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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Gesicht ging verwundert auf den unerwarteten Besucher zu und bemerkte dabei, dass der andere auch diesmal seinem Wunsch gefolgt war – niemand sollte den fremden Gast am Pferd erkennen.
    »Lass uns ein Stück reiten«, schlug Christian vor.
    Er war sich darüber im Klaren, dass die Seelenqual des fremden Mädchens immer mehr wachsen würde, je länger sie auf ihren Herrn warten musste, damit der wer weiß was mit ihr anstellte. Aber bei diesem Gespräch wollte er keine Zeugen.
    Ekkehart nickte kurz, winkte einen Stallburschen heran und befahl, ein Pferd zu satteln. Binnen kürzester Zeit wurde ihm sein Fuchshengst gebracht.
    In mäßigem Tempo ritten sie schweigend nebeneinander über ein verschneites Feld zu einem Waldstück. Nach einer Viertelmeile brachte Ekkehart seinen kostbaren Hengst zum Stehen. Christian schloss zu ihm auf und tat es ihm gleich.
    »Ich muss erfahren, was damals mit meiner Frau geschehen ist, im Kerker und bei der Wasserprobe«, sagte er ohne Umschweife.
    Als Ekkehart ihn fragend ansah, aber weiterhin schwieg, erklärte Christian seinen überraschenden Besuch: »Sie kann nicht darüber sprechen. Aber ich muss es wissen, wenn ich ihr helfen will, je darüber hinwegzukommen.«
    Ekkehart nickte versonnen, dann saß er ab, band sein Pferd an und lehnte sich gegen eine mächtige Buche, deren kahle Äste mit dicken Hauben aus Schnee bedeckt waren.
    Nachdem auch Christian abgesessen war, begann er zu erzählen.Wie er glaubte, seinen Augen nicht trauen zu können, als er sah, dass Marthe in Ketten in den Bischofspalast geführt wurde. Wie er unauffällig Posten bezog und am nächsten Vormittag hörte, dass die Ausrufer eine Wasserprobe ankündigten. Über die denkwürdige Prozession, bei der Marthe im Büßerhemd und mit unübersehbaren Spuren grausamer Folter zum Elbufer gezerrt wurde. Wie er blitzschnell seinen Plan fasste, unbemerkt von den aufgeregten Leuten einen Wachposten niederschlug, dessen Kleidung anzog und seinen Platz einnahm. Und wie nach der Wasserprobe ein Geistlicher mit schnarrender Stimme und einer scharf gekrümmten Nase erbot, sie umgehend erneut unter Folter zu befragen.
    »Da war mir klar, dass ich sofort handeln musste. Noch einmal hätte sie das nicht überlebt. Dafür war er zu begierig aufs Foltern«, schloss Ekkehart düster.
    Christian hatte gehört, was er hören musste, auch wenn ihm die Einzelheiten bis ins tiefste Innere quälten.
    »Danke«, sagte er. »Ich stehe erneut in deiner Schuld.«
    Dann ritt er zurück nach Hause.
    Währenddessen übergab Ekkehart seinen Hengst den Stallburschen und ging hinauf in seine Kammer für einen erneuten Versuch, seinen Hass und seine unbefriedigte Sehnsucht an dem Mädchen zu stillen, das dort voller Angst auf ihn wartete.
    Doch bald war ihm klar, dass ihm das so nie gelingen würde. Am nächsten Morgen brach er wieder auf nach Meißen.
    Richenza konnte ihren Triumph bei seinem Anblick nur mit Mühe verbergen. Du wolltest vor mir fliehen und bist doch zurückgekehrt, dachte sie. Jetzt kannst du mir nicht mehr entkommen.
     
    Es war schon Nacht, als Christian sein Haus wieder erreichte. Aber er war sicher, dass Till noch nicht schlief. Er fand denSchreiber diesmal in der ansonsten leeren Halle, in düstere Gedanken versunken, den Blick starr auf irgendeinen Punkt in der Ferne gerichtet.
    »Mechthild sagt, dass sie mir mit dem Schöpflöffel eins überzieht, wenn ich es nochmals wage, mich bei dem Wetter draußen in den Schnee zu hocken und die Zeit zu vergessen«, meinte er mit gequältem Lächeln, als er Christian bemerkte.
    »Nun, wer von uns fürchtet ihren Zorn nicht?«, meinte Christian mit leichtem Spott. Dabei war er froh, dass die Köchin ein wachsames Auge auf alle ihre Schützlinge hatte.
    Der Schreiber besann sich und fragte, ob Christian etwas Heißes zu trinken haben wolle.
    »Lass uns in die Küche gehen und nachsehen, was sich dort findet«, sagte Christian und vergewisserte sich, dass Till ihm folgte. Sie schenkten sich jeder einen Becher Bier ein und tranken schweigend.
    In die Stille hinein fragte Christian: »Als du in Meißen warst, um nach einem Kaplan Ausschau zu halten, hast du da etwas über diesen Mann gehört?« So ausführlich er konnte, beschrieb er Marthes Peiniger.
    Er war nicht überrascht, als Till sofort nickte und sich sein Gesicht noch mehr verdüsterte.
    Der einstige Spielmann hatte sich im Herbst auf Christians Bitte hin für mehrere Wochen in Meißen einquartiert, um einen geeigneten Kaplan zu

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