Die Spur der Hebamme
Kleider und sammelte die blutverschmierte Kleidung auf, um sie zu waschen.
Dann ging Christian, um wieder nach seinen Männern zu sehen und sich zu vergewissern, dass die Verwundeten gut versorgt wurden.
Gero hatte inzwischen veranlasst, dass die Toten gewaschen und aufgebahrt wurden. Einer hatte keine Familie, der andere war erst kurz zuvor als Verstärkung aus Meißen nach Christiansdorf gekommen.
»Erkundige dich, ob er hier Angehörige hat«, bat Christian Herwart. »Sie werden Unterstützung brauchen.«
Herwart nickte und stapfte los.
Während die anderen Verletzten je nach Beschaffenheit ihrerWunden vom Wundarzt oder ein paar geschickten Mägden versorgt wurden und sich dann in der Halle etwas zu essen und zu trinken bringen ließen, hatte Richard trotz seiner Verwundung darauf bestanden zu bleiben. Er rechnete damit, wie auch die anderen Ritter der Eskorte zum Markgrafen gerufen zu werden. Den verletzten Arm trug er inzwischen in einer Schlinge.
»Gib mir dein Kettenhemd. Ich werde sehen, ob der hiesige Waffenschmied es bis morgen in Ordnung bringen kann«, meinte Christian. Düster fügte er hinzu: »Ich sollte dich wohl besser entlohnen, damit du dir ein stärkeres leisten kannst.«
»Erst einmal brauchst du Geld für ein neues Pferd«, erinnerte ihn Richard. Mit einem gequälten Scherz versuchte er den Freund abzulenken. »Dann kann ich eben nicht mehr jeden Pfennig ins Hurenhaus tragen.«
Er bemerkte Christians prüfenden, besorgten Blick.
»Wenigstens haben sie jetzt hier einen Wundarzt, der sein Handwerk zu verstehen scheint.«
Gemeinsam mit seinen Männern besuchte Christian die Abendmesse im Dom, um für das Seelenheil ihrer beiden Toten zu beten und Gott dafür zu danken, dass sie selbst noch lebten. Danach ging er mit Lukas, Gero und Richard wie befohlen zu Markgraf Otto.
Neben Otto saß Hedwig, deren Körper durch die fortgeschrittene Schwangerschaft beträchtlich angeschwollen war. Sie wirkte besorgt und erschöpft. An ihrer Seite stand ein Mann von kaum mehr als zwanzig Jahren in betont schlichter, aber aus edlem Material gefertigter Kleidung: ihr Schwiegersohn Ulrich, der Sohn des einstigen Böhmenkönigs Sobeslaw. Christian schoss der Gedanke durch den Kopf, wie es für den jungen Mann wohl sein mochte, mit einer Vierjährigen verheiratet zusein und noch fast zehn Jahre auf den Vollzug der Ehe warten zu müssen. Aber dann schob er den Gedanken beiseite. Der junge Ulrich würde sich schon zu trösten wissen. Er selbst hatte jetzt dringendere Sorgen.
Wie aufs Stichwort betrat Randolf die Halle.
»Was habt Ihr aus dem Gefangenen herausbekommen?«, fragte Otto sofort.
»Nichts. Der Kerl ist mir unter den Händen verreckt, ehe er in Plauderstimmung kam«, meinte der Hüne bedauernd.
Christian und Lukas wechselten einen kurzen Blick miteinander. Entweder verschwieg Randolf etwas, oder er hatte sich den Burschen gleich so hart vorgenommen, dass der gar nicht erst zum Reden kam. Niemand starb so schnell an einem gebrochenen Bein. Und unter der Folter sprach jeder, wenn man es darauf anlegte. Jeder.
Zu dumm, dass sie unterwegs keine Zeit gehabt hatten, den Jungen gründlich zu verhören. Aber die kostbare Ladung vor Einbruch der Nacht bis in die Stadt zu schaffen war dringlicher gewesen.
Otto war unzufrieden mit Randolfs Auskunft. »Beim nächsten Mal geht gefälligst etwas bedachter vor«, knurrte er.
Grimmig sah er in die Runde. »Was wissen wir über diese Bande?« Christian trat vor. Er hatte vor der Messe mit Herwart und seinen Rittern beraten, wie all das zusammenpassen konnte.
»Einige der Angreifer gehörten einst zu einem Mann namens Melchior, der im Frühjahr aus unserem Dorf verbannt wurde. Wir vermuten, dass er eine Bande um sich geschart hat. Er kannte sich im Dorf aus und muss sich mit einem bewaffneten Trupp zusammengeschlossen haben. Aber wer eine Armee von dieser Größe ausgesandt hat, wissen wir nicht.«
»Hättet Ihr diesen Melchior im Frühjahr gehängt, wäre uns eine Menge Ärger erspart geblieben«, hielt Otto ihm schlechtgelaunt vor.
»Für ein Halsgericht gab es damals keine Handhabe«, widersprach Christian.
»Da seht Ihr es wieder – das halbe Dorf besteht aus Spitzbuben«, mischte sich Randolf ein. »Unter Christians Herrschaft kann das Bauernpack anscheinend tun und lassen, was es will. Es braucht eine eiserne Hand!«
»Dafür wirst du sorgen, wie ich dich kenne«, hielt Christian ihm zynisch entgegen. »Gib nur acht, dass du die Einwohnerschaft
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