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Die Spur der Kinder

Titel: Die Spur der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
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damit auch jeden Gedanken an Jens Zach, in der Hoffnung, er würde sie irgendwann schon in Ruhe lassen, wenn sie ihn nur lange genug ignorierte.
    Als sie die Wohnungstür aufsperrte, hörte sie auf einmal eine Stimme aus dem Schlafzimmer, die ihr vertraut vorkam.
    »Kuschel mich – ich hab dich so liiieb!«
    Fiona stockte der Atem, als sie die Tür hinter sich schloss und es noch einmal klar und deutlich hörte.
    »Kuschel mich – ich hab dich so liiieb!«
    Die mechanische Stimme von Sophies Sprechpuppe. Fionas Herz begann zu rasen. Mit bleischweren Schritten näherte sie sich dem Schlafzimmer.
    »Kuschel mich – ich hab dich so liiieb!« , drang es erneut über den Flur.
    »Sophie!«Fiona verlor die Beherrschung, ließ die Tüte mit der Post und dem Druckpapier fallen und stürmte ins Schlafzimmer. Im Türrahmen hielt sie abrupt inne.
    Adrian .
    Er saß neben einem Stapel gefalteter Hemden und einer Reisetasche auf dem Bett – in seinem Arm Sophies Sprechpuppe. Es dauerte einige Sekunden, ehe Fiona sich wieder gefangen hatte.
    »Fiona, ich …« Seine Stimme brach ab, als er die Puppe beiseitelegte.
    »Woher hast du die Puppe?«, fragte Fiona entgeistert.
    Adrian öffnete den Mund, brachte jedoch kein Wort über die Lippen.
    Fiona setzte sich zu ihm aufs Bett.
    »Ich hab sie im Keller gefunden, als ich die Reisetasche geholt habe. Du weißt schon, meine Winzertour nach Frankreich am Sonntag«, sagte Adrian leise.
    Waren da Tränen in seinen Augen? Fiona erinnerte sich nicht, wann sie ihn das letzte Mal weinen gesehen hatte, und sein unerwarteter Gefühlsausbruch überraschte, nein verunsicherte sie. Fiona lehnte ihren Kopf gegen Adrians Schulter.
    »Es war nicht deine Schuld. Es war ein öffentlicher Spielplatz, zu dem jeder Zugang hatte. Du konntest nichts dafür«, flüsterte sie. Ihre Hand fuhr zärtlich über Adrians Wange.
    Erschwieg. Dann nahm er ihre Finger von seinem Gesicht und stand auf.
    »Ich … ich muss noch mal in den Laden.«
    »Jetzt noch?«
    »Ich bin mit der Inventarliste noch nicht ganz durch, ich schaff’s sonst nicht bis Sonntag«, erklärte er und hastete hinaus.
    Was hatte sie bloß falsch gemacht? Ratlos sah Fiona ihm hinterher. Dann senkte sie den Blick wieder auf die Puppe und strich eine Weile gedankenverloren über das goldene Plastikhaar, als es an der Tür läutete. Fiona schloss eine Sekunde lang die Augen, bevor sie zur Tür ging und mit den Worten öffnete: »Adrian, es tut mir wirklich leid, wenn ich …« Sie verstummte. Vor ihr standen Kommissar Piet Karstens und Frauke Behrendt.
    »Mit Adrian kann ich Ihnen leider nicht dienen«, räusperte sich Karstens. »Aber wir zwei hätten da noch ein paar Fragen an Sie, wenn’s Ihnen recht ist.«
    Verwundert blickte Fiona die beiden an.
    »Dauert nicht lange«, erklärte Behrendt ungeduldig und trat ein, ehe Fiona etwas einwenden konnte.
    »Na gut, dann gehen wir ins Wohnzimmer – Sie wissen ja, wo entlang«, meinte Fiona und bedeutete den Beamten, vorauszugehen.
    Unvermittelt blieb Frauke Behrendt stehen. »Ach, sagen Sie, würde es Ihnen was ausmachen, wenn wir einen kurzen Blick ins Kinderzimmer werfen?«
    »InSophies Zimmer? Na schön, von mir aus.«
    Fiona geleitete die Beamten in das Kinderzimmer, bemüht, jeglichen Impuls, der beim Anblick des Zimmers wie eine irreparable Fehlermeldung in ihr hochkam, zu unterdrücken.
    Frauke Behrendt sah sich in Sophies Zimmer um, während Piet Karstens nur so dastand. Die Situation schien ihm unangenehm zu sein.
    »Ich habe alles so gelassen, wie es war«, seufzte Fiona. »Sogar die hier …« Sie nahm eine Dose Fischfutter von der Fensterbank und streute ein paar Flocken in ein Goldfischglas.
    Behrendt betrachtete die beiden Fische, bevor ihr Blick zum Hochbett, den Pferdepostern an der Wand und zu dem gerüschten Prinzessinnenkleid auf dem Stuhl schweifte.
    »Ist ziemlich ordentlich für ein Kinderzimmer.«
    Fiona holte tief Luft. »Sophie hat sich, bis auf einen Steiff-Teddybären, nie wirklich viel aus Spielsachen gemacht.«
    »Ein Kind, das sich nicht viel aus Spielsachen macht?«, murmelte Behrendt. »Ganz schön ungewöhnlich, oder? Also, wenn ich da so an meine Kindheit zurückdenke …«
    Fiona schob das Kinn vor. »Sophie war nun mal ein sehr eigenbrötlerisches Kind, hat irgendwie in ihrer eigenen Welt gelebt. Anfangs hatten Adrian und ich sogar Angst, sie hätte eine autistische Veranlagung oder so was. Ich war bei sämtlichen Ärztenmit ihr, es war ein regelrechter

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