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Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi

Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi

Titel: Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kuhlmeyer
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Entscheidung zu finden: Dass manche Aufgaben Ihren moralischen Vorstellungen zuwiderlaufen, oder der Umstand, dass Sie keine Leichen sehen können, ohne von Intrusionen gequält zu werden? Benötigen Sie diese Bilder für irgendetwas?«
    Julia überlegte. Meinte er, die Bilder, die ja ganz von selbst auftauchen, blitzartig – Tote, Tatorte, sie wollte keinesfalls daran denken – seien eine Ausrede?
    »Sie denken, ich steigere mich da in etwas hinein?«
    Bayer hob die Schultern. »Sagen Sie es mir.«
    Aber Julia wusste es nicht.
    »Was würde denn passieren, wenn Sie die Bilder nicht hätten?«, fragte er weiter.
    »Das wäre klasse. Ich würde endlich leben wie vorher.«
    Bayer lachte auf. »Kein Mensch lebt wie vorher.«
    »Ich würde einfach zur Arbeit gehen, abends mit Freunden zusammen sein, nachts schlafen, ganz normal eben.«
    »Und dann hätten Sie kein Problem mehr mit den Aufgaben, die Sie nicht tun wollen, weil sie Ihnen zu schmuddelig sind?«
    »Schmuddelig? Es ist ungerecht.«
    »Ja.«
    »Was ja?« Sie ärgerte sich, dass sie hergekommen war.
    »Die Welt ist ungerecht.«
    »Und das heißt jetzt, dass ich es gut finden muss, dasseine blöde Tante in einer Behörde darüber entscheidet, was ich zu tun habe, obwohl ich das nicht will und nicht richtig finde und es ganz und gar herzlos ist?« Sie wusste, dass das so nicht stimmte. Es war nicht die Entscheidung der Piotrowsky gewesen, aber sie hätte mehr tun können, als an ihre Mittagspause zu denken.
    »Gut müssen Sie das nicht finden und tun brauchen Sie es auch nicht. Sie haben sich ja auch im Wesentlichen aus dem Fall rausgehalten, oder?« Bayer legte Buch und Lupe auf den Tisch, und Julia sah, dass es in einer riesigen Schriftgedruckt war. »Es ist nur eben einfach so.« Er faltete die Decke zusammen. »Wollen Sie ein Glas Wein?«
    Julia schüttelte den Kopf. Bayer machte im Wohnzimmer Licht und kam mit einem Glas zurück.
    »Ja, ich habe mich rausgehalten. Was hätte ich denn machen sollen?«, sagte Julia, als sich Bayer wieder gesetzt hatte. Rausgehalten. Grete und Karl hatten sich nicht rausgehalten. Die Chalids auch nicht, deswegen hatten sie ihre Heimat verlassen und nach Deutschland kommen müssen.
    »Was wollen Sie jetzt machen? Sich von den Intrusionen aus der Situation helfen lassen?« Er trank und stellte das Glas wieder ab.
    Nein, das wollte sie nicht. Ohnehin hatte sie immer das Gefühl gehabt, draußen zu sein. In Düsseldorf genauso wie in Coesfeld, in der Schule, in der Ausbildung, ach … Das Schweigen hatte sie ausgeschlossen, das Anderssein, die Marken auf ihrer Geschichte. Das wollte sie nicht mehr. Ein Wind kam auf und kühlte ihre Stirn. Von irgendwoher Musik und Gelächter.
    »Den Job wegen der Piotrowsky an den Nagel hängen?«
    Sie biss sich auf die Lippe und sah zu Boden. Den Beruf hatte sie nicht einfach so ergriffen. Er machte ihr doch Spaß. Eigentlich. Julia schüttelte den Kopf. Natürlich war das Unsinn. Auch Conrad hatte nichts weiter dabei gefunden, er hatte den Vater von Rasid sogar zum Flughafen begleitet. Nur hier und da ein bisschen Ignoranz, ein bisschen Wegschauen und Korrektheit …
    »Und dann ist es wie bei den Nazis«, sagte Bayer, als sei er ihren Gedanken gefolgt. »Nein, Frau Morgenstern. So ist es nicht. Und gerecht ist es auch nicht. Wir haben nur nichts Besseres.«
    »Und deshalb muss ich das alles so hinnehmen?«
    »Sagt wer?«
    Sie drehten sich im Kreis. »Kann ich jetzt doch einen Wein haben?«
    Bayer holte ein Glas und die Flasche und schenkte ein.
    »Morgen werde ich Fels ansprechen, damit er eine Fahndung nach Rose Lux in die Wege leitet.«
    »Leicht wird das nicht, ich kenne ihn.«
    »Nein.«
    »Auf das Unvollkommene.« Bayer hob sein Glas und stieß mit Julia an.
    »Conrad werde ich sagen, dass er noch einmal mit dem Anwalt reden soll, ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, die Mutter von Rasid wenigstens bis zur Beerdigung ihres Sohnes dazulassen.«
    »Aha.«
    »Was heißt nun wieder aha ?« Der Alte machte sie wahnsinnig.
    »Dann könnten wir ja endlich anfangen zu arbeiten.«
    »Ich denke, Sie ziehen weg.« Vielleicht hätte Julia nicht so viel geredet, wenn sie dessen nicht sicher gewesen wäre.
    Er lachte und prostete ihr zu. »Ja, tue ich. Aber nur zum Coesfelder Berg.« Julia wusste zwar, was gemeint war, fand aber die Bezeichnung Berg immer schon einigermaßen übertrieben in dieser flachen Gegend.
    »Zu meinen Freundinnen«, fuhr er fort.
    »Aha.«
    Dann lachten sie.
    »Wenn Sie

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