Die Spur des Boesen
wenn du nicht mein eigen Fleisch und Blut wärst, würde ich dich auf der Stelle umbringen.«
Tommie weinte unter seinem Arm. »Ich hab's nicht getan«, schluchzte er. »Du musst mir glauben... ich hab's nicht getan...«
Mit quietschenden Reifen schleuderte der Wagen um eine Kurve. Ihren versteinerten Blick hielt sie starr über die Motorhaube gerichtet. Tommie schielte unter seinem Arm hervor, bevor er sich wieder aufrichtete. Sie atmete mittlerweile wieder tiefer und nahm den Fuß etwas vom Gaspedal.
An der Ecke Midland und Main Street hielt sie an, trommelte an der roten Ampel mit den Fingern aufs Lenkrad. Ein Pärchen überquerte, in ein angeregtes Gespräch vertieft, Arm in Arm die Straße.
»Du musst mir glauben«, flehte Tommie mit blutigem Mund. »Ich hab's nicht...« Plötzlich schwieg er und schaute aus dem Seitenfenster. »Das sind sie«, sagte er. »Die beiden da sind zu Rodney nach Hause gekommen und haben nach uns gefragt. Das große Schwein würde ich überall erkennen.« Er deutete auf das Pärchen an der Straßenecke. »Die beiden da, die sind 's.«
»Wir versuchen, die Infos übers Telefon zu kriegen«, sagte Corso. »Wenn uns jemand persönlich sehen will, tun wir das bei Tageslicht an irgendeinem öffentlichen Ort.«
»Du scheinst ja ziemlich sicher zu sein, dass wir hier für Unruhe sorgen werden«, meinte sie.
»Eine Belohnung lockt immer die Verrückten aus ihren Löchern«, versicherte Corso. »Ja... wir werden ein bisschen für Unruhe sorgen. Auf jeden Fall.«
Als hinter ihnen gehupt wurde, drehten sie sich um: Ein verbeulter 69er Pontiac blockierte die Kreuzung, Motoren heulten ungeduldig auf, ein Sattelschlepper fünf Wagen weiter hinten ließ seine Hupe ertönen. Als der Pontiac um die Ecke verschwand, war die Ampel schon wieder auf Rot gesprungen. Der Typ im weißen BMW ganz vorne in der Schlange schlug mit der flachen Hand auf sein Lenkrad.
Corso und Dougherty gingen langsam weiter. Trennten sich hin und wieder und kamen wieder zusammen, nachdem sie andere Fußgänger zwischen sich hindurchgelassen hatten.
»Gestern Abend war ziemlich gut«, meinte Corso, als sie wieder mit den Schultern zusammenstießen.
»Heute Morgen war doch auch nicht so übel«, grinste sie.
Corso stimmte zu. Wieder trennten sie sich, um einen Skateboard-Fahrer auf seinen Plastikrädern durchzulassen. »Ich glaube, ich werde mich wegen dir nicht mehr so fertig machen«, begann sie. »Vielleicht kann ich dich einfach so nehmen, wie du bist, und die Zeit genießen, statt mich mit diesem ganzen anderen Scheiß abzuplagen, der sich in mir angesammelt hat und uns im Weg steht.«
»Also für mich klingt das gut.«
»Klar klingt das für dich gut.«
Einen halben Block weiter hielt sie den Pontiac an. Sie zog ein Papiertuch aus der Schachtel, die an der Sonnenblende befestigt war. Reichte es Tommie, damit er seine blutenden Lippen damit abtupfte.
»Bist du sicher, dass das die gleichen Leute sind?«
Tommie nickte. »Todsicher. Die da sind 's.«
»Folge ihnen«, befahl sie. »Finde raus, wo sie wohnen.«
Er machte den Mund auf, um etwas zu sagen, doch sie fielihm gleich ins Wort. »Hier ist Schluss«, erklärte sie. »Zeit, 'nen Abflug zu machen.« Sie deutete mit dem Daumen nach hinten. »Wie wir das machen, hängt davon ab, wer noch außer den beiden weiß, dass wir hier sind. Jetzt los. Ich fahre einmal um den Block und hole dich dann wieder ab.«
Tommie rannte den Bürgersteig entlang und spähte um die Ecke. Sie waren einen Straßenblock entfernt, gingen Schulter an Schulter wie zwei Turteltäubchen auf der Main Street Richtung Norden.
Er überquerte die Straße, wich wie ein Matador den Autos aus, bis er am Fluss war und den beiden von dieser Seite aus folgte. Links dampfte das Wasser in der Spätnachmittagssonne, rechts spiegelte sich das orange Licht in den Schaufenstern, so dass er die Augen zusammenkneifen musste, um das Pärchen im Auge zu behalten, das auf dem Weg aus dem Zentrum heraus gerade die Dexter Avenue überquerte.
Er trat hinter die Ecke, die den Emerson Park von der Straße abtrennte. In der Mitte einer üppigen Wiese warfen sich zwei Jugendliche eine rote Frisbee-Scheibe zu. Ein Golden Retriever rannte hin und her und versuchte bellend, die Scheibe zu fangen, die jedoch immer ein Stück außerhalb seiner Reichweite blieb.
Als die Turteltäubchen nach rechts zum Pine Tree Motor Inn abbogen, huschte er wieder auf die Straße. Einen halben Straßenblock entfernt sah er, während
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