Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)
dreihundert Metern Entfernung zerriss Walkers Kugel dem Tier Herz und Lungen und trat direkt über seinem rechten Schulterblatt wieder aus. Schiere Nervenimpulse und Urinstinkte ließen das Tier noch dreißig Meter durchs hohe Gras laufen, doch es war schon tot, bevor es endgültig zusammenbrach.
Das Echo des Schusses musste meilenweit zu hören sein, bis hin zum Felsvorsprung auf dem Hügel im Osten und bis zur Spurling-Ranch, die sich ins Tal schmiegte. Doch das große Haus war ja jetzt leer.
Dank Bobby …
Schon als kleiner Junge hatte Bobby Spurling immer etwas Seltsames an sich gehabt: ein verrücktes Funkeln in den Augen. Und als er älter wurde, erinnerte er Frank ungeheuer an die Maulhelden und Schlägertypen in Glasgow, die Art Junge, der sich für unberührbar hielt, weil sein großer Bruder Bandenführer in Ruchazie oder Easterhouse war. Und wie alle kampferprobten, sentimentalen alten Männer war Clay Spurling völlig blind für die Charakterfehler seines Sohnes. In seinen Augen konnte Bobby überhaupt nichts falsch machen, und er verwöhnte ihn mit Sportwagen und Apartments und einem Taschengeld, mit dem der Junge sich so viel Koks und Nutten leisten konnte, wie er nur wollte.
Doch er war nicht dumm. Vor fünf Jahren hatte Clay Frank zum Betriebsleiter der Küstenregion ernannt, und Frank nahm an, weil er dem alten Mann gegenüber nicht undankbar sein wollte. Der damals achtzehnjährige Bobby hatte zu viel anderes im Kopf, um sich groß um diese Beförderung zu scheren. Er war gerade in England, angeblich zu Studienzwecken, aber in Wirklichkeit führte er mit dem Geld seines Vaters ein Playboy-Leben. Als er mit einundzwanzig von seinen ausschweifenden Europareisen nach Mombasa zurückkehrte, erwartete er, direkt auf einem hohen Posten im Familienunternehmen zu landen. Da musste Bobby zu seinem Entsetzen vernehmen, dass Clay beschlossen hatte, ihn als stellvertretenden Vorarbeiter auf eine Baustelle in Lamu zu schicken. Auf diese Art könne er Erfahrung sammeln, erklärte Clay, und den anderen in der Firma zeigen, dass bei Spurling Developments keine Vetternwirtschaft herrschte.
Natürlich hatte Bobby sich dieser Sichtweise nicht angeschlossen. Für ihn war es die pure Demütigung. Und im Innersten seines kranken Gehirns bezichtigte er Frank, seinen Vater gegen ihn aufgebracht zu haben.
Am östlichen Horizont konnte Frank bereits die Staubwolke erkennen, die hinter den Rädern von Malachis Jeep aufwirbelte. Seine Gäste waren also unterwegs. Bis er selbst beim Lager angekommen war, würde der alte Wildhüter schon ein Feuer gemacht und den abgestoßenen Kaffeekessel aufgesetzt haben. Frank Walker hegte gewisse Zweifel, ob Jake Moore oder sein Freund, Inspector Daniel Jouma, solch kümmerliche Gastfreundschaft zu schätzen wissen würden, doch für ihn war es der reinste Himmel, das Leben, das er sich immer gewünscht hatte.
Aber nun war Clay Spurling tot, und Bobby hatte ihn umgebracht – und der Schotte wusste, solange diese Ungerechtigkeit nicht gesühnt war, würde er seines Lebens nicht mehr froh werden.
Er schulterte sein Gewehr und machte sich auf den Weg zum Lager.
71
S uperintendent Elizabeth Simba hatte in ihrer Karriere eine ganze Weile im Dienste der geldschweren weißen Elite von Nairobi gearbeitet, also war sie durchaus vertraut mit den Sicherheitstoren und der Askari -geschützten Paranoia, in der die Einwohner der Enklave Whispering Pines bei Shanzu Beach ihr Leben verbrachten.
»Wer hat sie gefunden?«, wollte sie wissen, als sie durch die Terrassentür einer der teureren Villen direkt am Strand trat.
»Das Zimmermädchen.«
»Wissen wir, wer die beiden sind?«
»Der auf dem Sofa heißt Isidro Velazquez. Mexikanischer Staatsbürger, arbeitet in einer Bar in der Altstadt.«
»Und der andere?«
»William Fearon. Geschäftsführer von Spurling Developments.«
Simba bedankte sich bei dem uniformierten Polizisten und machte ihm ein Kompliment wegen seiner professionellen Vorgehensweise. Tatsächlich war so etwas eine Seltenheit – der Mann hatte nicht nur die wichtigsten persönlichen Angaben zu den beiden Toten eruiert, sondern auch den Tatort gesichert, bevor die übliche Invasion dilettantischer Stiefelträger erfolgen konnte.
Nach dem überraschten Gesichtsausdruck und den aufgerissenen Augen zu schließen, war Isidro Velazquez in der Sekunde gestorben, als das Küchenmesser in seine Brust drang. Eine erste Überprüfung des Tatorts bestätigte, dass tatsächlich ein
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