Die Spur des Drachen
stachen.
»Die Brille!«, fiel Danielle plötzlich ein.
»Ich hab sie hier«, beruhigte Ben sie und holte das Etui aus der Tasche.
Danielle nahm es und hielt es fest, öffnete es aber nicht. »Du kannst mich ein paar Querstraßen weiter absetzen.«
»Warum sollte ich?«
Danielle wurde wütend. »Das ist nicht dein Kampf.«
»Wenn es deiner ist …«
»Es ist Israels Problem. Es geht hier um Militäreigentum, Unmengen davon, das durch Makler hier auf dem Schwarzen Markt verkauft wird – im Austausch für Diamanten, die aus Afrika geschmuggelt werden.«
Im Geiste sauste Ben zurück zu seiner Verhaftung des Russen Anatoljewitsch zwei Tage zuvor. »Gewehre, Raketenwerfer …«
»Genau!«, sagte Danielle. Vor Überraschung blieb ihr der Mund offen stehen.
»Sprich weiter.«
»Mir wurde die Identität eines Mittelsmannes mitgeteilt, eines Kuriers. Er heißt Ranieri, ist ins Land gekommen, um einen weiteren Handel abzuschließen. Ich sollte die Sendung zu ihrer Quelle zurückverfolgen, die Pipeline zerstören.«
»Die durch Ostjerusalem führt.«
»Ich bin Ranieri bis dorthin gefolgt …«
»Doch seine Quelle ist nie aufgetaucht«, vervollständigte Ben den Satz für sie.
»Woher weißt du das denn?«
»Sein Name ist Anatoljewitsch, und er hat sich zu der Zeit in palästinensischem Gewahrsam befunden«, erwiderte Ben ausdruckslos. Er drehte den Kopf, um Danielle anzusehen. »Ich weiß es, weil ich ihn verhaftet habe.«
21.
»Danke, dass Sie sich bereit erklärt haben, mit mir zu kommen, Doktor.«
»Ich dachte, es würde mir eine weitere Gelegenheit geben, Sie davon zu überzeugen, dass Sie die Medizin nehmen«, erwiderte Dr. Sowahy, an Latisse Matabu gewandt.
Sie saßen zusammen auf dem Rücksitz; der Fahrer und Matabus persönliche Wache hatten vorn Platz genommen. Der letzte Checkpoint auf der Straße, die nach Kono führte, war reine Routine; es war Monate her, seit eine Truppe der Regierung es gewagt hatte, sich im östlichen Teil des Landes zu zeigen, das jetzt wieder von der Revolutionären Einheitsfront kontrolliert wurde.
»Die Probleme mit diesem Austausch, von denen ihr Officer gesprochen hat«, begann der Arzt.
»Was ist damit?«
»Er sagte, es sei ernst.«
»Es sieht Ihnen gar nicht ähnlich, sich in meine Angelegenheiten einzumischen, Doktor.«
»Ihre Angelegenheiten haben eine ungünstige Auswirkung auf Ihre Gesundheit, General. Das lässt mir keine Wahl.«
Matabu wog Sowahys Worte ab. »Diese verlorene Lieferung ist eine Unannehmlichkeit, nichts weiter. Sie werden sehen, was ich meine, wenn wir unseren Bestimmungsort erreicht haben.«
Der Wagen näherte sich einer Lichtung, die aussah wie eine winzige, von einer Straße in zwei Hälften zerschnittene Wiese. Matabu versteifte sich, griff dann über die Lehne des Vordersitzes und packte den Fahrer an der Schulter.
»Halten Sie hier.« Sie wandte sich an Sowahy, ohne ihn wirklich zu sehen. »Hier ist es passiert …«
Der alte Arzt sah sich um und versuchte, sich zu orientieren.
»Vor drei Jahren, nachdem es der RUF nicht gelungen war, Freetown zurückzugewinnen und sie Tongo verlor, ließ die Regierung meinen Vater wissen, sie wären bereit, Friedensgespräche zu führen. Es hätte genug Gewalt gegeben, genug unschuldige Menschen wären getötet oder vertrieben worden. Sie baten ihn, einen Ort auszusuchen, um sich mit ihnen zu treffen. Er hat diesen hier gewählt. Hier hatte er sich immer sicher gefühlt.«
Latisse Matabu holte einmal tief Atem und stieg aus dem Wagen. Ihre Stiefel knirschten über den Schotter. Sie driftete von Seite zu Seite, als würde sie nach etwas suchen, das sie verloren hatte. Hinter ihr kletterte Sowahy ebenfalls aus dem Wagen, verzog das Gesicht und hinkte auf sie zu.
»Die Abordnungen sollten sich an diesem Checkpoint treffen. Genau hier, glaube ich.« Während Matabu sprach, hielt sie die Hände zu Fäusten geballt an den Seiten. Schweißperlen traten ihr auf die Stirn. Stocksteif stand sie im kniehohen Gras, ohne zu merkten, dass es ihre Beine streifte. »Mein Vater und sein Hauptstab hatten ihre Uniformen angelegt, die Regierungsbeamten trugen Anzüge. Sie stiegen gleichzeitig aus den Wagen und näherten sich einander. Als sie die Hälfte des Weges hinter sich gebracht hatten, zogen die Männer in den Anzügen ihre Waffen und eröffneten das Feuer.« Sie blieb stehen und warf Dr. Sowahy noch einmal einen Blick zu. »Es waren Soldaten. Söldner, genauer gesagt, von der Regierung
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