Die Spur der Schuld - Private L.A.: Thriller (German Edition)
gearbeitet hat?«, fragte ich Rick.
Rick nickte nur einmal. »Ms. Treat erwartet uns nicht, aber wir müssen sie wegen Shelby befragen. Wir müssen es aus erster Hand erfahren. Ich schlage vor, du lässt deinen allseits bekannten Zauber spielen.«
»Mir ist heute Morgen alles andere als zauberhaft zumute.«
»Tu’s einfach«, verlangte Del Rio.
44
Etwa zwanzig Meter vom Haupteingang des so genannten Spas entfernt befand sich ein nicht verschlossenes Tor. Dieses öffnete ich. Gefolgt von Del Rio, schob ich in Glenda Treats Garten Äste zur Seite, um zum Pool hinterm Haus zu gelangen. Am Rand der Terrasse blieb ich stehen, damit Rick mich einholen konnte, und betrachtete das Schauspiel.
Eine Auswahl schlanker, sehr hübscher junger Frauen lag auf taubenblauen Liegestühlen mit den Füßen in Richtung eines runden Pools. Der Anblick erinnerte mich an eine Vorspeisenplatte. Hühnchen, in der Mitte ein Schälchen mit der Soße.
»Das ist sie.« Del Rio reckte sein Kinn in Richtung einer über vierzigjährigen Frau mit weißblondem Pferdeschwanz. Mit ihrem Schirm über den Augen sah sie aus wie eine Kartengeberin in Las Vegas.
In dem Moment, als ich meinen Blick auf Glenda Treat richtete, hob sie den Kopf und sah in unsere Richtung.
Ms. Treat war kaum gealtert, seit man einige Jahre zuvor über sie als »Puffmutter vom Mafiaboss« in der Presse berichtet hatte. Verhaftet als Kupplerin, hatte sie gedroht, den Medien ihr kleines schwarzes Buch zu offenbaren. Dieses enthielt eine lange Liste führender Männer, unter anderem auch Börsenmakler und Politiker. Am Ende hatte sie der Boulevardpresse die kalte Schulter gezeigt und in aller Ruhe ihre fünf Jahre abgesessen. Wieder auf freiem Fuß, hatte ihr, wie erzählt wurde, Ray Noccia als Dank für ihre Verschwiegenheit die Schlüssel zu diesem Haus überreicht.
Ich versuchte mir Shelby mit Ray Noccia und Glenda Treat vorzustellen, was aber nicht funktionierte. Shelby war weder kaltherzig noch anrüchig, jedenfalls nicht die Shelby, die ich gekannt hatte. Diese nämlich hatte für jede Gelegenheit einen lustigen Spruch auf den Lippen und hätte ihr letztes Hemd für einen hergegeben. Aber vielleicht lag genau hier das Problem.
Glenda Treat erhob sich elegant aus ihrem Liegestuhl und kam mit abschätzendem Blick auf Rick und mich zu. Auch ich taxierte sie. Offensichtlich war sie mit der an ihr angewandten kosmetischen Chirurgie hochzufrieden: straff geliftete Augenlider, der Körper dürr wie eine Hollywood-Diva, abgesehen von den aufgepolsterten Brüsten. Konnte sie damit überhaupt schwimmen? Oder dienten ihr diese Dinger als Schwimmhilfe, um nicht abzusaufen?
Sie zeigte ihr berühmtes gewinnendes Lächeln, das auf mich immer ein bisschen verzweifelt gewirkt hatte. Natürlich hielt sie uns für Freier.
Ich stellte Rick und mich vor und reichte ihr meine Karte.
»Ich habe meine Brille nicht auf«, sagte sie.
Ich sagte, wir kämen von Private. Sie kannte das Unternehmen. Alle kannten es. Sie hatte sogar von mir persönlich gehört.
»Was kann ich denn für Sie tun, meine Herren?« Glendas Lächeln hatte etwas von seinem Glanz verloren. »Maniküre? Algenpackungen?«
»Ich brauche einige Informationen über Shelby Cushman.«
»Ich habe gehört, sie ist tot«, sagte sie. »Entschuldigen Sie.« Die Reste ihres herzlichen Lächelns verblassten zu einer fernen Erinnerung. Sie drehte mir den Rücken und ein langes Stück Oberschenkel zu, als sie sich nach unten beugte, um einer Brünetten am Pool etwas zuzuflüstern. Diese griff zu einem Handy und ging fort, um zu telefonieren. »Ich muss Sie jetzt bitten, mein Grundstück zu verlassen«, sagte sie, als sie sich uns wieder zuwandte. »Auch wir hier sind ›privat‹.«
»Bitte nur noch eine Minute, ja?«, sagte ich. »Die Sache ist für mich eine persönliche Angelegenheit. Ich arbeite für Shelbys Ehemann. Sie war eine Freundin von mir.«
»Mr. Morgan, Shelby war eine gute Masseurin. Sie schaffte vier oder fünf Massagen am Tag und gab jedem Kunden das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Sie begann nach ihrer Hochzeit, hier zu arbeiten. Ich erinnere mich, dass sie sagte, es sei ihr zu langweilig, den ganzen Tag allein zu Hause rumzusitzen. Zu dem, was mit ihr passiert ist? Ich weiß nur, was ich in der L. A. Times gelesen habe. Aber wir wissen ja, was das für ein Käseblatt ist.«
»Wollte jemand Shelby etwas antun?«, fragte ich. »Hat ihr vielleicht jemand gedroht?«
»Sie war beliebt«, erklärte Glenda.
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