Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)
möge seine sündhafte Seele verschonen. Doch so eifrig er auch bat, er wusste, dass ihn niemand hörte. Mit Sündern wie ihm hatte Gott die Geduld verloren. Jetzt schritt Er zur Rache.
Gudrun war tot.
Teils hatte er gehofft, dass die alte Hexe einfach auf und davon gegangen war, und er irgendwann einen hämischen Brief aus Monte Carlo oder Martinique erhalten würde. Und das wäre ihm sogar egal gewesen, denn das hätte den Ermittlungen der Polizei endlich ein Ende gesetzt. Doch Extravaganz war niemals Gudruns Stil gewesen. In seinem Innersten hatte er von Anfang an gewusst, dass sie verschwunden war. Sie musste wohl jemanden mit ihren Geldforderungen zu sehr bedrängt haben – und das hatte sie das Leben gekostet.
Er war überzeugt, dass es ihn jetzt auch alles kosten würde.
Während er im Dunkel der Kirche kniete, sann Willem auch über die Abfindung nach, die Spurling Developments ihnen versprochen hatte. Das war mehr Geld, als er sich jemals hätte vorstellen können. Aber vielleicht waren genau das die dreißig Silberlinge, die sie schließlich in den Abgrund, in die ewige Verdammnis gestürzt hatten?
Sobald die Polizei herausfand, dass Gudrun und er vereinbart hatten, die eine Million Dollar unter sich aufzuteilen, würde es nur noch einen geben, den sie des Mordes an der Nonne verdächtigten.
Welche Ironie des Schicksals, dachte er. Noch vor wenigen Jahren hatte er tatsächlich mit seinem Glauben gehadert. In einer mittelmäßigen holländischen Stadt wie Delft, wo er in der lutherischen Kirche vor einer Gemeinde von nicht mal zehn Leutchen gepredigt hatte, war es auch kein Wunder, dass man sich fragte, ob sich das Weitermachen lohnte. Wäre er einfach seinem Instinkt gefolgt und hätte die Kirche verlassen, wäre das alles nicht passiert.
Doch dann hatte er die Anzeige im Bistumsblatt entdeckt: Freiwillige für Missionsarbeit in Afrika gesucht. Und auf einmal hatte er gewusst, das war die Chance, um die er gebetet hatte. Wenn er seinen Glauben an einen barmherzigen Gott jemals wiederfinden wollte, dann hier.
Drei Monate später wurde er zu einer Missionsstation in einem kleinen Dorf am Ufer des Victoria-Sees geschickt. Im Hause eines niederländischen Geschäftsmannes, der sein Vermögen mit Mineralienexporten gemacht hatte, hatte Willem seine Erleuchtung. Die Gattin des Unternehmers, eine verblühte Frau jenseits der Wechseljahre, deren Leben sich um Wellness-Behandlungen, Whirlpool-Partys und Ferngespräche mit ihren erwachsenen Kindern in der Heimat drehte, sah ihn flehentlich an und sagte: »Sie wollen eine Schule für die Waisenkinder? Wie viel brauchen Sie, Bruder Willem?«
Und Bruder Willem, der genau wusste, dass Bau und Einrichtung einer praktischen Dorfschule nicht mehr als fünftausend Dollar kosten würden, sah der traurigen, stinkreichen Matrone in die Augen und antwortete: »Zehntausend Dollar.«
Danach war es einfach. In sämtlichen Dörfern der Nyanza-Provinz schossen neue Kirchen, Schulen und Gemeindezentren aus dem Boden. Fast jeden Monat gab es eine große Eröffnungszeremonie, bei der ein grinsender, von Schuldgefühlen geplagter Nabob das Band durchschnitt, um ein Gebäude zu eröffnen, das seinen Namen trug. Diese Leute überprüften die Zahlen nie, denn damit hätten sie ja die Rechtschaffenheit der Kirche in Frage gestellt. Doch Geld war sowieso kein Thema – für sie zählte nur, dass sie durch ihre Wohltätigkeit vergaßen, wie sie reich geworden waren – nämlich durch die Ausbeutung der Armen.
In der Zwischenzeit ächzten Bruder Willems geheime Bankkonten unter dem ganzen Geld, das er bei jedem Projekt für sich abzweigte. Es war lächerlich einfach. So einfach, dass es ihm nie in den Sinn kam, jemand könnte vor ihm dieselbe Idee gehabt haben.
O Gott, ich bereue von Herzen, dass ich dich beleidigt habe, und ich verabscheue meine Sünden, denn ich fürchte, dein Himmelreich nie schauen zu dürfen, sondern den Qualen der Hölle anheimzufallen. Aber vor allem bereue ich, weil ich damit dich beleidigt habe, mein Gott, der du so gut und all meiner Liebe würdig bist.
Die Kirchentür flog auf, und das Tageslicht flutete ins Innere. Willem kniff die Augen zusammen und sah, wie sich rasch die Silhouette einer großen Gestalt näherte. Zwei Hände packten ihn an seinem Talar und schoben ihn rücklings gegen den provisorischen Altar, so dass Kerzen und ein Stapel Gebetbücher zu Boden polterten.
»Sie sind nicht ehrlich zu mir gewesen, Bruder Willem«, schalt Mwangi,
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