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Die Spur der Kinder

Titel: Die Spur der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
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langes Ritual werden«, sprach er in die Dunkelheit. »Und weißt du was? Ich darf nicht mitmachen.« Traurigkeit schwang in seiner Stimme, bevor er sein abschätziges Lachen wiederfand.
    »Ach, was rede ich da, bist ja noch viel zu klein, um das alles zu begreifen. Bis es so weit ist …«, sagte er und kam ihr jetzt so nahe, dass sich ihre Gesichter beinahe berührten und Luna seinen schlechten Atem riechen konnte. »Das bleibt unser kleines Geheimnis, verstanden? Wenn du auch nur denallerkleinsten Mucks von dir gibst, ist es allein deine Schuld, dass dein stinkender Hamster da bei lebendigem Leib verbrennt. Ist das klar?«
    »Versprochen«, brachte Luna schluchzend heraus, während der Mann über ihre weichen, lockigen Haare strich.

Mittwoch,24. Juni
    (Kurz nach Mitternacht in Berlin)
    Ein betrunkenes Pärchen torkelte am Spielplatz vorbei durch die Nacht, bevor es in einem Linienbus verschwand. Dann war es wieder still. Sascha Funk wartete noch, bis die rot leuchtenden Rücklichter des Busses in der Dunkelheit verglüht waren, bevor er zum Container schlich, in dem die Spielsachen der Kita über Nacht aufbewahrt wurden. Dann erst bemerkte er, dass nebenan in Ulrike Schneiders Büro noch Licht brannte.
    Leise zog der Erzieher seinen Schlüsselbund aus der Hosentasche und leuchtete mit einer Taschenlampe auf das Vorhängeschloss. Die Tür sprang mit einem verräterischen Quietschen auf. Funk betrat den Container und positionierte die schwere Stabtaschenlampe auf einem Regal, so dass sie auf den nebenstehenden Metallschrank schien, den er hastig durchwühlte. Spielkarten. Gummitwistsets. Murmelsäckchen. Er zog die unterste Schublade auf.Buntstifte. Wasserfarben. Straßenkreide. Ganz hinten versteckt fand er schließlich, wonach er gesucht hatte.
    Gott sei Dank.
    Er schüttete einige versiegelte Plastiktütchen aus einem Samtbeutel auf dem Boden aus, zählte sie rasch ab und steckte sie in die Seitentasche seiner Army-Hose, als er plötzlich ein Kratzen an der Containerwand hörte. Funk spürte, wie sein Puls hochfuhr. Blitzschnell schaltete er die Taschenlampe aus und verharrte sekundenlang in der Dunkelheit, ehe er durch den Türspalt hinausspähte. Doch da war niemand, von den dämlichen Wackelelefanten, die einsam über den nächtlichen Spielplatz wachten, einmal abgesehen. Funk schaltete die Lampe wieder ein.
    Penibel darauf achtend, dass er die heillose Unordnung exakt so hinterließ, wie er sie vorgefunden hatte, räumte Funk die Schublade wieder ein. Plötzlich erlosch das Licht der Taschenlampe.
    Das fehlte gerade noch.
    Er unterdrückte einen Fluch und tastete nach der Lampe. Doch seine Hände langten ins Leere. In der Annahme, die Lampe könne heruntergerollt sein, ging Funk auf die Knie und suchte den Boden ab, als er plötzlich etwas ertastete, das sich anfühlte wie ein Paar Schuhe.
    Schuhe, die zu kräftigen Waden gehörten.
    Panisch wich Sascha Funk zurück und erkannte imhereinfallenden Mondschein die schattenhaften Umrisse einer bulligen Gestalt in der Tür. Dann ging alles ganz schnell.
    Der erste Schlag traf Funk an der Schulter.
    »Ey, was soll das!«
    Funk fiel gegen das Regal. Es schepperte. Seine Finger rissen an einem Stück Stoff. Der nächste Schlag erwischte ihn an der anderen Schulter und ein weiterer traf ihn mitten ins Gesicht. Blutspeiend ging Sascha Funk zu Boden.

Donnerstag,25. Juni
    (In Berlin-Mitte)
    Fiona öffnete den Briefkasten. Werbung. Rechnungen. Ein Schreiben für Adrian von der Bank. Der Flyer eines koreanischen Restaurants, das neu eröffnet worden war. Fiona warf die Post in ihre Tüte zu dem Stapel Druckpapier, den sie soeben im Schreibwarenladen gekauft hatte, da entdeckte sie ganz hinten im Briefkasten noch ein weißes Couvert ohne Absender.
    Die letzte Sendung, die sie ohne Absender erhalten hatte, war das Päckchen mit der weißen Lilie gewesen. Mit ungutem Gefühl riss sie den Umschlag auf und zog ein zusammengefaltetes DIN-A 4-Blatt heraus. Die Nachricht war von Jens Zach. Fiona erkannte die krakelige Handschrift sofort, immerhin hatte sie an der Uni etliche Briefe von ihm bekommen. Ihre Augen überflogen die Zeilen.
    LiebeFiona!
    Es ist wichtig! Du musst mir die Möglichkeit geben, mich für das, was damals passiert ist, zu entschuldigen.
    Nur ein Treffen! Gib dir einen Ruck, bitte, und triff dich mit mir!
    Dein J.Z.
    PS: Ich will wirklich nur dein Bestes!
    Seufzend rieb sich Fiona den Nacken.
    Wird das denn niemals aufhören?
    Sie zerriss das Gekrakel und

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