Die Spur des Drachen
Sprühen angefangen.«
»Sprühen? Aus der Luft? Über der Stadt?«
»Nein, nur in ländlicher Umgebung wie hier. Der Wind hat es dann über die Stadt geweht.«
»Und dann wurde die Quarantäne verhängt?«, fragte Ben.
»Weil die Menschen krank wurden, ja. Überall wurden Menschen krank und starben. Das Sprühmittel hat gerochen wie Haushaltsreiniger. Wie heißt es gleich … Ammonium? Die Krankenhäuser sind überfüllt. Aber man kommt nicht aus der Stadt, weil überall Sperren errichtet wurden.«
»Das hier ist der einzige Weg nach draußen«, fügte Victor hinzu. »Durch die Wälder.«
»Aber man muss nachts los«, erläuterte Shavel. »Nach der Ausgangssperre, wenn sie nicht so genau hinschauen.«
Victor schaute sich ungeduldig um. »Wir müssen los.«
»Die Lagerhalle«, sagte Ben, »was ist dort passiert?«
»Ich habe es Ihnen gesagt. Niemand weiß es. Könnte alles Mögliche gewesen sein. Es gibt kein Geld für Sicherheitsvorkehrungen oder Instandhaltung. Das Sprühen fing an, und die Stadt wurde abgeriegelt – was nicht schwierig ist, denn es führt nur eine Straße aus Dubna heraus, aus Sicherheitsgründen, um die Wissenschaftler und ihre Laboratorien zu schützen.«
»Was ist mit der Straße da oben?«, fragte Ben und zeigte den Hang hinauf.
»Endet fünfzehn Kilometer vor der Stadt.«
»Wann hat das alles angefangen?«
»Vor fünf oder sechs Tagen«, antwortete Shavel.
Ben versuchte zu schätzen, wann Anatoljewitschs Lieferung in Richtung Mittelmeerküste losgeschickt worden sein musste. Irgendwann zwischen einer Woche und zehn Tagen schien eine vernünftige Schätzung zu sein. Konnte es eine Verbindung geben zu dem, was danach in Dubna geschehen war? Plötzlich hörten sie Äste knacken, begleitet von raschelnden Geräuschen: die Schritte von Männern, die sich durchs Unterholz bewegten.
»Noch mehr Soldaten«, flüsterte der ältere Sohn der Stepanskis.
»Eine Patrouille«, erklärte sein Vater. »Vermutlich in Alarmbereitschaft versetzt, um nach jemandem Ausschau zu halten. Wir sollten zurück zur Stadt, bevor es zu spät ist.« Victor schlug seinem Ältesten eine Hand auf den Mund, um dessen Protest zu ersticken. »Wir versuchen es in ein paar Tagen noch einmal. Wenn alles ruhiger ist.«
Ben trat nahe an Stepanski heran und sagte in drängendem Flüsterton: »Ich muss diese Lagerhalle sehen. Ich muss herausfinden, wodurch das alles ausgelöst wurde!«
Stepanski schien widersprechen zu wollen; dann aber nickte er. »Morgen, Amerikaner. Ich werde Sie morgen hinführen.«
56.
»Sie wissen, warum Sie nicht tot sind, nicht wahr, Pakad?«, fragte Sasha Borodin. Er und Danielle saßen am Pool in Borodins Strandhauses in Netanyah.
»Aus demselben Grund, aus dem auch Sie nicht tot sind. Wir haben beide etwas, das der andere will.«
Borodin lächelte, offensichtlich beeindruckt. »Mister Black hat in diesem Moment eine Waffe auf Sie gerichtet.«
»Wollen Sie Ihr Leben darauf verwetten, dass er schneller ist als ich?«
Borodin lachte und drohte ihr spielerisch mit dem Finger. »Sie sind ja noch besser, als man mir gesagt hat. Also gut, sprechen wir über die Rohdiamanten, die Sie dem Juwelier in Tel Aviv abgenommen haben.«
»Sie können sie haben – für einen angemessenen Preis.«
Borodin war groß und schlank, ganz anders, als Danielle erwartet hatte. Sie hatte sich ihn als massigen Mann vorgestellt, dessen Leibesfülle seiner gewaltigen Macht entsprach. Ein Jahr zuvor waren in Netanyah zwei Autobomben explodiert. Es war Borodin gewesen, der die Identität der Bombenleger herausfand und sie von der russischen Söldnertruppe, die unter seinem Befehl stand, exekutieren ließ. Zuvor hatte Borodin große Summen in die Taschen verschiedener Leute fließen lassen, die den Tätern nahe standen; diese Leute hatten ihre eigenen Freunde verraten.
Borodin, der einen Bademantel über der Badehose trug, verschränkte die Arme vor der Brust und fröstelte leicht in der kühlen, abendlichen Frühlingsluft. Überrascht blickte er Danielle an. »Sie wollen Geld?«
»Nein. Ich will die Ladung dieses Frachters.«
»Ich dachte, die Ladung wäre gestohlen worden.«
»Und Sie haben natürlich keine Ahnung, woraus die Fracht bestand.«
»Natürlich nicht. Ich habe über die Jahre gelernt, dass es das Klügste ist, mich von solchen Dingen fern zu halten.«
»Dann wird auch die Lieferung Blutdiamanten fern bleiben. Es sei denn, Sie helfen mir.«
»Ihnen helfen? Wobei?«
»Herauszufinden, was mit
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