Die Spur des Drachen
beauftragt.«
Matabu spuckte auf den Boden, um ihre Verachtung zu unterstreichen.
»Mein Vater hat nie mit einem Hinterhalt gerechnet. Er hielt sich für zu mächtig, zu geachtet. Er hat nicht gemerkt, dass die Regierung keinen Respekt kennt, nur Angst. Auf Angst reagiert sie. Und auf Einschüchterung.«
Latisse Matabu kniff die Augen zusammen. Ihre zu Fäusten geballten Hände zitterten leicht.
»Die Soldaten, die später an jenem Morgen in unser Haus eindrangen, trugen Uniform – Regierungssoldaten, keine bezahlten Söldner. Sie kamen ohne Angst, denn mein Vater war bereits tot. Jedem, dem es in den Sinn kommen mochte, in seine Fußstapfen zu treten, musste eine Lektion erteilt werden. Meine Mutter hat sie kommen sehen und versucht, meinen jüngeren Bruder und meine Schwester zu verstecken. Doch die Soldaten haben sie gefunden. Sie haben sie gefunden, haben meine Mutter zusehen lassen, wie sie ihnen die Gliedmaßen abhackten. Sie hat sich in eine ihrer Klingen gestürzt. Sie brauchte lange Zeit, um zu sterben. Ein schrecklicher Tod, den sie nicht verdient hat, diese Frau, die nur darum gekämpft hat, den Armen zu Essen zu geben. Sie hatte das einzige Wohlfahrtssystem ins Leben gerufen, das es in Sierra Leone je gegeben hat.
Natürlich hat die Regierung jede Verantwortung abgelehnt – bis zum heutigen Tag. Sie machen den Aufstand der RUF dafür verantwortlich. Es sollen Rebellen gewesen sein, die der Führung meines Vaters überdrüssig geworden seien. Doch diese Geschichten sind erstunken und erlogen. Das aber hat die Vereinten Nationen nicht davon abgehalten, sie zu akzeptieren.«
Latisse Matabu öffnete die Augen und starrte in die Ferne.
»Wissen Sie, wo ich war, als das alles passiert ist?«
Sowahy hustete und hatte Schwierigkeiten, wieder zu Atem zu kommen. »Zum Studium in den Vereinigten Staaten, wo Ihre Eltern Sie haben wollten.«
»Sie hatten es mir ersparen wollen, noch einmal vergewaltigt zu werden, als die Regierungstruppen das ganze Land vergewaltigten.« Matabu drehte sich so plötzlich zu ihm um, dass er zusammenfuhr. »Sie haben Verbindung mit mir aufgenommen. Doktor.«
Er nickte grimmig. »Ich hielt es für meine Pflicht. Doch ich habe Sie davor gewarnt, zurückzukommen.«
»Sie haben gesagt, es gäbe ein Todesurteil gegen mich.«
»Das stimmt.«
Sie blickte Sowahy weiterhin an. »Nun, ich bin trotzdem nach Hause gekommen. Und was finde ich vor? Eine Regierung, die öffentlich für den Frieden eintritt, während sie insgeheim entschlossen ist, uns zu vernichten. Die Mitglieder der Regierungstruppen, die wir gefangen genommen haben, konnten uns interessante Geschichten erzählen, als wir sie gefoltert haben. Geschichten von amerikanischen Green Berets, von denen sie ausgebildet und ausgerüstet werden. Geschichten von noch mehr Söldnern, die ihnen zu Hilfe kommen, im Deckmantel des Friedensbewahrers. Egal, wie viele wir auch getötet haben, es waren nie genug.«
»Es werden auch nie genug sein, General. Und was sie tun. das tun sie aus Rache am Feind, nicht aus Liebe zum Volk, nach dem, was Ihnen widerfahren ist …«
»Mit der Vergewaltigung hätte ich leben können, doch es hat dem Ungeheuer nicht gereicht.« Matabus Stimme driftete davon, als würde sie zu jemandem sprechen, der weit weg war. »Wir haben versucht, die Wahrheit vor ihm geheim zu halten, doch er hat es herausgefunden. Er hat es herausgefunden und ist zu meinem Haus gekommen …«
»Ich kenne den Rest«, unterbrach Sowahy in dem Bemühen, es ihr zu ersparen.
»Meine Eltern haben mich fortgeschickt. Ich wäre vielleicht nie zurückgekommen, wenn sie nicht gestorben wären.« Latisse Matabus Augen bekamen einen harten Ausdruck. »Und jetzt, da ich zurück bin, habe ich vor, diesen Krieg zu gewinnen.«
»Wie? Sie können unmöglich gewinnen.«
Matabu lächelte Sowahy an und ging zurück zum Wagen. »Kommen Sie mit«, sagte sie. »Kommen Sie mit, ich zeige es Ihnen.«
22.
»Wassili Anatoljewitsch«, erläuterte Ben. »Mitglied der russischen Mafia, die zurzeit in Israel blüht und gedeiht.«
Danielle konnte immer noch nicht glauben, was sie gerade gehört hatte.
Ben hatte den Mann verhaftet, auf den Ranieri in Ostjerusalem gewartet hatte.
»Das war eine Geheimoperation in Beit Jala«, fuhr Ben fort. »Anatoljewitsch hat eine Ladung Gewehre an mich geliefert, ein Paar Stunden, bevor er sich mit diesem Ranieri in Ostjerusalem treffen sollte.«
»Du sagst, er ist in Haft?«
Ben nickte. »In einem von
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