezogen war, hatte es sich kaum verändert. Die alte Tapete mit dem Muschelmuster, die ganz den Wünschen des jungen Ove entsprochen hatte, war schäbig geworden und müsste eigentlich ersetzt werden.
    Er ging in die Hocke. Der Linoleumboden hatte seine Funktion erfüllt. Unter ihm gab es mit Sicherheit einen Dielenboden, den er neu lackieren oder auch nur abschleifen und einölen konnte. Er versuchte, das Linoleum an der Türschwelle abzuziehen, um nachzusehen, was sich darunter verbarg, aber es klebte fest. Und wenn er es mit einem Stemmeisen versuchte? Er ging zum großen Werkzeugschrank im Flur, dem Stolz seines Vaters, in dem alles in perfekter Ordnung sortiert war.
    Als er den Schrank öffnete und sie sah, musste er schmunzeln: seine alte Sachensucherkiste. Eine Holzkiste, die er im Werkunterricht in der Größe eines Schuhkartons gebaut und als kleiner Junge mit Strandgut gefüllt hatte. Dass es die tatsächlich noch gab! Und ausgerechnet hier, in Bengts geliebtem Werkzeugschrank. Er hob den Bohrmaschinenkoffer herunter und zog vorsichtig die Sachensucherkiste heraus, nahm sie ins Schlafzimmer mit und öffnete sie auf dem Bett. Es war alles noch da: der Vogelschädel, den er und seine Mutter am Ufer gefunden hatten, Bruchstücke von Vogeleiern, schöne Steine und Hölzer und Glasscherben, die das Meer abgeschliffen hatte. Ein paar seltsamere Dinge, die angetrieben worden waren. Zum Beispiel eine halbe Kokosnuss, und natürlich zahllose Schneckenhäuser und Muscheln, die Häuser von Wellhornschnecken, Herzmuscheln, Austern und Venusmuscheln, die er und Iris in dem Sommer gesammelt hatten, als sie neun Jahre alt und ineinander verliebt gewesen waren. Und natürlich die Haarspange, die er etwas später in jenem Sommer gefunden hatte. Iris’ Haarspange. Er hatte sie am Ufer im Tang gefunden und ihr zurückgeben wollen, aber sie war schon abgereist, und im nächsten Sommer hatte er sowohl die Spange als auch Iris längst vergessen.
    Ove nahm sie aus der Kiste.
    Es hing sogar noch eines ihrer Haare darin. Nach all den Jahren. Aber? Ove hielt die Spange ins Licht der Tischlampe. War Iris nicht blond gewesen? Dieses Haar war viel dunkler, fast schwarz. Wie seltsam.
    Ove dachte nach. Wann hatte er diese Spange eigentlich gefunden? War das nicht an dem Abend gewesen, als … Doch, genau! Plötzlich erinnerte er sich wieder! Er hatte die Spange neben den frischen Fußspuren im Sand im Tang gefunden, und dann … dann hatte er die Stimmen am Ufer gehört und sich hinter den Felsen versteckt!
    In jener Nacht mit der Springflut.
    *
    Abbas löste sein Messer aus dem Holzrahmen des Sessels. Olivia hatte ihren Tee getrunken und war gegangen. Er hatte sie zur Tür begleitet. Das war alles gewesen. Jetzt tippte er eine Nummer in sein Handy und wartete. Als sich am anderen Ende der Leitung jemand meldete, äußerte er seinen Wunsch in seiner zweiten Muttersprache Französisch.
    »Wie lange wird das dauern?«, sagte er.
    »Zwei Tage. Wo treffen wir uns?«
    »In San José, Costa Rica. Ich schicke dir eine SMS .«

E iner von ihnen hatte Brotkrümel auf der Brust, ein anderer kaute auf einer Tablette gegen Sodbrennen herum und musste dauernd schlucken, ein dritter hatte vergessen, sich die Zähne zu putzen. Alle eilten verschlafen, aber hochmotiviert durch die Korridore der Landeskriminalpolizei.
    Mette Olsäter hatte die Besprechung ihrer Gruppe besonders früh angesetzt, um 6.30 waren sie versammelt. Zehn Minuten später hatte sie Olivias Informationen vom Vortag an alle weitergeleitet. Ergänzt wurden sie von Lisa Hedqvists Unterhaltung mit Gardman am Vorabend, bei der allerdings keine neuen Informationen hinzugekommen waren. Aber nun wussten sie wenigstens, wo Wendt gelebt hatte, bevor er nach Schweden zurückgekehrt war. Auf einem Computerbildschirm war eine große Karte von Costa Rica zu sehen. Mette zeigt auf Mal Pais auf der Nicoya-Halbinsel.
    »Ich habe einen persönlichen Kontakt von mir hingeschickt.«
    Keiner reagierte, da sich alle blind darauf verließen, dass Mette wusste, was sie tat.
    Bosse Thyrén trat an die Tafel. Mette hatte ihn nach ihrem Besuch bei Abbas angerufen und ihm die nötigen Informationen gegeben, damit er an die Arbeit gehen konnte.
    »Ich habe Wendts Reiseroute ermittelt«, erklärte er. »Er hat im Flughafen von San José in Costa Rica unter demselben Namen eingecheckt, unter dem er auch das Auto

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