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Die Spucke des Teufels

Die Spucke des Teufels

Titel: Die Spucke des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Theiss
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unseres
weggemacht?«

    »War nicht unseres! War aus der Spucke des Teufels!«
Lisbeth würgt die Worte nur so heraus.

    »Du meinst, es war vom Kreutzer?«
    Lisbeth nickt matt.
    »Wir hätten’s trotzdem lieb haben können.«

    »Nein, niemals, nein!«

    Willem schweigt eine Weile. Es kommt immer darauf an, die
Dinge mit Verstand einzuordnen. Gefühle sind schlechte Ratgeber, erst der Verstand
lässt einen Menschen vernünftig denken und handeln. Das hat er neulich in einer
Schrift von einem ganz jungen Gelehrten namens Kant gelesen. Aber der Verstand
braucht manchmal Zeit, um die Ereignisse zu deuten und zu sortieren. Das weiß
Willem aus Erfahrung. Mindestens eine schlaflose Nacht braucht der Verstand.
Oder auch zwei.

    »Wo ist der Kreutzer jetzt, Lisbeth?«

    »Tot vielleicht, ha! Hab ihn vergiftet.« Lisbeth keckert
wie eine Elster.

    Willem seufzt. Das hat er befürchtet. »Erzähl mir mehr!«,
fordert er.

    »Du musst ihm einen Stecken aus Eiche ins Herz treiben,
hörst du«, bricht es aus Lisbeth hervor, »kannst das dritte Stuhlbein nehmen.
Nur ein bisschen anspitzen!«

    »Das dritte Stuhlbein? Anspitzen?«

    »Von dem Eichenstuhl im Keller. Dem fehlen schon zwei!«

    Sie wird Fieber haben, hohes Fieber! Willem prüft ihre
Stirn. Die ist zumindest warm. An einem Fieber kann man leicht sterben. Der
junge Doktor hat sich vielleicht geirrt. Er kann noch nicht weit sein.
    Willem will aufspringen. »Bleib ganz still liegen, Lisbeth!
Ich hol den Doktor zurück!«

    Lisbeth hebt den Kopf. Sie greift nach Willems Hand. Ein
Griff wie von einem Spannknecht. »Versprich’s mir, Willem! Und dann musst seine
Stiefel ins Moor schmeißen, damit die Moorhexen sie fressen. Damit sein Geist
nicht wiederkehrt! – Hörst du?«

    »Ist ja gut. Mach ich«, sagt Willem begütigend, tätschelt
ihr die Wange, er weiß ja, wie abergläubisch sie ist. Wieder will er
aufspringen, nach dem Doktor sehen, da hebt Lisbeth den Kopf, lockt ihn mit dem
Zeigefinger heran.

    »Hab auch den Ochsenwirt vergiftet«, flüstert sie.

    »Ist ja gut, Lisbeth.«

    »Glaubst mir nicht?«

    »Es ist oft so, dass man sich schuldig fühlt, wenn einem der
Mann oder die Frau oder ein Kind wegstirbt vor der Zeit. Aber der Ochsenwirt
ist krank geworden, einfach krank!«
    »Ja, krank. Weil ich ihn vergiftet hab.«

    »Vergiftet?«

    »Erst hab ich ihm Holzgeist in den Schnaps gemischt, bis
er blind wurd …«

    »Ich dacht, er hätt den Star gehabt.«

    »Das dacht er selber auch.« Lisbeth kichert böse. »Und dann
hab ich ihm verdorbene Wurst gegeben. Zuletzt Hundspetersilie. Bis er tot war.«

    »Hundspetersilie? Das schmeckt einer doch!«

    »Nicht wenn er glaubt, dass es Gartenpetersilie ist, die
ihm der Doktor empfohlen hat zu essen.«

    Willem würgt es. »Hast ihn vergiftet, weil er alt wurd?
Lästig war?«

    »Weil er mich immerzu geschlagen hat.«

    »Geschlagen?« In Willems Kopf steigen Erinnerungen auf
wie Blasen im siedenden Wasser. Hat nicht auch sein Vater die Mutter manchmal
geschlagen? Hat Willem nicht selbst einmal seine verstorbene Frau geschlagen,
als sie ihm sagte, sie ekle sich vor seinem vernarbten Fuß? »Ist doch normal,
dass ein Mann seine Frau manchmal schlägt!«, sagt er leise.

    Lisbeth petzt die Lippen zusammen und wendet sich ab.

    In Willem steigt eine Ahnung auf. »Für den Ochsenwirt war
das erste Stuhlbein, richtig?«

    Lisbeth bleibt abgewandt liegen und schweigt.

    »Für wen war das zweite?«

    »Ha, für einen preußischen Leutnant, einen Hundsfott«,
zischt Lisbeth. »Den hab ich erschlagen.«

    »Unsinn, der ist die Treppe runtergestürzt. Das Fränzken
hat’s mir erzählt!«
    »Das Fränzken weiß nicht alles. Der Leutnant hat noch
gelebt. Hat herumgekeift, mir gedroht. Da hab ich ihm den Scheuerhaken an den
Schädel gehauen, erst da war er tot.«

    »Und dann hast du ihm das Stuhlbein …?«

    Lisbeth nickt.
    Willem schlägt die Hände vors Gesicht. »Und die Leiche
hast du ins Moor geschafft?«

    »Nur die Stiefel. Das Fleisch hab ich verfüttert.«

    »Waaas? Wem? Dem Hund?«

    »Den Preußen.« Und dann würgt Lisbeth, als ob sie den
dabei empfundenen Ekel herauskotzen müsse, erzählt, wie sie das Fleisch
ausgebeint, in Salzlake eingelegt und getrocknet hat, wie sie es den
nimmersatten Preußen an ihre fade Kartoffelsuppe gegeben hat …

    Willem packt das Entsetzen. »Hab ich etwa auch davon …?«

    Lisbeth fährt hoch, reißt die trüben Augen auf. »Wo denkst
du hin! Das würde ich niemals tun! Du hast

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