Die Spur der Schuld - Private L.A.: Thriller (German Edition)
sahen uns nicht in der Lage, diese abzulehnen.«
Gebannt starrte ich auf die Tafel, auf die Noccia mit blauer Kreide den Namen des Partners schrieb. Zuerst verstand ich nicht, was er tat. Ich dachte, vielleicht zeichnet er ein Diagramm vom Partner zu dem Mann, der den Mord beauftragt hat.
Doch das tat er nicht.
»Das ist der Mann, der den Mord an Ihrer Freundin Shelby Cushman in Auftrag gegeben hat«, sagte Carmine Noccia, während er schrieb.
Als er sicher war, dass ich den Namen gelesen hatte, spuckte er auf den Schwamm und wischte den Namen wieder fort. Dann legte er den Schwamm in die Ablage und brachte Del Rio und mich zu Tür, wo er uns eine gute Nacht wünschte.
Und er schüttelte meine Hand.
1 04
Es war wieder nach Mitternacht, und ich war zurück in L. A. Ich hatte mich mit Del Rio für den nächsten Morgen verabredet, doch er hatte mich angesehen wie ein Vater, der seinen kleinen Sohn zum ersten Mal in den Schulbus gesetzt hat.
»Mit mir ist alles in Ordnung«, beruhigte ich ihn.
Stimmte das? Rick beäugte mich noch immer misstrauisch, als ich in meinen Lamborghini stieg und mich anschnallte. Ich fuhr auf die 10 Richtung Osten und nahm die Ausfahrt zum Sunset Boulevard.
Mit einem VW wäre ich schneller gefahren. Das ist der Nachteil, wenn man einen Flitzer besitzt– er alarmiert jeden Polizisten im Staat und jeden braven Bürger mit einem Mobiltelefon.
Meine Gedanken flogen mir voraus, dennoch hielt ich die Geschwindigkeitsbegrenzung ein. Vor dem Chateau Marmont Hotel schließlich machte ich Halt.
Von der Tiefgarage aus betrat ich den Fahrstuhl, ohne jemanden zu sehen, und drückte den Knopf für Andys Stockwerk. Vor seiner Tür blieb ich stehen und rief ihn über mein Handy an. Das Telefon klingelte und klingelte, bis er sich endlich meldete.
»Jack? Ist was nicht in Ordnung? Es ist ein Uhr nachts.«
»Gar nichts ist in Ordnung. Ich stehe direkt vor deiner Tür. Mach auf.«
Andy trug den gleichen Schlafanzug wie beim letzten Mal, als ich ihn gesehen hatte. Knitterseide, breite, kastanienbraune Streifen im Wechsel mit dünnen, schwarzen Linien.
Das Zimmer roch nach Blähungen und dem Knoblauchbrot, das auf dem Beistelltisch lag.
»Du siehst nicht gut aus«, stellte Andy fest.
»Ich bin gerade aus Las Vegas hierher geflogen«, erzählte ich. »Und bin gleich zu dir gefahren.«
»Setz dich, Jack.«
Ich blieb stehen.
»Ich habe ein paar schöne Momente mit Carmine Noccia verbracht. Ich war bei ihm zu Hause.«
Andy blickte mir ins Gesicht. Aus seinen Augen sprach keine Angst. Wie hatte er sich nur einbilden können, dass ich es nicht herausfinden würde? Hatte er unterschätzt, wie ich reagieren würde? Oder war er mein bisher abgebrühtester Kunde? Dafür hätte ich meinen seit Kindheitstagen engsten Freund nicht gehalten.
»Carmine hat mir von deiner Bitte erzählt– dass du derjenige warst, der Shelby hat töten lassen«, sagte ich mit einer vor Schock zitternden Stimme. »Wie konntest du das nur tun? Erzähl mir etwas Glaubhaftes.«
Andys Gesicht fiel in sich zusammen, und seine Knie gaben nach. Als er auf den Boden sackte, griff ich mit zwei stahlharten Händen nach seinen Schultern und warf ihn in einen Sessel, der beinahe nach hinten überkippte. Er schluchzte, doch dieses peinliche, jämmerliche Schauspiel kannte ich bereits.
»Komm schon, Andy. Jetzt reiß dich zusammen, du Arsch.«
»Sie war eine Nutte, Jack. Das hast du mir selbst gesagt, aber ich wusste es schon. Sie hat egal was mit jedem perversen Wichser gemacht, der ein bisschen Geld in der Tasche hatte. Und ich musste das von so einem zwielichtigen Widerling erfahren, der nicht wusste oder dem es egal war, dass Shelby meine Frau war.«
»Es gibt Scheidungsgerichte«, warf ich ein, dachte jedoch an Shelby, sah ihr Gesicht vor mir, hörte ihr tiefes Lachen im Improtheater und wie sie für mich nach meiner Rückkehr aus dem Krieg ein Fels in der Brandung und vielleicht meine Rettung gewesen war.
Ich war erschüttert darüber, was die Drogenhölle aus ihr gemacht hatte. Und dann fiel mir ein, dass ich selbst sie dem Mann vorgestellt hatte, der sie für Geld hatte umbringen lassen. Hätte ich die beiden nicht miteinander bekannt gemacht, wäre Shelby noch am Leben. Ich hatte sie geliebt, und ich hatte ihm vertraut. Und sie fehlte mir.
Wie hatte Andy ihr das antun können? Wie hatte irgendjemand Shelby töten können? Sie war sanft und freundlich, und sie hatte uns alle zum Lachen gebracht– hatte mich zum Lachen
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