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Die Spucke des Teufels

Die Spucke des Teufels

Titel: Die Spucke des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Theiss
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viel
kreischende Kundschaft eingefunden, sodass ich dem W. wieder einmal helfen
muss, zumal ihm der Bub fehlt, und ich muss den Bauern immerzu von den
Moorhexen erzählen, die mich bezirzen wollten, was die Menschen hier am
Niederrhein bestens unterhält. Unsere liebe L. indes hat beschlossen, uns eine
Brotzeit für den späten Abend zu richten, wobei wir uns beraten wollen, wie wir
den Bub aus der Gefangenschaft bekommen, ohne uns in Gefahr zu bringen, und
ebenso das Schwesterchen aus dem Bordell holen, denn dies mag ein amüsanter Ort
für einen fahrenden Sänger sein, aber nicht für ein so kleines Kind, und so zermartere
ich mir schon vorab den Detz, was wir alles erzählen und lügen könnten, um für
den Bub und das Mädelchen freies Geleit zu kriegen.

14     Willem

     
    Wenn man den Jost reden hört, ist alles ganz einfach.
»Dass die Gendarmerie nicht auftaucht, ist doch ein gutes Zeichen«, sagt er und
zieht an seinem Pfeifchen, dass der Tabak darin aufglimmt. »Denn dann hat der
Vincent ihnen nix erzählt und sein Tagebuch gut versteckelt – was auch immer er
da reingeschrieben hat! Ooooder …«, und dazu grinst der Jost und hebt den
Zeigefinger wie ein Bajazzo auf der Kirmes, »… sie haben die Kladde gefunden,
können aber nicht in ihr lesen! Weil sie nämlich kein Schriftdeutsch entziffern
können, die Herren Gendarmen.«

    Willem ist nicht nach Spott zumute. »Möglich«, sagt er. »Aber
auch in dem Fall wär’s besser, wir beeilen uns, bevor sie auf die Idee kommen,
sich einen zu holen, der’s kann.«

    »So schnell passiert da nix«, glaubt Jost, »wer gibt schon
zu, dass er die Hochsprache nicht richtig lesen kann! Wird doch ein jeder in
eurem vornehmen Königreich für Monate in eine Schule gesteckt. Und bei wem’s
nix fruchtet, der gilt als strohdumm.«

    Willem wiegt den Kopf.
    Es stimmt ja, dass in den Schulen kaum einer was lernt.
Außer dem Eid auf die preußische Fahne und dem Vaterunser haben sie kaum was
Gedrucktes in ausreichender Menge. Die meisten Lehrer sind abgehalfterte
Offiziere, die selbst kaum das vollständige Alphabet kennen. Und sich dafür
schämen.
    »Trotzdem müssen wir rasch was machen«, beharrt er.
Willem verlässt sich ungern auf sein bloßes Glück.

    Lisbeth schweigt. Wie immer. Starrt in die lodernde Öllampe,
als wär darin alle Weisheit der Welt verborgen.

    Aber der Jost hat schon einen Vorschlag: Einer von ihnen
müsse bei der Gendarmerie in Geldern anklopfen und seinen Neffen namens Franz
als vermisst melden. Am besten ihn ungefähr beschreiben, bloß nicht zu genau.
Zwölf Jahr alt, braune Haare. Mehr nicht. Dann würde man ja hören, was sie
sagen. »Man könnt ihnen zum Beispiel erzählen«, überlegt der Jost, »man hätt
den Bub für ein paar Wochen in Obhut. Weil seine arme Mutter sterbenskrank wär
und sein Vater in Diensten für seine Majestät den König für Wochen unterwegs …«

    »Mach ich!«, unterbricht Lisbeth mit Leidensbittermiene.

    Willem schüttelt den Kopf. »Nein, besser ich. Hab so viel
Verwandtschaft, dass sowieso keiner durchblickt und es auf einen Neffen mehr
oder weniger nicht ankommt.«

    »Aber ich bin schuld«, beharrt Lisbeth.

    »Nein, ich!«

    Der Jost zieht die Augenbrauen hoch. »Wenn ihr euch nicht
einigen könnt, dann geh ich halt. – Und im Ernst, ich glaub, das wär das
Richtige. Ich bin geübter im Lügen. Und ich bin nicht schuld! Ich kann
kreuzfidel bei denen auftreten und mach mich nicht verdächtig.« Und dann fantasiert
der Jost, was er der Gendarmerie alles erzählen würde, nämlich was sein Neffe
Franz für ein Gernegroß wär, wie er nämlich die Tinktur, die die Manneskraft
stärkt, eingeworfen hätt, eigentlich nur, um die anderen Buben im Dorf verprügeln
zu können, wie er dann aber auf die Weiber losgegangen wär, egal ob alt oder
jung, und er, der Jost, ihm eine Tracht Prügel verabreichen musste, bis –

    »Glaubt dir keiner!«, sagt Lisbeth frostig.
    Da muss der Jost so doll schlucken, dass man seine Gurgel
hüpfen sieht. Weil sie recht hat. Ein fahrender Barbier ist den Beamten nicht
geheuer. Und selbst wenn mancher Dummsack von Gendarm ihm unter der Hand seine
Tinktur zur Förderung der Manneskraft gern abkauft – mit der Geschichte vom feurig
gewordenen Bub darf er denen denn doch nicht kommen.

    »Also ich«, beschließt Willem. Und muss eine Weile auf
Lisbeth einreden. Bei ihr, der Lisbeth, wären die Häscher ja gewesen, erklärt
er. Sodass sie’s hätte wissen können, dass der

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