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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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abtrennte, kampfunfähig, und hieb dann, Rücken an Rücken mit Lukas, auf die immer wieder neu anstürmenden Gegner ein.
    Als das Kampfgetümmel allmählich erstarb, sah Christian aus dem Augenwinkel eine Bewegung im Dickicht. Ohne zu zögern, setzte er nach. Als sich der Fliehende kurz nach seinem Verfolger umdrehte, kam Christian sein Gesicht vage bekannt vor – kein Mann, sondern ein magerer junger Bursche. Er hieb mit der flachen Seite seines Schwertes auf den Unterschenkel des Jungen. Der Knochen brach mit einem Knacken, der Bursche stürzte schreiend zu Boden und umklammerte sein Bein. Dann sah er ängstlich zu Christian auf und erwartete den Todesstreich. Doch der Ritter lief bereits zurück zu seinen Kampfgefährten.
    Der Junge würde nicht verbluten, aber auch nicht weit kommen, wenn er noch fliehen wollte. Um ihn konnte er sich kümmern, wenn keiner seiner Männer mehr Hilfe brauchte. Schließlich war der Kampf vorbei.
    Die Kisten mit den Silberkuchen, wie die Schmelzer die handtellergroßen runden Barren nannten, die sie aus dem Erz gewannen, waren unversehrt. Doch das galt nicht für alle seine Männer und Pferde.
    Christian schickte jemanden aus, um den Burschen mit demgebrochenen Bein herbeizuholen, damit er ihn befragen konnte. Dann ging er zu Herwart, um sich einen Überblick über die Zahl der Toten und die Schwere der Verletzungen zu verschaffen.
    Herwart gab Befehl, die toten Wegelagerer auf einen Haufen zu stapeln und eine Grube auszuheben. Sie mussten sie unter die Erde bringen, damit ihre Geister nicht umgingen.
    Richard blutete heftig am linken Oberarm. Ein Armbrustbolzen hatte sein Kettenhemd glatt durchschossen. »Zum Glück nicht der Schwertarm«, meinte er mit zusammengebissenen Zähnen, während ihm jemand einen straffen Verband anlegte, um die Blutung zum Stillstand zu bringen. Christian hatte schon vor Monaten darauf bestanden, dass seine Männer von Marthe lernten, Kampfverletzungen wenigstens notdürftig zu behandeln und im Notfall als Feldscher einzuspringen. Ein Vorrat an Verbänden und Heilmitteln gehörte stets zu ihrem Gepäck.
    Einen seiner Männer hatte ein Pfeil direkt ins Auge getroffen. Er hatte seinen letzten Atemzug bereits getan, als Christian zu ihm kam. Ein anderer lag stöhnend am Boden. Lukas kniete an seiner Seite. Ein Blick sagte Christian, dass der Mann nicht mehr zu retten war. Ein Streitkolben hatte die rechte Schläfe und das halbe Gesicht zerschmettert. Christian hockte sich zu ihm und griff nach der Hand des jungen Mannes.
    »Mir ist so kalt«, sagte der Bursche zähneklappernd, während er die Hand des Ritters umklammerte. In seinen Augen stand die Angst vor dem Sterben.
    »Du hast mutig gekämpft«, sagte Christian leise. »Gott wird es dir lohnen.« Der tödlich Getroffene atmete krampfhaft, bis ein Zittern durch seinen Körper ging und er erschlaffte. Seine glasigen Augen waren starr auf Christian gerichtet.
    Der schlug ein Kreuz und stand auf.
    Herwart trat neben ihn. »Wir haben drei Pferde verloren, Herr. Und …« Mit dem Kopf wies er auf Drago, der sich immer noch am Boden wälzte und nicht hochkam.
    Mit düsterer Miene griff Christian nach seinem Dolch und ging zu dem Grauschimmel, der ihm viele Jahre lang treu gedient hatte und bald sein Gnadenbrot bekommen sollte. Die Vorderhand war unverkennbar gebrochen.
    Beruhigend sprach er auf den Hengst ein, während er sich ihm näherte. Er kniete sich hinter den Kopf des Tieres und hielt ihn fest. Als er zögerte, fiel ein Schatten auf ihn.
    »Soll ich es für dich tun?«, fragte Lukas leise, der zu ihm getreten war.
    Wortlos schüttelte Christian den Kopf. So bitter ihn diese Pflicht auch ankam, es war sein Hengst, er musste es selbst zu Ende bringen.
    Mit einer entschlossenen Bewegung zog er die Klinge durch Dragos Kehle. Das Tier bäumte sich auf und schlug mit den Beinen heftig aus, aber der Todesschrei erstickte in Blut.
    Von düsteren Gedanken erfüllt, wartete Christian, bis alles Leben aus seinem vierbeinigen Gefährten geflossen war.
    Dann stieß er den Dolch in den Boden, um ihn zu säubern, und stand auf. Wie durch einen Schleier sah er, dass seine Männer auf ihn gewartet hatten.
    Unterdessen war der junge Wegelagerer mit dem verletzten Bein herbeigeschafft worden.
    Herwart räusperte sich. »Es waren fünf Dutzend Mann. Der hier ist als Einziger noch am Leben. Was sollen wir mit ihm machen?«
    Sechzig Mann, dachte Christian. Eine halbe Armee. Wo kam die her, mitten im Wald? Wer hat sie

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