Die Spur des Drachen
gebrochenem Englisch.
Ben und Danielle ließen ihre Gewehre zu Boden fallen.
92.
Sie wurden herumgeschubst, von einem Rebellen zum nächsten. Einer schlug Danielle ins Gesicht; Ben wollte ihr zu Hilfe eilen, stürzte jedoch, als ihm ein Gewehr gegen den Schädel geschlagen wurde. Er brach zusammen. Beschützend beugte Danielle sich über ihn, um weitere Angriffe zu verhindern.
Es war offensichtlich, warum die Rebellen sie herausgegriffen hatten. Gesprächsfetzen konnten sie entnehmen, dass die Aufständischen sie für Angehörige eines der Internationalen Sonderkommandos hielten, von denen angenommen wurde, dass sie insgeheim die Kabbah-Regierung unterstützten. Doch statt sie zu exekutieren, sonderten die Rebellen Ben und Danielle zusammen mit einigen gefangenen, uniformierten Mitgliedern der Friedenstruppen von den anderen ab. Mit verbundenen Augen, geknebelt, die Handgelenke fest auf dem Rücken verschnürt, wurden diese aus dem Hintereingang der Kirche geführt und in einen Lastwagen des Roten Kreuzes gesteckt, der während einer Ruhepause im Kampf gestohlen worden war.
»Jetzt sind wir Geiseln«, flüsterte Danielle. »Um als Tauschobjekte zu dienen.«
Einer der Rebellen sprach gut genug Englisch, um sie warnen zu können, sich ruhig zu verhalten. Der Rot-Kreuz-Laster fuhr los, holperte durch die Straßen und wich großen Schlaglöchern aus, die Granaten in den Asphalt gerissen hatten, bis er seine Fahrt schließlich verlangsamte, als er auf eine unbefestigte Straße stieß. Im Schneckentempo fuhr der Laster einen Hügel hinauf und in die östlichen, höheren Regionen des zentralen Sierra Leone – ein Gebiet, das von den Rebellen kontrolliert wurde.
Die Zeit hatte jede Bedeutung verloren; sie wussten nicht, wie viele Stunden vergangen waren, als sie unsanft aus dem Laderaum des Lastwagens gezerrt und einen feuchten Tunnel gestoßen wurden, eine Art unterirdischen Bunker. Jetzt erst wurden ihnen die Augenbinden und Knebel abgenommen. Ben und Danielle verbrachten den Rest der Nacht aneinander gekuschelt, erst, um sich zu wärmen, dann zu ihrem Schutz, als die Hitze der dicht zusammengedrängten Körper die Wärme und Feuchtigkeit im Bunker auf ein unerträgliches Maß getrieben hatte.
Sie schüttelten sich gegenseitig wach, als ein Trupp verbissen dreinblickender Rebellen im Bunker erschien, sie mit den Läufen ihrer Gewehre anstieß und Haltung annahm, als eine hoch gewachsene, schlanke Gestalt erschien.
General Latisse Matabu, Anführerin der Revolutionären Einheitsfront, warf einen abschätzenden Blick auf die Geiseln.
Matabus Inspektion schien oberflächlich, bis sie zu Ben und Danielle gelangte. Beide standen aufrecht da, doch weder Danielle noch Ben waren groß genug, um Matabu ins Gesicht zu blicken. Sie schaute auf die beiden hinunter, als würde sie sie wiedererkennen.
»Der Falke und der Adler«, murmelte sie und schüttelte verwundert den Kopf. Ihren Gesichtsausdruck konnte man am ehesten als ironisch bezeichnen; vielleicht spiegelte sich auch ein klein bisschen Angst darin. Matabu wandte sich an ihre Wachen. »Bringt die zwei in den Bunker«, befahl sie und setzte ihren Weg die Reihe entlang fort.
Die Wachen überzeugten sich, dass Arme und Beine der Gefangenen fest an die beiden hölzernen Stühle gefesselt waren, bevor sie Latisse Matabus Befehl nachkamen, den RUF-Kommandobunker zu verlassen.
»Ihr seid hierher gekommen, um mich zu töten, nicht wahr?«, fragte der Drache.
»Nur wenn es sich nicht vermeiden ließe«, antwortete Danielle. »Wir tun, was nötig ist, um Sie daran zu hindern, den Schwarzen Tod auf die Vereinigten Staaten loszulassen.«
Matabu verengte die Augen zu Schlitzen. »Ihr wisst sehr viel.«
Danielle warf Ben einen raschen Blick zu. »Mehr, als Sie glauben.«
»Ihr solltet eure letzten Worte sorgfältiger wählen. Wer hat euch hierher geschickt, um mich zu töten? Redet, und ich verspreche euch einen schnellen Tod.«
»Wir haben bereits gesagt, weshalb wir hier sind. Wir sind gekommen, um Sie daran zu hindern, den Schwarzen Tod zu verbreiten«, meinte Ben.
»Warum sollten sich Attentäter um solche Dinge kümmern?«
»Wir sind keine Attentäter«, erwiderte Danielle. »Wir sind Polizisten.«
»Ich bin Palästinenser«, nahm Ben den Faden auf. »Sie ist Israelin.«
Latisse Matabu verzog überrascht das Gesicht. »Da befindet ihr euch aber weit außerhalb eurer Jurisdiktion, oder sehe ich das falsch?«
»Warum Amerika?«, fragte Ben.
»Das fragt mich ein
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