Die Spur der Schuld - Private L.A.: Thriller (German Edition)
die nach viel Geld aussahen. Er ging zu einem blauen Minivan, der am Ende der Bora Bora stand, stieg ein, fuhr rückwärts aus der Parklücke und bog auf die Via Marina.
Justine war Profi, was das Verfolgen einer Person betraf. Sie hielt sich zwei oder drei Wagenlängen hinter Crocker und hätte ihn beinahe verloren, als eine Ampel auf Rot schaltete, doch sie trat einfach das Gaspedal durch und raste über die Kreuzung.
»Dieses Schwein«, murmelte Cronin. »Hat er uns bemerkt?«
»Weiß nicht«, antwortete Justine. »Das werden wir bald herausgefunden haben.«
Sie fuhren auf dem Westwood Boulevard nach Westwood hinein und von dort auf die Hilgard Avenue. Crocker bog in eine Einfahrt, überließ den Wagen samt Schlüssel dem Parkdienst und stieg die Stufen zum W Hotel hinauf. Die Bar, die an der Ecke des Gebäudes lag, war durch die großen Scheiben von zwei Seiten aus einsehbar.
»Er geht ins Whiskey Blue«, stellte Justine fest. »Das ist eine Anmachkneipe für reiche Singles. Perfekt für unsere Zwecke.«
Ihre Vereinbarung war eng gefasst und sehr genau. Sie würden sich Rudolph Crocker nicht zu erkennen geben. Sie würden ihn nicht verhaften. Sie wollten ihm nicht einmal in die Augen blicken, auch wenn Justine ihm diese gerne ausgekratzt hätte.
Sie brauchten nur einen Abstrich seines Speichels, eine mikroskopisch kleine Probe einer Hautzelle, ein Haar oder eine Haarschuppe. Mehr nicht.
Das war allerdings leichter gesagt als getan.
»Wie sehe ich aus?«, fragte Nora.
»Bewundernswert. Nehmen Sie das.«
Justine zog einen Lippenstift aus ihrer Handtasche und reichte ihn Nora, ohne die Tür aus den Augen zu verlieren, durch die Rudolph Crocker gerade das Hotel betreten hatte.
»Öffnen Sie Ihr Haar«, schlug Nora vor. »Schütteln Sie es aus. Öffnen Sie ein paar Knöpfe.«
Justine folgte ihrem Rat. »Gehen wir«, sagte sie. »Wir haben ein Rendezvous mit dem Teufel.«
Nora schlug die Tür zu und zeigte dem Parkdienst ihren Ausweis. »Unser Wagen bleibt genau hier stehen. Wir sind dienstlich hier.«
Justine gab dem Jungen einen Zehner und folgte Nora die Stufen hinauf.
»Hab schon kapiert«, sagte der Junge. »Gute Polizistin, böse Polizistin.«
Nora drehte sich lachend zu ihm um. »Nein, das hier ist fette Polizistin, dürre Polizistin!«
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»Lachen ist immer gut«, sagte Justine, als sie die Bar betraten.
Seit Justines letztem Besuch in der Whiskey Blue Bar war hier einiges modernisiert worden. Die Lounge war in neutrale Erdfarben getaucht, überall standen schokoladen- und umbrafarbene Ecksofas, sanftes Licht schimmerte über dem Tresen. Die aus den Lautsprechern dröhnende Technomusik machte ein echtes Gespräch unmöglich.
In der Bar drängten sich junge Angestellte und Möchtegernerwachsene, die den Rest des Wochenendes genossen und die letzte Chance zum Abschuss nutzten. Mädchen mit tollen Haaren, engen Kleidern und bis zum Schlüsselbein nach oben gepressten Brüsten lachten jungen Typen, die auf der Karriereleiter steil nach oben stiegen, ins Gesicht. Jeder Zweite schien dunkles Haar und sehr weiße Zähne zu haben, die meisten trugen eine Sonnenbrille.
Justine fühlte sich getrieben. Sie hatte alles, was sie brauchte– Rudolph Crocker musste der Gesuchte sein.
Schon viel zu lange arbeitete sie an dem Fall. Es war, als wären die Mädchen ihre eigenen Kinder gewesen. Monatelanger Frust und Schmerz, die unvergesslichen Schreie der Eltern, die sich in ihrem Kopf wie die Kratzer auf einer alten Langspielplatte verewigt hatten.
Sie und Nora hatten sich einer schwierigen, aber entscheidenden Aufgabe gestellt. Es könnte ihnen gelingen, einen abscheulichen Mörder dingfest zu machen. Doch die Sache konnte auch ganz leicht schiefgehen.
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Auf ein Zeichen von Justine hin schoben und drängten sie sich durch die Menge bis zur Theke. »Darf ich mich hier reinquetschen und was zum Trinken bestellen?«, fragte sie einen großen, groben Kerl irgendwas über zwanzig, der ein rotes Hemd passend zu seiner Gesichtsfarbe trug.
»Darf ich dich zu was einladen?«, fragte er zurück und musterte sie vom Kragen an abwärts.
»Tut mir leid. Meine Freundin hier und ich, wir sind zusammen.«
Der Typ blickte zu Nora, dann rasch zurück zu Justine, diesmal aber in ihre Augen. Er grinste höhnisch, zog sich aber zurück.
Justine schnappte sich einen Hocker und zog Nora am Arm zu sich heran. Zu ihr gebeugt, flüsterte sie: »Haben Sie ihn gut im Blick?«
»Ja. Und Crocker bestellt schon seinen
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