Die Spur des Drachen
Bastarden in ihrem eigenen Hinterhof eine Lektion erteilt.«
»Sie haben den Waffenstillstand gebrochen«, beschuldigte Matabu ihn, wobei sie sich bemühte, Ruhe zu bewahren. »Sie haben unseren gesamten Plan gefährdet.«
Karim spuckte auf den Boden. »Ich habe keine Zivilisten getötet. Nur Regierungssoldaten. Und ein paar Briten.«
»Mehr haben Sie nicht zu sagen?«
»Ich habe einen mächtigen Schlag geführt.«
»Sie haben die Gegenseite zum nächsten Schlag gezwungen!«
»Na und?«
»Sie hatten Ihre Befehle.«
Karim spie wieder aus. »Ich spucke auf Ihre Befehle. Wir waren alleine besser dran. Freetown würde noch immer uns gehören, hätte Ihr Vater auf mich gehört.«
»Und wie viele weitere Zivilisten hätten ihre Gliedmaßen verloren, General?«
»Sie verbringen Jahre bei den Amerikanern, und dann kommen Sie hierher zurück und wollen mir einen Vortrag halten? Ich habe die Zukunft dieses Landes schon mitgestaltet, als Sie noch in die Hosen machten!«
In Matabus Gesicht zuckte es. »Ich wollte nicht respektlos sein«, sagte sie beschwichtigend und blickte auf den Sack, den Karim auf dem Boden abgestellt hatte. »Haben Sie Ihre Siegestrophäe mitgebracht?«
Das Gesicht des großen Mannes leuchtete vor Stolz, als er sich vorbeugte und in den Sack griff. »Ein Geschenk, General, mit freundlichen Grüßen von den Briten.«
Damit zog er ein Schwert hervor, auf dem aufgespießt ein Kopf steckte. »Der Bastard hat sechs meiner Männer getötet, bevor er angeschossen wurde. Er hat noch gelebt, als ich seinen Kopf genommen habe.«
Matabu schritt ruhig nach vorn. Jede ihrer Bewegungen wurde von den übrigen elf Mitgliedern ihres Kaders genau beobachtet.
»Dann war Ihre Handlung berechtigt, und ich akzeptiere Ihr Trophäe.«
Sie nahm Karim das Schwert am Griff ab und hielt die Klinge hoch, sodass sie in die glasigen, murmelähnlichen Augen des abgeschlagenen Kopfes blickte. »Kohni-man dai, kohni-man behr am. Wenn ein gerissener Mann stirbt, ist es ein gerissener Mann, der ihn begräbt«, sagte Matabu, während sie in das geschrumpfte Gesicht der Leiche blickte.
General Sheku nahm das Kompliment mit einem dankbaren Lächeln entgegen. Er lächelte immer noch, als der Drache das Schwert senkte und es ihm in den Leib rammte, dicht unterhalb des Thorax. Karim rang nach Atem. Die Luft entwich zischend seinem Mund und den durchstoßenen Lungen. Speichel flockte an den Mundwinkeln.
Latisse Matabu benutzte ihre freie Hand, um ihre Pistole zu ziehen und Karims zwei Lieutenants zu erschießen, die wie betäubt dastanden. Dann stieß sie das Schwert tiefer in Karims Leib, bis der Kopf, den er seinem Opfer abgeschlagen hatte, gegen seine eigene blutgetränkte Brust gedrückt wurde. Er fiel auf die Knie und kippte nach vorn, während der Drache zurücktrat.
Sie wischte sich die Hände ab, wenngleich die Geste mehr symbolischer Natur war.
»So ergeht es allen Verrätern«, sagte sie nur und wandte sich wieder ihren anderen Befehlshabern zu. »Also, wo war ich stehen geblieben …«
SECHSTER TAG
58.
Die zwei Brüder hatten sich einen Schlafsack geteilt, damit Ben einen eigenen hatte, der in der eiskalten Nacht aber kaum half. Nach Mitternacht wurde der Nebel frostig und breitete ein kaltes Tuch aus Eispartikeln in den Wäldern aus. Die Jungen hatten vorgeschlagen, ein Feuer zu machen, doch ihr Vater hatte abgelehnt, aus Angst, es könne die Aufmerksamkeit von Soldaten auf sich ziehen, die noch in den Wäldern patrouillierten.
»Was haben wir für eine Wahl?«, fragte Shavel Stepanski, zu Ben gewandt. »Wir müssen fliehen – für unsere Kinder. Wir könnten es nicht ertragen, sie krank werden zu sehen, wie es so vielen anderen passiert ist.« Sie warf Ben einen nachdenklichen Blick zu. »Sie sind kein Amerikaner, nicht wahr?«
»Wie kommen Sie darauf?«, fragte Ben, dem noch immer der Kopf dröhnte. Doch die Stepanskis hatten ihm Aspirin gegeben, das die Schmerzen ein wenig dämpfte.
»Ihr russischer Akzent ist anders.«
»Ich bin Amerikaner, aber auch Palästinenser. Ich habe von meinem Vater Russisch gelernt, als wir noch in der Westbank lebten.«
»Das erklärt es«, meine Shavel Stepanski, bevor sie sich in ihren eigenen Schlafsack zurückzog und Ben seinen Gedanken und schließlich seinen Träumen überließ.
Er träumte davon, mit Danielle zusammen zu sein, doch die Luft war wärmer, und ein Feuer brannte. Und sie waren nicht allein. Bens zwei ermordete Kinder, sein Sohn und seine Tochter, waren
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