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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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gerufen.
     
    So froh Hedwig sonst über Marthes Kommen gewesen wäre, diesmal fürchtete sie die Begegnung mit der hellsichtigen jungen Frau. Würde sie ihr Geheimnis erraten? Doch Otto hatte befohlen, dass Marthe nach ihr sah, weil sie trotz ihres neuen Standes weiterhin als Wehmutter arbeitete und dabei den besten Ruf hatte.
    Auf dem ganzen Burgberg wurde schon darüber gewispert und gerätselt, welche fürchterliche Sünde Markgraf Dietrich wohl begangen haben mochte, der vor zwei Tagen hier eingetroffen war, mit Verweis auf eine auferlegte Buße striktes Fasten einhielt und jede Nacht längere Zeit in der Kapelle zubrachte.
    Und sie selbst fürchtete nichts mehr, als sich durch einen Blick zu verraten, wenn sie mit ihm in einem Raum war. Auf dem Burgberg konnten sie nie allein sein. Es kostete sie alle Kraft, ander Tafel neben ihm zu sitzen oder ihn anzusehen, ohne ihm in die Arme zu fallen und ihn zu küssen, ihn in ihr Bett zu ziehen und in die Welt hinauszuschreien, dass sie ihn mehr als alles sonst liebte.
    Dietrich erging es nicht anders, das wusste sie. Nach außen hin höflicher Schwager, sagten ihr die Art, wie er zur Begrüßung ihre Hand berührte, die leidenschaftlichen Blicke, die er ihr schenkte, wenn er den Hofstaat in seinem Rücken und nicht vor sich hatte, dass er sie liebte und begehrte.
    Aber was mochte in ihm vorgehen, wenn er ihren anschwellenden Leib sah? Musste sich ihm nicht das Bild aufdrängen, wie sein Bruder von ihr Besitz ergriff?
    Wie lange konnte das noch gutgehen? Wie lange konnten sie ihr Geheimnis noch vor der Welt verbergen? Und vor allem – wann endlich konnten sie wieder ohne Zeugen zusammen sein?
    Als wäre das nicht alles schon schlimm genug, strafte Gott sie für ihre furchtbare Sünde auch noch mit dieser schwierigen Schwangerschaft. Was wuchs da in ihrem Leib heran? Sie war verdammt, verdammt wegen eines einzigen Nachmittags des Glücks.
    Vielleicht sollte sie das Gespräch mit der hellsichtigen Heilerin besser unter vier Augen führen.
    »Lasst uns allein«, befahl sie den Frauen, die ihr in der Kemenate Gesellschaft leisten sollten und sofort gehorchten.
    Hedwig nahm sich zusammen und schenkte Marthe ein hintergründiges Lächeln. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass der erste Auftritt des künftigen Burgvogts in Ritter Christians Dorf zu Euren Gunsten ausgegangen ist.«
    Ihre Worte ließen Marthe aufatmen. Das klang nicht danach, als wollte Otto ihrem Mann sein Vorgehen gegen Randolfs Knecht vorwerfen. Doch sie war erschrocken über Hedwigs Aussehen:Das Gesicht der Markgräfin war schmal geworden, ihre Augen waren tief umschattet. Marthe spürte, dass der Kummer wie eine dunkle Wolke über Hedwig hing und sie niederdrückte. Und ein sicheres Gefühl sagte ihr, dass dieser Kummer nicht nur von der schwierigen Schwangerschaft herrührte.
    »Erzählt mit alles – bis in die letzte Kleinigkeit«, meinte Hedwig in verschwörerischem Ton.
    Sie ist also nicht bereit, gänzlich in ihrem Leid zu versinken, dachte Marthe erleichtert. Und ihr selbst blieb noch genug Zeit, um über das heikle Problem nachzudenken, wie sie weitere Schwangerschaften verhindern konnten. Zuerst einmal musste die Markgräfin diese überstehen.
    Als Marthe zu Ende erzählt hatte, herrschte eine Weile Schweigen im Raum. Schließlich sagte Hedwig leise, fast flehend: »Ich brauche deine Hilfe. Der ganze Hofstaat zerreißt sich schon das Maul darüber, dass mir diese Schwangerschaft nicht bekommt. Und die meisten Klatschmäuler reiben sich die Hände, weil ich mich nun kaum noch um Ottos Angelegenheiten kümmern kann. Hilf mir, das zu überstehen! Hilf mir, dass ich weiter meine Aufgaben erfüllen kann!«
    »Jeder andere würde Euch zuerst raten, Euch zu schonen …«, begann Marthe vorsichtig. Sie ahnte, dass Hedwig genau diesen Rat nicht annehmen würde, nicht annehmen konnte.
    »Das Recht dazu ist einer Fürstin nicht gegeben«, hielt ihr Hedwig mit einer Spur früheren Stolzes entgegen. »Und im Moment werde ich mehr denn je gebraucht.«
    Die Markgräfin starrte geradeaus, auf einen unbestimmten Punkt in der Ferne, und senkte die Stimme noch mehr. »Otto ist unleidlich durch sein Zahnweh und das Reißen in seinen Gliedern. Er trifft Entscheidungen aus einer Laune heraus, und aus einigen kann nur Unheil erwachsen. Nicht zuletzt, was Euer Dorf betrifft. Ihr wisst es genauso gut wie ich. Ich mussmeinen Einfluss auf ihn zurückgewinnen, meine Kraft und meine Stärke.«
    Und meinen Widerwillen gegen ihn

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