Die Spur der Schuld - Private L.A.: Thriller (German Edition)
zweiten. Der Barmann hat gerade sein Glas weggenommen.«
Der Barmann war Anfang dreißig, hatte hellbraunes Haar, das vorne bereits lichter wurde. Er war attraktiv, sah aber gelangweilt aus. Auf seinem Hemd war der Name »Buddy« aufgenäht.
»Was kann ich Ihnen bringen, meine Damen?«
»Pinot Grigio«, bestellte Justine.
Nora nahm ein Mineralwasser.
Plötzlich wurde Justine von hinten angerempelt. »Was, zum…«
»Nicht umdrehen«, warnte Nora. »Crocker hat Gesellschaft bekommen. »Dünner Typ, Haare über die Augen gekämmt. Sieht nach Volltrottel aus.«
»Ich kann nicht verstehen, was sie sagen«, ärgerte sich Justine.
»Das ist egal«, beruhigte Cronin sie. »Solange wir sie sehen, ist alles bestens.«
Der Barmann brachte ihre Getränke. Justine bezahlte mit einem Zwanziger, den Rest sollte er behalten. Er ließ den Schein in seiner Hand verschwinden, griff unter die Theke und stellte eine Schüssel mit Nüssen vor die zwei.
Justine hob den Blick und beobachtete Crocker im Spiegel hinter der Bar. Er wies die gewünschten Merkmale auf: abstehende Ohren und eine bemerkenswert spitze Nase. Der Rest zeichnete sich durch auffallende Gewöhnlichkeit aus. Wie konnte jemand wie er um den Spitzenplatz in der Mörderriege konkurrieren?
Der Hilfskellner brachte ein Tablett mit sauberen Gläsern und gab ein paar Bestellungen auf. Während Crockers Freund ein Bier vom Fass trank, unterhielten sich die beiden, ohne sich umzublicken.
Justine senkte den Blick, als Crocker dem Barmann ein Zeichen gab, dass er bezahlen wollte. Er unterschrieb den K reditkartenbeleg und verließ mit seinem Begleiter die Bar.
Als Buddy gerade die Gläser forträumen wollte, klatschte Nora blitzschnell ihre Dienstmarke auf den Tresen. »Finger weg von den Gläsern«, wies sie Buddy an. »Die brauche ich als Beweise.«
»Als Beweise wofür?«, wollte er wissen.
»Ich glaube, die Hübsche da drüben will noch was zu trinken«, sagte Justine ihm. »Bringen Sie ihr doch einfach was.«
Nora und Justine wickelten jeweils eine Papierserviette um ein Glas. Erst als sie wieder im Wagen saßen, gestatteten sie sich ein Lächeln.
Justine klappte ihr Telefon auf und tippte eine Nummer ein. »Sci, können wir uns in zwanzig Minuten im Labor treffen? Ich glaube, wir haben da was Gutes für dich.«
1 02
Im Wort zum Sport hätten wir jetzt wahrscheinlich erfahren, dass es im Leben immer wieder ein Déjà-vu gibt. Rick saß neben mir in der Cessna. Wir landeten bei Einbruch der Dunkelheit auf dem Flughafen von Las Vegas und fuhren mit einem Mietwagen an den sandigen Parzellen vorbei, die 2008 stillgelegt worden waren. Schließlich tauchte eine graue Mauer auf, die den Blick von der Straße auf die eingezäunte Gemeinde versperrte. Wir hielten vor Carmine Noccias Tor.
Als Rick den Klingelknopf drückte, ertönte eine Stimme, und das Tor wurde geöffnet. Wir überquerten die Brücke über den künstlichen Fluss, wie es ihn nur in Las Vegas oder vielleicht noch in Orlando geben konnte. Von dort ging es vorbei an mit Scheinwerfern beleuchteten Ställen bis zu dem Hof, in dem vor einer massiven Eichentür eine Gruppe Dattelpalmen stand.
Wenn man ein bisschen blinzelte, befand man sich in Barcelona oder Marokko.
Der Schlägertyp, der uns die Tür öffnete und den wir das letzte Mal in rotem Hemd gesehen hatten, trug jetzt einen engen, schwarzen Pullover und eine Jeans, deren Stoff wie Leder aussah. Er nahm uns unsere Waffen ab und legte sie im Flur auf den doppelt breiten Waffentresor, der als maurischer Schrank getarnt war. Anschließend führte er uns denselben Weg entlang wie das letzte Mal: durch den Billardraum, in dem die Kugeln aneinanderklackerten, zum großen Zimmer, in dem Carmine Noccia in seinem Ledersessel saß.
Diesmal allerdings las Noccia nicht. Er hatte seinen Blick auf den riesigen Bildschirm über dem Kamin gerichtet und sah sich eine Wiederholung des Massakers an, das die Titans ein paar Stunden zuvor an den Raiders verübt hatten.
Er schaltete den Fernseher aus und forderte uns auf, Platz zu nehmen, aber wie beim letzten Mal, ohne uns die Hand zu schütteln.
Ich war wie berauscht.
Einerseits waren wir vor Carmine Noccia und seiner »Familie« gewarnt worden, und sie hatten guten Grund, uns nicht zu mögen. Ich hatte seine Anwälte brüskiert, seine Jungs in Glenda Treats Puff geschlagen und mich Carmines Vater, dem Boss des Familienclans, gegenüber respektlos verhalten.
Jetzt war ich wieder mit Del Rio hier, meinem locker
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