Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)
Sekretärin durch die Sprechanlage auf dem Schreibtisch, »sagen Sie all meine Termine für heute ab, okay? Hier ist leider ein Problem aufgetaucht.«
»Natürlich, Sir. Darf ich fragen, wann Sie wieder zurück sind?«
»Oh, ich fahre nicht weg. Ich hab hier nur einen Stapel Papierkram, den ich in Ruhe bearbeiten muss.«
»In Ordnung, Mr.Craven.«
Das arme Mädchen. Sie hatte keine Ahnung von dem unmittelbar bevorstehenden Blutbad.
»Ach, noch etwas, Maureen.«
»Ja, Mr.Craven?«
»Glauben Sie, bei der Polizei von Mombasa haben sie schon E-Mail?«
Vom Shanzu Beach war es nicht weit zum Tamarind Restaurant in Nyali. Als sie die beiden antraf, saßen Mugo und Obbo gerade auf der Dhau, die am Anlegesteg des Restaurants ankerte, und widmeten sich einem heiteren Austernessen.
»Superintendent Simba – kommen Sie doch her und setzen Sie sich zu uns!«, rief Mugo. Ein langer Käsefaden lief von der zarten Austernschale in seiner Hand zu seiner sabbernden Unterlippe.
»Ich nehme an, Sie haben schon von Abdelbassir Hossain gehört, Inspector Mugo?«, fragte sie.
Mugo lächelte Obbo an, der gerade geziert seine Hummercremesuppe löffelte. »Frederick?«
»Uns ist da so ein Gerücht zu Ohren gekommen«, meinte der Handlanger des Bürgermeisters unverbindlich. »Warum? Stimmt das etwa?«
»Ja, allerdings.«
Mugo schien nicht sonderlich betroffen. »Offensichtlich konnte der Mann nicht mit seiner Schuld leben«, bemerkte er. »Aber warum setzen Sie sich nicht zu uns? Kommen Sie! Trinken Sie einen Wein mit! Ist das denn kein Grund zum Feiern?«
Auf der anderen Seite des Flusses klebte das unansehnliche Betongebäude des Krankenhauses Mombasa auf der Insel wie ein Parasit. Elizabeth Simba hatte gehört, dass nachts, im Schutze der Dunkelheit, Schiffe mit Holzsärgen aus den Holzfabriken in Chamgamwe ankamen. Während die Gäste sich mit Delikatessen vollstopften und flaschenweise teuren Wein tranken, wurden keine zwanzig Meter entfernt die leeren Särge in die Lagerräume im Keller gebracht. Die vollen – mit den Leichen der Armen und Unbekannten – wurden wiederum auf die Boote geladen, die sie zum städtischen Krematorium in Likoni transportierten.
Dort würde auch Abdelbassir Hossain hingebracht werden, sobald seine Leiche untersucht und ein Autopsie-Bericht verfasst worden war. Vielleicht wartete im Keller sogar schon sein Sarg auf ihn, dachte Elizabeth Simba.
Höchstwahrscheinlich hatte er sogar schon auf ihn gewartet, als er sich noch gar nicht umgebracht hatte.
»Diese Austern sollten Sie wirklich probieren«, schwärmte Mugo. »Die sind ganz ausgezeichnet.«
»Ich nehme an, Sie haben noch nicht von der Leiche gehört, die man gestern in den Abwasserkanälen unter Fort Jesus gefunden hat«, fuhr sie unbeirrt fort.
Mugo hob fragend die Arme. »Klären Sie mich auf, Superintendent. Ist das ein weiterer Mordfall, den ich für die Polizei der Küstenprovinz lösen soll?«
Sie klärte ihn auf. Das dauerte ein paar Minuten, und die Auster in Mugos Hand blieb ungegessen.
»Das beweist doch noch gar nichts«, protestierte Obbo, dessen Augen panisch zu flackern begannen.
»Es beweist, dass die Ermittlung von Inspector Mugo von Anfang an mangelhaft und inkompetent war. Es beweist, dass die Anklage gegen Abdelbassir Hossain voreilig war, auf keinen begründeten Annahmen fußte und zumindest indirekt zu seinem Tode führte. Ich habe überhaupt keine Zweifel, dass Inspector Mugo von Glück sagen kann, wenn er noch Polizeiautos waschen darf, sobald ich erst meinen Bericht beim obersten Polizeichef in Nairobi eingereicht habe.«
Die Auster in Mugos Hand glitt aus ihrer Schale und plumpste ihm in den Schoß.
»Nur eines kann ich nicht beweisen«, fuhr Elizabeth Simba fort. »Dass die Ermittlungen nämlich durch das Bürgermeisteramt ungebührlich beeinflusst und dadurch kompromittiert wurden. Wie Sie sich denken können, habe ich meine eigene Meinung dazu, aber ich werde dem Staatsanwalt die Entscheidung überlassen, ob er glaubt, dass er genug beisammen hat, um Anklage zu erheben.«
Jetzt war es an Obbo, sie sprachlos anzusehen. In einer Tasche seines teuren Anzugs begann ein Handy zu klingeln.
»Ich denke, das wird der Bürgermeister sein, Mr.Obbo«, sagte Elizabeth Simba. »Sie sollten lieber rangehen – ich glaube, er wird demnächst einen wirklich guten PR-Berater brauchen.«
72
B ruder Willem kniete vor dem Altar der Kirche, die er selbst gebaut hatte, und betete zu Gott, dem Allmächtigen, er
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