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Die Spucke des Teufels

Die Spucke des Teufels

Titel: Die Spucke des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Theiss
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mit angemessener
Strenge gegenüber den Bauern operieren.«

    »Das ist kein dummer Vorschlag!« Der König beißt in ein
mit Senf bestrichenes Rosinenbrötchen, kaut lange und spült mit einem Schluck
Kaffee nach. »Sagt nicht der Volksmund, dass der Zweck die Mittel heiligt?
Unsere Landdragoner werden dies am besten wissen! Und auch Wir müssen Uns in
dieser neuen Situation mit einem ehernen Herzen wappnen, um alle
Empfindsamkeiten loszuwerden.«

    Das Klappern der Tassen, Teller und Bestecke verstummt
für einen Augenblick. Nur von Wolzogens eifrige Feder zerkratzt die Stille.

    Schließlich räuspert sich Sebastian von Sydow. »Se. Majestät
könnten eine Circular-Order ergehen lassen!«, sagt er. »Zu verteilen an
sämtliche Land- und Steuerräte, an Magistrate und Beamte. Darin würden sie
aufgefordert, mit eigenen Maßnahmen dafür zu sorgen, dass der Anbau der Tartoffel
erfolgt.«

    »Wie gut Ihr verstanden habt, General«, spöttelt Se. Majestät
und überträgt ihm die weitere Protokollführung, während ihm der »junge Pazifist«
bei der Ausarbeitung der Ordre behilflich sein solle.

    »Champagner für alle!«, verlangt der König schließlich,
spricht ein Prosit auf die Tartoffel aus und überlässt die hohen Herren sich
selbst. Nur von Sydow und von Wolzogen bestimmt Er zu sich in ein benachbartes
Kabinett, wo ein Schreibpult aus gedrechseltem Palisanderholz bereitsteht nebst
Papier und Feder.

    Von Sydow ziert sich: »Meine Rechtschreibung, Sire, ist
vielleicht nicht ausreichend.«

    Doch Se. Majestät winkt ab. Er lege, wie sich gewiss
schon herumgesprochen habe, ohnehin keinen Wert auf die normierte Schreibweise,
die eine unnötige Fickfackerei sei. Sogleich hebt Er an zu diktieren und von
Wolzogen schaut von Sydow über die Schulter, während dieser auf die Papierrolle
in krakeligen Lettern schreibt: Es ist von Uns in höchster Person in Unsern
Provintzien die Anpflantzung der so genannten Tartoffeln, ernstlich anbefohlen.
Wo nur ein leerer Platz zu finden ist, soll die Tartoffel angebaut werden!

    »Vielleicht, Sire«, meldet sich von Wolzogen, »sollten Eure
Majestät die Action an dieser Stelle noch mehr mit Argumentation firmieren.
Etwa so: … der so genannten Tartoffeln, als ein nützliches und so
wohl für Menschen als auch Vieh auf sehr vielfache Art dienliches Erd Gewächse,
ernstlich anbefohlen. «

    Von Sydow blickt über sein Monokel hinweg zwischen beiden
hin und her.

    »Excellent!« Se. Majestät zieht eine winzige Tabatiere
mit goldumrahmtem Porträt seiner selbst aus der Rocktasche und diktiert weiter: »Wo ein leerer Platz zu finden ist, soll die Tartoffel angebaut werden, da
diese Frucht nicht allein sehr nützlich zu gebrauchen, sondern auch dergestalt
ergiebig ist, dass die darauf verwendete Mühe sehr gut belohnt wird.«

    Der König atmet auf, widmet sich mit einem vergnügten »C’est
ça!« erneut der Tabatiere, betätigt den Öffner mit der Zeigefingerkuppe.

    »Übrigens«, beeilt sich von Wolzogen vorzuschlagen, »könnten
wir bereits in der Ordre selbst einen eindringlichen Satz zur Exekutive anfügen,
dass es beim Bekanntmachen der Ordre nicht bleiben darf, sondern dass sie gebührend
überwacht wird.«

    Se. Majestät nickt und platziert eine Prise Schnupftabak
auf seinem Handrücken: »… übrigens müsst ihr es beym bloßen Bekanntwerden
der Instruction nicht bewenden, sondern durch die Land-Dragoner und andere
Creißbediente revidieren lassen, ob auch Fleiß bey der Anpflantzung gebraucht
werden.«

    Se. Majestät teilt den Tabak in zwei kleine Häuflein,
ruft »Très bien, mon chèr von Wolzogen!« und zieht die Krümel mit leisem
Schniefen in beide Nasenlöcher ein.

    »Vielleicht macht es auch Sinn, die Empfänger Eurer Ordre
in die Kontrolle einzubeziehen.«

    »Ah, mon Dieu!« Se. Majestät atmet schwer, von Sydow
taucht die Feder erneut ins Fass und streift die Tinte umständlich ab: » …
wie Ihr denn auch selbst bey Euren Bereysungen … untersuchen müsset, ob man
sich deren Anpflantzung angelegen seyn lasse – Haaaatschi!«

    »Wohlsein, Sire«, ruft von Wolzogen und schlägt die Hacken
zusammen.

    Die Glupschaugen weiten sich, strahlen von Wolzogen direkt
ins Antlitz. Der rechte Glacéhandschuh Sr. Majestät wedelt mit einem weißen
Schnupftüchlein und lässt es wie unabsichtlich fallen.

    »Messieurs!« Der König verlässt das Kabinett durch ein
niederes, kaum mit den Augen auszumachendes Türchen in der Zimmerecke. Von
Sydow rollt seine ›Ordre‹

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