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Die Spur des Drachen

Titel: Die Spur des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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blickt hinauf in den Himmel, als würde sie um spirituelle Führung bitten.
    »Ich habe eurem Dorf die Chance geboten, zu überleben. Ihr selbst habt diese Chance vertan. Ich habe euch die Wahl gelassen, die Truppen der Regierung aber nicht!« Latisse Matabu schüttelte den hageren Kopf. »Jetzt müsst ihr für eure Sturheit bezahlen!«
    Sie deutete auf die zwei Soldaten, die ihr am nächsten standen. Sofort eilten die Männer zu dem Wagen, der an den zweiten Truppentransporter angehängt war. Einer den beiden schlug eine Plane zurück und enthüllte eine große, stahlfarbene Kiste; sie war so groß wie ein Sarg, nur höher. Der andere Soldat näherte sich der Kiste, um gleich darauf wegzuspringen. Anscheinend hatte er den Eindruck gehabt, sie hätte sich bewegt oder als hätte sich im Innern etwas verlagert.
    Die beiden Männer tauschten nervöse Blicke; dann hängten sie den Wagen ab und zogen ihn auf ihre Anführerin zu.
    »Meint ihr, ich wüsste nicht, was Verlust bedeutet? Meint ihr, ich wüsste nicht, was Leid heißt?«, fragte Latisse Matabu die Dorfbewohner herausfordernd, die zusammengedrängt vor ihr standen. Vor Angst traten die Augen der Menschen hervor, als sie den Soldaten zusahen, wie diese den Wagen mit der Kiste genau vor dem Drachen abstellten. »Ich kenne diese Dinge nur zu gut! Ich kenne sie besser, als irgendeiner von euch sie jemals kennen wird. Daher stammt meine Kraft – eine Kraft, die ich dazu benutzt hätte, jeden von euch zu befreien.« Sie schüttelte in ehrlicher Enttäuschung den Kopf. »Doch jetzt habt ihr mich verraten, und euer Land! Dafür müsst ihr bezahlen!«
    Matabu griff nach ihrem Pistolengurt. Ängstlich wichen die Dorfbewohner zurück. Jammern und Stöhnen waren zu hören. Doch Matabu packte einen Meißel, mit dem sie die Kiste aufzustemmen begann. Einer ihrer Soldaten näherte sich ihr von den Gebäuden her, die seine Kameraden pflichteifrig durchsucht hatten.
    »General«, sagte er leise, »von den Amerikanern fehlt jede Spur.«
    »Natürlich. Sie sind hier nur durchgefahren. Sie hatten nicht vor, hier zu bleiben.«
    Er blickte sie zweifelnd an. »Aber ich dachte …«
    »Was du gedacht hast, spielt keine Rolle. Wichtig ist, dass ich hier ein Exempel statuiere, um dafür zu sorgen, dass kein Dorf zwischen hier und Kono es mehr wagen wird, unsere Feinde zu unterstützen.«
    Latisse Matabu wandte ihre Aufmerksamkeit wieder den Einwohnern von Katani zu.
    »Schaut das Ende der Welt, wie ihr sie kennt!«, rief sie und hob den Deckel der Kiste. »Schaut die Hölle selbst!«

9.
    Shlomo Davies starrte auf den Notizblock, der auf seinen Knien lag. »Wo sollen wir anfangen?«, fragte er. Er saß neben Danielle auf der Pritsche.
    Wie Davies vorhergesagt hatte, war Danielle am Abend zuvor in die knapp zwei mal drei Meter große Zelle im Megrash Haruseim verlegt worden, dem neueren der beiden Polizeireviere an Jerusalems Jaffa Road und dem einzigen, zu dem ein Gefängnis gehörte. In Hitze der Morgensonne hatte man schnell das Gefühl, in einem Backofen zu sitzen. Die Zelle stank nach dem Urin und Schweiß des letzten Insassen.
    »Kommt General Levy? Haben Sie mit ihm telefoniert?«, fragte Danielle.
    »Ich möchte, dass wir zuerst darüber sprechen, was in Ostjerusalem passiert ist«, entgegnete der alternde Anwalt statt einer Antwort. Er tupfte sich beständig mit einem Taschentuch die Nase, als könnte das etwas gegen den Gestank ausrichten. »Sie waren kein Mitglied des Trupps, der von Commander Baruch geführt wurde?«
    »Das habe ich Ihnen doch gestern schon gesagt. Was ist mit General Levy?«
    »Und Baruch wusste nicht von Ihrer Anwesenheit?«, fragte Davies ausweichend.
    »Nein.«
    Davies machte sich ein paar Notizen und blickte auf. »Ist Ihre Anwesenheit in Ostjerusalem von jemand anderem als General Levy autorisiert worden?«
    »Nein.«
    »Es war also eine unabhängige Ermittlung.«
    »Das würde ich sagen, ja.«
    »Was Ihnen bei Ihrem derzeitigen Status streng untersagt ist.«
    »Technisch gesehen.«
    Dieses Mal machte sich der alternde Anwalt keine Notizen. »Lassen Sie mich etwas erklären, Pakad. Um Ihre Verteidigung aufzubauen, muss ich ein Gesamtbild erstellen. Wenn wir zum Beispiel zeigen können, dass Sie aufgrund einer legalen Ermittlung in Ostjerusalem waren und nicht wegen der gnadenlosen Verfolgung von Commander Baruch, werden wir uns auf festerem Boden befinden.«
    »Gnadenlose Verfolgung? Nennen meine Ankläger es so?«
    »Es ist ein gebräuchlicher

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