Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Spucke des Teufels

Die Spucke des Teufels

Titel: Die Spucke des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Theiss
Vom Netzwerk:
Kostprobe anscheinend nicht
recht überzeugt gewesen. Weder um Berlin noch um Potsdam sei der Tartoffelanbau
gebührend vorangeschritten. Bei Paris übrigens auch nicht, zumal es von Madame
Pompadour heiße, sie halte sich die Tartoffelpflanzen im Hofgarten nur, um mit
den hübschen Blüten ihre Perücke zu schmücken.

    Daher habe man, fährt Generalmajor von Seydlitz fort, im
vorigen Jahr damit begonnen, in Brandenburg die Tartoffeln per Instruction zu
vertreiben und ihren Anbau zwangsweise anzuordnen. Es seien rund hundert Morgen
Land bepflanzt worden – unter der Aufsicht königlicher Kavallerie. Den
Widerstand habe man mit den gebotenen Sanktionen brechen können.

    Se. Majestät horcht auf. »Sanktionen welcher Art?«

    »Nur Androhung von Stockschlägen, Sire, nur Androhung.
Und bei erwiesener Sabotage drei Tage Arrest. Es ging doucement zu, wie von Sr.
Majestät befohlen.«

    Der König reibt sich das Kinn und schweigt.

    Doch die Bauern hätten sich als undankbar erwiesen, hätten
über Sommer die Knollen heimlich wieder ausgegraben, berichtet von Sydow, was
bei einem Teil der Versammelten schenkelschlagende Heiterkeit erregt.

    Die Glupschaugen verdüstern sich, die flächige Stirn schnurrt
unter einem Netz aus Längs- und Querfalten zusammen. Und doch kommt das
schrille Stakkato so überraschend, dass selbst die Lakaien entlang der Wand
erzittern: »Ich muss schlecht von Euch informieret worden seyndt oder Ihr seid
ein Esel und Windbeutel, der sich um nichts kümmert. Da muss mit Ernst
nachgesehen werden, und wo die Räte nicht Blei im Hintern haben, muss der
Triebsamste hingeschickt werden, um die Arbeit zu accellerieren.«

    Von Sydow versucht Se. Majestät sogleich zu besänftigen: »Es
heißt doch, Sire, was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht. Vielleicht
sind einfach noch etwas Geduld und Nachsicht vonnöten.«

    »Nonsens!«, kreischt der König. »Haben sich nicht auch
die welschen Bohnensorten durchgesetzt? Sauft mein Volk nicht derart viel
Kaffee, frisst es nicht so viel Pfeffer, dass unsere Handelsbilanz außer Rand
und Band zu geraten droht?«

    »Die Tartoffel, so scheint es, mundet dem Volk nicht
recht«, wagt Prinz August Wilhelm zu bemerken.

    »So?« Se. Majestät lehnt sich weit über den Tisch,
schickt einen hämischen Blick in die Runde. »Mein spartanischer Herr Vater hat wohl
ein Volk von Gourmets herangezogen. Oder wie erklären wir Uns, dass die
Tartoffeln in der Pfalz und am Mittelrhein volontairement angenommen und goutieret
werden? Und in Preußen nicht?«

    »So ganz freiwillig geschieht dies auch anderswo kaum,
Sire«, versichert von Sydow. Oft sei es nur die Sorge vor übergroßer Armut und
der Erlass von Steuern, was den Anbau vorantreibe. »Dabei kann man keinesfalls
gewiss sein, dass es sich bei den Pflanzen auf all den Tartoffelfeldern auch
wirklich um Tartoffeln handelt.«

    Se. Majestät stöhnt. »Was soll Uns jetzt das? Sind die Regenten
und Instructeure so dumm, dass das Bauernvolk sie an der Nase herumführt?«

    Von Sydow tupft sich die Lippen mit seiner Serviette,
richtet sich auf und fährt unbeirrt fort. »Es wird ein anderes Erdgewächs aus
Amerika goutieret, das der Tartoffel in der Frucht ähnlich, dabei aber recht
schmackhaft ist. Das Problem ist, dass sie vielerorts ebenso wie die Tartoffel
Erdapfel, Erdbirne oder auch Grumbeere genannt wird, was in Protokollen und
amtlichen Schriften zu Verwechslungen führt, zumal die Instructeure, da sie selbst
keine Tartoffeln essen, den Unterschied nicht recht erkennen können.«

    »Et alors?« Se. Majestät lässt sich in seinen Fauteuil zurückfallen.
»Was spricht dagegen, wenn das Volk eine neue Sorte bevorzugt? Wenn sie denn so
schmackhaft ist, möchte ich sie selbst kennenlernen. Wilsnack, geben Sie dem Hofküchenmeister
entsprechende Instruction.«

    »Gern, Sire!«

    »Mit Verlaub, Sire, es handelt sich um keine neue Sorte,
sondern um ein botanisch völlig differentes Gewächs. Bei dieser Topinambur, wie
die Franzosen sie nennen, schießt alle Kraft ins Kraut, das bis zu vier Ellen hoch
wächst und wie eine viel gefächerte Sonnenblume erblüht.«

    Die Versammlung hört es mit Staunen, von Wolzogen beeilt
sich, diesem Umstand im Protokoll gebührend Gewicht zu geben.

    Zur Sättigung, führt von Sydow weiter aus, sei sie jedoch
nicht viel nutze, nicht mehr als Weiß- oder Rotkohl, denn das meiste darin seien
Nässe und Zellfaser. Leider wachse die Topinambur, so sie einmal gesetzt sei,
im nächsten Jahr

Weitere Kostenlose Bücher