Die Spur der Hebamme
vors Kirchengericht. Und noch einmal kommt sie nicht davon.«
Unmittelbar vor dem Aufbruch der schwerbewaffneten Eskorte rief Christian Konrad und Jakob zu sich. Erwartungsvoll stellten sich die beiden Knappen vor ihm auf, denn sie hofften, diesmal mit ihm reiten zu dürfen.
»Ich habe hier einen wichtigen Auftrag für euch«, sagte er und ignorierte die Enttäuschung auf ihren Gesichtern.
»Einen wirklich wichtigen Auftrag«, sagte er scharf, »für den es womöglich mehr Mut braucht als für den Schutz des Silbers.«
Diese Ankündigung weckte unverhohlene Neugier bei den angehenden Rittern.
»Ihr könnt Euch voll und ganz auf uns verlassen, Herr«, sagte Konrad, bemüht, seine Stimme etwas tiefer als sonst klingen zu lassen.
»Das muss ich auch. Ihr sollt dafür sorgen, dass der neue Pater auf keinen Fall« – er blickte Konrad in die Augen, während er wiederholte –, »auf keinen Fall in die Nähe meiner Frau kommt, geschweige denn mit ihr sprechen kann.«
Die beiden begriffen sofort und nickten.
»Ich weiß, es ist ein heikler Auftrag. Aber ihr könnt euch auf mich berufen. Sagt, ich hätte es befohlen. Ich werde jede Strafe auf mich nehmen, ihr habt mein Wort.«
Er legte jedem eine Hand auf die Schulter. »Ich denke nicht, dass es so weit kommt. Postiert euch in der Halle. Wenn er zu ihr will, dann sagt, sie schläft und ich hätte befohlen, sie unter keinen Umständen zu wecken.«
Diesen Auftrag würden die beiden Knappen sogar besser erfüllen können als ein paar Wachen. Konrad beherrschte als Sohn eines Markgrafen das herrschaftliche Gebaren, um selbst einem Priester Paroli zu bieten. Und Christian hoffte, dass sich auch Jakob für solche Situationen genug von seinem unerbittlichen Vater abgeschaut hatte.
Wie Christian es vorausgesehen hatte, kam Pater Sebastian zum Herrenhaus, kaum dass die bewaffnete Eskorte mit dem Silber außer Sichtweite war.
»Führ mich zu der Kranken, ich will mit ihr beten«, befahl er Marie, die ihm, Clara auf dem Arm, als Erste über den Weg lief. Das Mädchen erschrak und sah sich hilfesuchend nach Konrad und Jakob um. Die waren schon Schulter an Schulter nebeneinandergetreten und versperrten den Zugang zu der Treppe, die nach oben in die Kemenate führt.
»Die Dame des Hauses ist sehr krank und schläft, Pater. Unser Herr hat angeordnet, dass niemand sie stören darf«, sagte Konrad höflich.
»Ich störe nicht, mein Sohn, sondern ich kümmere mich um ihr Seelenheil«, erwiderte der Pater salbungsvoll. »Sie ist eine verirrte Seele und braucht geistlichen Beistand.«
»Verzeiht, Pater, aber wir haben den ausdrücklichen Befehl, niemanden zu ihr zu lassen, wer immer es auch sei«, erwiderte der Sohn von Markgraf Dietrich immer noch höflich, aber entschieden.
»Ich empfange meine Befehle von einem höheren Herrn, also gehorcht gefälligst«, fuhr Sebastian ihn an.
Konrad und Jakob wechselten einen kurzen Blick, dann rückten sie noch eine Handbreit zusammen, fest entschlossen, ihm den Zugang zu verwehren.
»Es tut mir leid, Pater, aber das müsst Ihr mit unserem Dienstherrn persönlich besprechen«, sagte Konrad in einem Tonfall, den er sich von seinem Vater abgeschaut hatte, wenn dieser jemanden höflich, aber mit aller Autorität und endgültig in die Schranken wies. »So Gott will, kommt er morgen zurück. Ihr könnt gern in der Halle auf ihn warten.«
Sebastian wollte auffahren, doch er sah, dass Konrad wie zufällig die Hand am Griff seines Dolches hatte und dass auchJakob bewaffnet war. Sie würden es zwar nicht wagen, die Waffe gegen einen Mann Gottes zu richten, aber einfach beiseiteschieben konnte er sie auch nicht. Er überschlug seine Chancen, an den beiden entschlossen wirkenden, hochgewachsenen und in täglichen Übungskämpfen ausgebildeten Knappen vorbeizukommen, und erkannte, dass er für diesmal verloren hatte.
Er konnte ihnen mit Exkommunikation drohen. Aber er wusste, einer der Aufsässigen war der Neffe des Markgrafen, der andere entstammte ebenfalls einem alteingesessenen, angesehenen Geschlecht. Um schon in den ersten Tagen in seiner Pfarre eine solche Machtprobe zu wagen, für die er die uneingeschränkte Rückendeckung des Bischofs brauchte, war seine Position noch nicht sicher genug.
Im Augenblick konnte er wohl nur noch für seinen würdevollen Abgang sorgen. Abrechnen mit diesen beiden aufrührerischen Burschen würde er später.
Bedauerlich, dass er jetzt nicht zu diesem Weib kam, um es in seiner ganzen Verderbtheit zu
Weitere Kostenlose Bücher