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Die Spucke des Teufels

Die Spucke des Teufels

Titel: Die Spucke des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Theiss
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einwilligen, wie
sie es ohnedies schon getan hat. Frauen sind ja so wankelmütig! Und dem Müller,
dem netten Kerl, würde nicht allzu viel widerfahren. Man könnte ihn ja beizeiten
wieder freilassen, sobald Se. Majestät eintrifft …

    Sobald Se. Majestät eintrifft? Ein Wetterleuchten lässt
von Wolzogen zusammenfahren. Immer häufiger ertappt er sich dabei, selbst an
jene Lügengeschichte zu glauben, die er ersonnen und commun gemacht hat.

    »Auch dies dünkt mir eine voreilige Maßnahme«, beeilt er
sich deshalb zu widersprechen. Dem Müller sei, was den Zehnt für den Bischof
betreffe, nicht unbedingt etwas nachzuweisen, führt er aus und müht sich, keine
Gefühlsregung zu zeigen. »Der Müller hat stets seine Steuern gezahlt, auch dem
Bischof. Und aus Dortmund selbst gibt es keinerlei Anklage, er habe mit
ansässigen Aufrührern gemeinsame Sache gemacht.«

    »Die Anklage besorg ich mir, darauf kannst du dich verlassen,
mein lieber Neffe!«

    Von Wolzogen will neu ansetzen, will vom avisierten Besuch
des Königs sprechen und darauf hinweisen, dass es doch nun von größerer
Wichtigkeit sei, auf eine rasche Verlobung hinzuwirken et cetera, da klopft es
ungestüm an die Tür. Amtsdiener Bickel meldet nässetriefend, dass ein Dutzend
bewaffneter Franzosen sich vor wenigen Stunden in Geldern aufgehalten habe, von
der Schildwache und der Bevölkerung unbehelligt bis ins Zentrum vorgedrungen,
dann wieder abgezogen sei.

    Der Major erwacht aus seinem Selbstmitleid. »Franzosen?
Wo kommen die her?«

    »Nehme an, aus Frankreich«, sagt Bickel.

    »Hat nichts zu sagen«, entscheidet der Kreutzer. »Solche
Stippvisite aus dem Freundesland wird dem König recht sein. Vielleicht waren es
durchreisende Truppen, denen der Passierschein abhandengekommen ist.«

    Oder es waren Späher und Vorboten des Kriegs, schießt es von
Wolzogen durch den Kopf. Die Franzosen wollen sich die preußische Enklave an
ihrer empfindlichsten Stelle besehen. Geldern! Das Städtchen im Süden ist erst
vor anderthalb Dezennien annektiert worden. Die Gelderner werden gewiss keinen
Finger rühren, um preußisch zu bleiben. Und wer Geldern hat, der hat auch
Wachtendonk, Kevelaer …

    »Die Materie muss Sr. Majestät dennoch schleunigst gemeldet
werden«, drängt von Wolzogen, worauf Major Kreutzer zu gewohnter Form aufläuft,
Amtsdiener Bickel hin und her scheucht, ein halbes Dutzend Soldaten zu sich
beordert, um unverzüglich eine bewachte Depesche nach Berlin vorzubereiten.

    Von Wolzogen tritt ans Fenster, starrt in die Pfützen,
aus denen mit jedem einfallenden Regentropfen winzige Fontänen aufschießen. Ihm
schwant Übles. Ein Krieg steht bevor. Wieder wird er um Schlesien geführt und
vermutlich wird Se. Majestät als Schlachtenlenker in eigener Person mit seinen
Truppen gen Österreich ziehen, den Rest seiner Soldaten im Osten aufstellen, um
die Russen am Einmarsch zu hindern. Kann er da dem Niederrhein eine Visite
abstatten? Wohl kaum. Sobald der Krieg beginnt, platzt die Blase!

    Das bedeutet indes auch, dass von Wolzogen schon bald
zurückbeordert wird, zumal seine Mission erfüllt ist. Der Major wird seinen
Jähzorn, seine Eitelkeit, seine Herrschsucht umso heftiger ausleben. Und die
Dragoner, soweit sie hier verbleiben, werden ihm gehorchen. Auf alle Fälle muss
von Wolzogen den Müller warnen. Wird ihn drängen, auf Lisbeth zu verzichten,
vielleicht für einige Wochen zu verreisen, bis der Zorn des Majors verraucht
ist.

     
    Als der Regen nachlässt, sattelt von Wolzogen
seinen Rappen und macht sich auf nach Hommersum, diesem Nest im Westen von
Goch, wo es wohl kaum mehr als eine Wassermühle geben kann.

    Schon von der Landstraße aus sichtet er durch sein Spektiv
die Fahne mit dem Querkreuz auf dem First der Mühle. Sie meldet: Heute kein
Betrieb. Was bei solchem Wetter nicht verwunderlich ist, und so hält von
Wolzogen weiter auf das hölzerne Häuschen zu, das sich unweit der Niers
zwischen die Weiden duckt. Die Schleuse ist geöffnet, die Niers rast wie ein
Wildbach am Mühlenrad vorbei, führt rauschend und gluckernd Büschel von Gras
und Schilf mit sich.

    Von Wolzogen erklimmt die Stiege, klopft an die Tür.
Niemand öffnet. Neuer Regen setzt ein, rinnt ihm in den Kragen.

    »Da ist niemand daheim«, ruft ihm ein vis-à-vis wohnendes
Weiblein vom Fenster zu und vermerkt noch, dass der Müller und sein Gehilfe mit
einem Mönch davongegangen sind. Schon gestern!

    »Aber wohin, gute Frau?«

    »Bestimmt pilgern sie zum

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