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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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immer noch schön war.
    »Ich werde dafür sorgen, dass die beiden diesmal nicht aneinandergeraten. Ich lasse sie einen heiligen Eid schwören«, versprach Otto.
    Sie beantwortete seinen Blick mit einem angedeuteten Lächeln und wusste schon, was nun kommen würde.
    Doch das Begehren, das er früher bei solchen Gelegenheiten in ihr schüren konnte, war erloschen.
    Aber das durfte sie sich um nichts in der Welt anmerken lassen, denn nur an Ottos Seite konnte sie gegen die Anfeindungen und Intrigen am Hof bestehen. Also schloss sie die Augen undträumte von einem anderen Gesicht, als Otto sie auf das Laken drückte.
     
    Wie jedes Mal war Christian beeindruckt, als er durch Goslar ritt. Die starken Stadtmauern, Türme und Tore, die vielen Kirchen und die eng bebauten, gewundenen Gassen kündeten von Wohlstand und Stärke der Kaiserstadt, die durch die Erzfunde reich geworden war.
    Als der Staufer Friedrich Kaiser wurde, hatte er seinem Neffen und ebenbürtigen Thronanwärter Heinrich dem Löwen Goslar überlassen – zum Ausgleich dafür, dass er ihm mit dem Herzogtum Sachsen nicht auch noch sofort Bayern zurückgeben konnte wie versprochen. Doch nach der Revolte der sächsischen Fürsten gegen Heinrich hatte der Kaiser vor fünf Jahren die reiche Stadt vom Löwen als Gegenpfand dafür zurückgefordert, dass er ihn gegen seine Feinde unterstützte.
    Christian erinnerte sich noch gut an den genüsslichen Spott, mit dem Otto damals den Umstand kommentierte, dass Herzog Heinrich die Erzgruben als Geldquelle verlor, während er selbst welche anlegen ließ.
    So wohlhabend und gut geschützt wünschte ich mir mein Dorf, dachte er. Markgraf Otto hatte bereits angesichts der ersten Silberfunde den Gedanken laut geäußert, aus Christiansdorf könnte einmal eine starke, reiche Stadt werden. Er hatte sich sogar schon einen Namen dafür ausgedacht: Die Stadt am freien Berge.
    Ob es je dazu kommen wird?, fragte sich Christian. Wenn das Dorf weiter so schnell wuchs, konnte es sogar noch zu seinen Lebzeiten geschehen, sollte er nicht bald in einem Kampf fallen. Andererseits bildeten sich Städte an großen Furten oder Handelsstraßen und nicht mitten im Wald nur aufgrund einiger Erzgruben und Schmelzhütten.
    Als Christian seinen Hengst zur prachtvollen Kaiserpfalz lenkte, hielt er Ausschau nach bekannten Gesichtern. Doch statt seiner Freunde – oder Feinde – war Ottos jüngerer Bruder Dietrich von Landsberg der Erste, der ihn ansprach, nachdem er sein Pferd eingestellt hatte.
    Christian verneigte sich ehrerbietig vor dem Markgrafen der Ostmark. Er stand tief in Dietrichs Schuld, denn dieser hatte vor reichlich drei Jahren dank Marthes und Lukas’ mutigem Einsatz mitgeholfen, dass ihn, Christian, seine Freunde aus Randolfs Kerker befreien konnten.
    »Ich muss Euch sprechen, Christian«, begann Dietrich ohne Umschweife. »Begleitet mich in mein Quartier.«
    Dort angekommen, schickte Dietrich alle anderen Anwesenden hinaus. Christian suchte in den Zügen des Markgrafen zu erkennen, was dieser von ihm wollte. Trotz der Familienähnlichkeit Dietrichs mit Otto – beide hatten ausdrucksstarke, kantige Gesichter und das gleiche schwarze Haar, auch wenn Ottos nun ergraute –, waren sie von Statur und Wesen grundverschieden. Otto war stämmig und oft mürrisch, seine Zornausbrüche waren gefürchtet. Der zehn Jahre jüngere Dietrich hingegen war schlank gebaut, bewegte sich mit der Geschmeidigkeit einer Raubkatze und besaß nach den vielen Jahren, die er im Gefolge des Kaisers zugebracht hatte, vollendete Manieren.
    Auch jetzt blieben seine Gesichtszüge völlig beherrscht.
    »Ich weiß, nach wem Ihr hier Ausschau haltet«, sagte Markgraf Dietrich, als sie allein waren. »Und ich muss Euch darauf vorbereiten, dass Ihr ihn bald zu Gesicht bekommen werdet.«
    Er richtete seinen Blick auf Christians Hand, die sich unwillkürlich an den Griff seines Schwertes gelegt hatte.
    »Fasst Euch«, ermahnte er ihn streng. »Ich kann mir vorstellen, wie Euch zumute sein muss. Doch Ihr dürft nicht einen Mann angreifen, der ein Jahr lang im Heiligen Land Pilgerfahrer mitdem Schwert beschützt und dort sogar eine kostbare Reliquie erworben hat. Wenn Euch Euer Leben, das Eurer Familie und Euer Dorf etwas bedeuten, dann beherrscht Euren Zorn«, sagte er, nun mit Schärfe in der Stimme.
    Christian atmete tief durch und schwieg. Sollte es ihm wieder verwehrt bleiben, seinen Feind zum Zweikampf zu fordern und sich dafür zu rächen, was er Marthe angetan

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