Die Spur der Schuld - Private L.A.: Thriller (German Edition)
ein und erschoss sie.«
»Das stimmt so nicht«, korrigierte Del Rio sie. »Alle Hinweise deuten darauf hin, dass Shelby Cushman vorsätzlich umgebracht wurde. Es wurde nichts gestohlen. Rein gar nichts.«
»Das ist krank«, empörte sich Ms. Rollins. »Ich bin mir sicher, von einem Raubüberfall gehört zu haben. Warum sonst hätte jemand Shelby töten wollen?«
»Wie gut kannten Sie sie?«, fragte Cruz weiter.
»Ich kannte sie ein paar Jahre, aber ich würde sagen, wir waren nicht eng befreundet.«
»Aber sie hat für Sie gearbeitet. Sie gehörte zu Ihrem Begleitservice.«
»Bis zu ihrer Hochzeit«, antwortete Sherry Rollins wie aus der Pistole geschossen. »Die letzten Monate arbeitete sie für jemand anderen. Das habe ich jedenfalls gehört. Tut mir leid– das ist alles sehr verwirrend.«
»Es würde uns wirklich helfen, wenn Sie uns was darüber erzählen könnten. Und lassen Sie nichts aus. Versuchen Sie Ihre Trauer aus dem Spiel zu lassen«, bat Cruz sie.
»Mehr als das, was ich Ihnen erzählt habe, weiß ich nicht.«
»Doch, Sherry«, widersprach Del Rio in sachlichem Ton, der ausdrückte, dass er es ernst meinte. »Sie wissen noch eine Menge. Und ich sag Ihnen was: Wenn Sie uns helfen, gehen wir nicht zur Polizei. Wir werden der Polizei nicht erzählen, warum wir Sie für eine Verdächtige im Mordfall Shelby Cushman halten.«
»Verdächtige? Das ist absurd. Warum hätte ich Shelby umbringen sollen?«
»Das weiß ich nicht, aber die Polizei könnte Sie genau das fragen wollen– und noch vieles mehr.«
Ms. Rollins warf ihm unter ihrem Hut einen eisigen Blick zu, doch sie konnte ihm nicht mehr entwischen, das wusste er.
Manchmal hatte Del Rio richtig Spaß an seiner Arbeit.
Bis jetzt konnte er diesem Tag fünf Sterne geben.
40
Um kurz nach vier hing die Sonne wie eine trübe, weiße Scheibe am zinngrauen Himmel. Der Speichersee war mit Algen bedeckt, die Bäume ragten wie riesige, wollige Mammuts rund um das Ufer auf und verliehen dem Ort ein prähistorisches Aussehen.
Wenn man die Augen etwas zusammenkniff, konnte man die City von Los Angeles nicht mehr sehen. Dann konnte man sich einreden, der vorbeirauschende Verkehr auf der Rowena Avenue wäre nur ein starker Wind.
Justine Smiths Absätze versanken im Boden, als sie den Weg zu dem Absperrband hinunterlief, das zwischen den Bäumen gespannt war, ein leuchtender gelber Ring im von Abgasen trüben Dunst.
Lieutenant Nora Cronin hob das Band für Justine an, doch statt eine spitze Bemerkung zu machen, grüßte sie ihre Widersacherin diesmal mit einem Hallo. Etwas hatte sich verändert. Justin hatte eine Idee, was es sein könnte. Cronin war so verzweifelt, dass sie jede Hilfe annehmen würde.
Selbst die von Private. Selbst die von Justine.
»Polizeichef Fescoe hat nach Ihnen gesucht«, sagte Cronin. »Er ist hier.«
Justine nickte und ging auf die Polizisten zu, die sich um die Leiche drängten. Mit seinen ein Meter neunzig überragte Mickey Fescoe alle anderen. Der Polizeichef kam nur selten an einen Tatort, doch vermutlich spürte auch er den Druck.
Dreizehn Mädchen waren in den vergangenen zwei Jahren gestorben. Während dieser Zeit war Fescoe befördert worden, doch jetzt hatten ihn die Nachrichten eingeholt und drohten, ihn in ihrem Strudel mit sich zu reißen. Die Eltern der ermordeten Mädchen hatten sich zusammengeschlossen und erschienen jeden Abend im Fernsehen. Die Öffentlichkeit hatte Angst und kochte vor Wut.
Justine legte ihre Hand auf Fescoes Arm.
Fescoe drehte sich um. »Justine, ich bin froh, dass Sie hier sind«, begrüßte er sie. »Schauen Sie mal.« Er reichte ihr ein paar Latexhandschuhe. »Die Sache eskaliert.«
Justine ging neben der Leiche von Marguerite Esperanza in die Hocke. Ein Verlängerungskabel hing wie eine Schlinge um Marguerites Hals, das steckerlose Ende war an ihre linke Hand geklebt, die seltsam angewinkelt oberhalb ihres Kopfes lag. Das wirklich Merkwürdige war, dass mindestens zweimal auf das Mädchen geschossen worden war– in die Brust und ins Gesicht.
Das Bild sollte einen Selbstmord darstellen. Aber was hatte das zu bedeuten? Wie schon zuvor hatte Justine den Eindruck, dass wieder ein neuer Mörder im Spiel war.
»Zeugen? Irgendwas?«, fragte Justine.
»Offenbar wurde sie genau hier umgebracht«, erklärte Fescoe. »Der Boden ist aufgewühlt, als hätten sie hier gerauft. Wir haben Blut auf einem Blätterhaufen gefunden. Ihres oder das des Mörders. Vielleicht konnte sie das Schwein
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